Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Staatsanwa­ltschaft weitet Audi-Ermittlung­en aus

Rückruf der betroffene­n Fahrzeuge soll im Juli beginnen – VW-Spitze über Rupert Stadler verärgert

- Von Carsten Hoefer, Oliver Schmale und Andreas Hoenig

MÜNCHEN (dpa) - Die Dieselaffä­re von VW und seinen Töchtern nimmt kein Ende. Die Münchner Staatsanwa­ltschaft hat ihre Betrugserm­ittlungen gegen Audi nach neuen Vorwürfen ausgeweite­t. Es geht nun auch um die Fahrzeugve­rkäufe in Deutschlan­d und Europa, nicht nur wie bisher in den USA. „Wir haben das jetzt erweitert“, sagte ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft München II. In der VW-Spitze ist man verärgert über Audi-Chef Rupert Stadler.

Stadler steht wegen seiner Rolle bei der Aufarbeitu­ng des Abgas-Skandals bereits länger in der Kritik. Dennoch war sein Vertrag vor Kurzem erst um weitere fünf Jahre verlängert worden. Das Magazin „Der Spiegel“schreibt, die VW-Aufsichtsr­äte hätten den Versicheru­ngen Stadlers geglaubt, dass Audi den Abgasskand­al sauber aufgeklärt habe.

Stadler wiederum hat die öffentlich­en Aussagen von Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) zu den Abgasmanip­ulationen von Audi-Modellen kritisiert. „Dass Herr Dobrindt allein vorprescht, hat mich persönlich sehr enttäuscht“, sagte der 54-Jährige der „Automobilw­oche“. „Wir sind alle zwei Wochen beim Kraftfahrt­bundesamt und erstatten Bericht. Bei 24 000 Autos in Europa haben wir Auffälligk­eiten gefunden. Diese Informatio­nen haben wir den Behörden mitgeteilt. Dies und das weitere Vorgehen wollten wir gemeinsam kommunizie­ren“, sagte Stadler. Dass die Behörden illegale Software „entdeckt“hätten, sei das falsche Wort. Stadler: „Wir selbst drehen jedes Steinchen um.“

Mitte März hatte die Staatsanwa­ltschaft ein Ermittlung­sverfahren wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung bei der Ingolstädt­er VW-Tochter eingeleite­t. Dabei ging es zunächst nur um Abgasmanip­ulationen in den USA. Das Verfahren läuft weiter gegen Unbekannt, wie der Ermittler sagte. Konkrete Beschuldig­te im aktiven oder ehemaligen Audi-Management gibt es nicht.

Bundesverk­ehrministe­r Alexander Dobrindt (CSU) hatte am Vortag bekannt gegeben, dass Audi eine „unzulässig­e Abgas-Software“in den Oberklasse­modellen Audi A8 und A7 mit V6- und V8-Dieselmoto­ren verwendet habe. Dabei geht es um eine sogenannte Lenkwinkel­erkennung. Diese sorgt dafür, dass die Autos im normalen Fahrbetrie­b auf der Straße deutlich mehr Stickoxide (NOx) ausstoßen als auf dem Prüfstand und die Grenzwerte überschrei­ten.

Audi will mit dem Rückruf der rund 24 000 betroffene­n Fahrzeuge voraussich­tlich im Juli beginnen, wie das Unternehme­n erklärte. 14 000 dieser Autos sind in Deutschlan­d zugelassen, der Rest in anderen europäisch­en Ländern. Der Bund will nun weitere Fahrzeuge des VWKonzerns mit ähnlichen Motoren untersuche­n lassen. „Ich erwarte von allen Autoherste­llern, dass sie sich endlich ehrlich machen“, sagte Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD). Die deutschen Hersteller sollten ihre technologi­sche Kompetenz in die Entwicklun­g von umweltfreu­ndlicheren Fahrzeugen stecken und nicht „auf Trickserei­en richten“. Auch Baden-Württember­gs Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) kritisiert Audi. Er sei sehr überrascht. Die baden-württember­gischen Autoherste­ller – auch Audi – hätten nach Bekanntwer­den der VW-Manipulati­onen versichert, sie hätten so etwas nicht gemacht, sondern korrekt gehandelt, sagte Hermann.

Die Deutsche Umwelthilf­e forderte Konsequenz­en: „Allen betroffene­n Fahrzeugen muss die Typzulassu­ng entzogen werden“, sagte Bundesgesc­häftsführe­r Jürgen Resch. Audi solle neue Typzulassu­ngen für diese Dieselauto­s nur bekommen, wenn die Wagen nachgerüst­et werden. Wagen der Oberklasse seien trotz ihres hohen Preises „besonders schmutzig“, kritisiert­e Resch. Technisch sei die Einhaltung der Abgaswerte kein Problem. „Es ist eigentlich unglaublic­h, dass ausgerechn­et bei Fahrzeugen, die in der Preisspitz­e liegen, wegen ein paar Hundert Euro Einsparung die Abgaswerte manipulier­t werden.“

Weitere Ermittlung­en gegen Bosch

Die Staatsanwa­ltschaft Stuttgart prüft weitere Ermittlung­en gegen Bosch. Wie der „Spiegel“berichtet, hat der Zulieferer eine Motorsteue­rung an den Autokonzer­n Fiat Chrysler geliefert, die womöglich als unzulässig­e Abschaltei­nrichtung verwendet wurde. Die Staatsanwa­ltschaft prüfe deshalb, ob „der Anfangsver­dacht einer Straftat“vorliegt. Die Staatsanwa­ltschaft Stuttgart ermittelt bereits gegen BoschMitar­beiter wegen des Verdachts auf Beihilfe zum Betrug im Zusammenha­ng mit Daimler und VW.

 ?? FOTO: DPA ?? Der Auspuff eines Audi A7 mit V6-Dieselmoto­r, Baujahr 2013. Die Dieselaffä­re zieht immer weitere Kreise.
FOTO: DPA Der Auspuff eines Audi A7 mit V6-Dieselmoto­r, Baujahr 2013. Die Dieselaffä­re zieht immer weitere Kreise.
 ?? FOTO: AFP ?? Audi-Chef Rupert Stadler.
FOTO: AFP Audi-Chef Rupert Stadler.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany