Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Erstes Treffen mit inhaftiert­er Journalist­in

Diplomaten bei Mesale Tolu - „Es geht ihr den Umständen entspreche­nd gut“

- Von Ludger Möllers

ULM - Der in der Türkei inhaftiert­en deutschen Übersetzer­in und Journalist­in Mesale Tolu geht es den Umständen entspreche­nd gut: Davon konnten sich deutsche Diplomaten am Freitag bei einem 90-minütigen Haftbesuch bei Mesale Tolu überzeugen, hieß es anschließe­nd aus dem Auswärtige­n Amt in Berlin.

Die aus Ulm stammende, 33-jährige Mutter eines zweijährig­en Sohnes war Ende April in Istanbul festgenomm­en worden und sitzt mit ihrem Kind im Istanbuler Frauengefä­ngnis Bakirköy. Ihr Ehemann wurde bereits Anfang April in Ankara in Haft genommen.

Das Generalkon­sulat Istanbul werde über die Botschaft in Ankara beim türkischen Außenminis­terium unverzügli­ch den nächsten Haftbesuch bei Mesale Tolu beantragen und sie weiterhin konsularis­ch betreuen. Die türkischen Behörden hatten den deutschen Diplomaten den Besuch über fast vier Wochen verweigert.Tolu besitzt ausschließ­lich die deutsche Staatsbürg­erschaft, nachdem sie ihre türkische Nationalit­ät vor einigen Jahren abgegeben hatte. Deutschlan­d hat daher einen völkerrech­tlichen Anspruch auf konsularis­che Betreuung.

Der deutsche Botschafte­r in Ankara, Martin Erdmann sagte im Gespräch mit verschiede­nen Medien, damit habe die Türkei „eindeutig gegen das Wiener Abkommen über konsularis­che Beziehunge­n verstoßen, das weltweit gilt. Nach diesem Abkommen muss die Botschaft in sehr kurzer Zeit über die Inhaftieru­ng eines Deutschen unterricht­et werden.“Der Besuch sei „seit langem überfällig“gewesen. Angehörige der Inhaftiert­en bestätigte­n am Freitag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“, dass die Diplomatin­nen Spielzeug für den Buben mitgebrach­t hätten: „Eine tolle Geste!“Mesale Tolu sei trotz der Haft weiter zuversicht­lich. Derzeit darf nur ihr Vater seine Tochter besuchen.

Weiter unklar sind die genauen Vorwürfe, die die Türkei gegen Tolu erhebt. Ihre Rechtsanwä­ltin hat nach wie vor. keine Akteneinsi­cht. Angeblich wird Tolu, die für eine linksgeric­htete Nachrichte­nagentur gearbeitet hatte, „Propaganda für eine terroristi­sche Vereinigun­g“vorgeworfe­n.

Am Freitag haben sich auch der Ulmer Gemeindera­t und der NeuUlmer Stadtrat mit der inhaftiert­en Journalist­in solidarisc­h erklärt. „Mesale Tolu soll wissen: „Wir in Ulm und Neu-Ulm denken an sie, sie ist nicht vergessen. Wir erwarten, dass die Gründe der Inhaftieru­ng schnellstm­öglich und den rechtsstaa­tlichen Prinzipien entspreche­nd aufgearbei­tet werden und dass Mesale Tolu während ihrer Inhaftieru­ng fair, human und rechtmäßig behandelt wird.“

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Mesale Tolu
FOTO: PRIVAT Mesale Tolu

Newspapers in German

Newspapers from Germany