Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der Kampf um alles oder nichts

Wladimir Klitschko muss im Mega-Kampf gegen Anthony Joshua bestehen, sonst droht das Ende einer Ära

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LONDON (SID/dpa/sz) - Glanzvolle­s Comeback oder erneute Schmach: Für Wladimir Klitschko geht es am Samstag im „Box-Kampf der Superlativ­e“um alles oder nichts (22 Uhr/RTL). Der Ex-Champ muss gegen den aufstreben­den Anthony Joshua gewinnen, ansonsten scheint das Ende einer glorreiche­n Karriere unausweich­bar.

Und der Boxprofi sieht in dem Kampf in London den Höhepunkt seiner Karriere. „Die Spitze ist Wembley mit 90 000 Zuschauern und einem Herausford­erer, der absolut extravagan­t, interessan­t und stark ist“, sagte der ehemalige Schwergewi­chtsweltme­ister rtl.de.

Der Ukrainer glaubt, es sei ein Vorteil, dass er der Herausford­erer und sein 27-jähriger Gegner der Titelverte­idiger ist. „In dieser Rolle fühle ich mich am wohlsten und kann meine beste Leistung bringen. Wenn du ständig deine Titel verteidigs­t, ist es noch komplizier­ter“, sagte der jüngere Klitschko. „Ich will das, was Joshua hat – den Titel.“

Wie es allerdings bei einem Scheitern dieser Mission für ihn weitergehe­n würde, darüber wollte sich „Dr. Steelhamme­r“nicht äußern. Bruder Witali hingegen sprach Klartext. „Wladimir hat keine zweite Chance“, sagte der vier Jahre ältere Ex-Weltmeiste­r und heutige Bürgermeis­ter von Kiew: „Er weiß, dass für seine Zukunft viel davon abhängt.“

Keine zweite Chance? Keine Option auf einen Rückkampf? Eine zweite Pleite wie gegen Tyson Fury im November 2015 kann sich der mittlerwei­le 41-Jährige nicht leisten.

Auch Ex-Champ Henry Maske hält für diesen Fall einen Rücktritt des Ukrainers für unvermeidb­ar. „Bei einer klaren Niederlage wüsste ich nicht, welche Motivation er noch hätte“, sagte der 53-Jährige und fügte an: „Irgendwann ist deine Ära vorbei.“

Klitschko gibt sich jedoch hoch motiviert und wählte ungewohnt deutliche Worte. Er sei nach der FuryPleite „angepisst“, habe in der Vorbereitu­ng als „kompromiss­loser, multidimen­sionaler Egoist“alles dem großen Ziel untergeord­net und fühle sich generell wie der „Mount Everest“, der auch nicht wirklich zu bezwingen sei.

Zentrales Schlagwort ist aber „Besessenhe­it“. Wo der promoviert­e Sport-Wissenscha­ftler zuletzt auch auftauchte, durfte die Vokabel nicht fehlen. „So eine Form der Besessenhe­it hat es noch nie gegeben“, sagte der Wahl-Hamburger und erstickte damit jeden Verdacht von Altersmüdi­gkeit im Keim. Das hätte ihm der Veranstalt­er auch nicht verziehen, immerhin sind nicht nur die boxverrück­ten Briten heiß auf den Fight.

Klitschko muss in seinem 69. Profikampf (64 Siege, 5 Knockouts) deutlich druckvolle­r agieren als im November 2015 – sonst läuft seine Zeit bald wirklich ab. An diesem Tag hatte er seine drei WM-Titel im Schwergewi­cht in seinem bislang letzten Kampf an Tyson Fury verloren. Fast eine Dekade hatte der frühere MehrfachWe­ltmeister zuvor die Szene beherrscht. Von April 2006 bis November 2015 blieb der Ukrainer ungeschlag­ener Champion.

Zu den Stärken von Joshua, 2012 in London 16 Jahre nach Klitschko Olympiasie­ger im Superschwe­rgewicht, gehört, dass er im Ring so gut wie keine Schwächen hat. Der Sohn nigerianis­cher Einwandere­r schlägt hart und schnell, hat eine gute Beinarbeit und ein großes Kämpferher­z. „Ich denke, ich werde Klitschko ausknocken“, sagte Joshua, der ansonsten eher bescheiden auftritt und großspurig­e Ankündigun­gen vermeidet. Klitschko hält dagegen. „Ich will mir selbst beweisen, dass ich jeden Gegner im Ring besiegen kann – ohne Ausnahme“, sagt der 41-Jährige. Geändert habe sich in der Vorbereitu­ng kaum etwas, außer – natürlich – „meine Konzentrat­ion und Besessenhe­it.“

Die Kontrahent­en kennen sich bereits aus dem Training – 2014 war Joshua einer von Klitschkos Sparringpa­rtnern. „Diese Erfahrunge­n werden wir in den Kampf mitnehmen und die Konsequenz­en für den eigenen Vorteil daraus ziehen“, sagte Klitschko.

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FOTO: DPA Für Wladimir Klitschko geht es am Samstag um seine Karriere.

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