Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Staatsanwaltschaft weitet Audi-Ermittlungen aus
Rückruf der betroffenen Fahrzeuge soll im Juli beginnen – VW-Spitze über Rupert Stadler verärgert
MÜNCHEN (dpa) - Die Dieselaffäre von VW und seinen Töchtern nimmt kein Ende. Die Münchner Staatsanwaltschaft hat ihre Betrugsermittlungen gegen Audi nach neuen Vorwürfen ausgeweitet. Es geht nun auch um die Fahrzeugverkäufe in Deutschland und Europa, nicht nur wie bisher in den USA. „Wir haben das jetzt erweitert“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft München II. In der VW-Spitze ist man verärgert über Audi-Chef Rupert Stadler.
Stadler steht wegen seiner Rolle bei der Aufarbeitung des Abgas-Skandals bereits länger in der Kritik. Dennoch war sein Vertrag vor Kurzem erst um weitere fünf Jahre verlängert worden. Das Magazin „Der Spiegel“schreibt, die VW-Aufsichtsräte hätten den Versicherungen Stadlers geglaubt, dass Audi den Abgasskandal sauber aufgeklärt habe.
Stadler wiederum hat die öffentlichen Aussagen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zu den Abgasmanipulationen von Audi-Modellen kritisiert. „Dass Herr Dobrindt allein vorprescht, hat mich persönlich sehr enttäuscht“, sagte der 54-Jährige der „Automobilwoche“. „Wir sind alle zwei Wochen beim Kraftfahrtbundesamt und erstatten Bericht. Bei 24 000 Autos in Europa haben wir Auffälligkeiten gefunden. Diese Informationen haben wir den Behörden mitgeteilt. Dies und das weitere Vorgehen wollten wir gemeinsam kommunizieren“, sagte Stadler. Dass die Behörden illegale Software „entdeckt“hätten, sei das falsche Wort. Stadler: „Wir selbst drehen jedes Steinchen um.“
Mitte März hatte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung bei der Ingolstädter VW-Tochter eingeleitet. Dabei ging es zunächst nur um Abgasmanipulationen in den USA. Das Verfahren läuft weiter gegen Unbekannt, wie der Ermittler sagte. Konkrete Beschuldigte im aktiven oder ehemaligen Audi-Management gibt es nicht.
Bundesverkehrminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte am Vortag bekannt gegeben, dass Audi eine „unzulässige Abgas-Software“in den Oberklassemodellen Audi A8 und A7 mit V6- und V8-Dieselmotoren verwendet habe. Dabei geht es um eine sogenannte Lenkwinkelerkennung. Diese sorgt dafür, dass die Autos im normalen Fahrbetrieb auf der Straße deutlich mehr Stickoxide (NOx) ausstoßen als auf dem Prüfstand und die Grenzwerte überschreiten.
Audi will mit dem Rückruf der rund 24 000 betroffenen Fahrzeuge voraussichtlich im Juli beginnen, wie das Unternehmen erklärte. 14 000 dieser Autos sind in Deutschland zugelassen, der Rest in anderen europäischen Ländern. Der Bund will nun weitere Fahrzeuge des VWKonzerns mit ähnlichen Motoren untersuchen lassen. „Ich erwarte von allen Autoherstellern, dass sie sich endlich ehrlich machen“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Die deutschen Hersteller sollten ihre technologische Kompetenz in die Entwicklung von umweltfreundlicheren Fahrzeugen stecken und nicht „auf Tricksereien richten“. Auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kritisiert Audi. Er sei sehr überrascht. Die baden-württembergischen Autohersteller – auch Audi – hätten nach Bekanntwerden der VW-Manipulationen versichert, sie hätten so etwas nicht gemacht, sondern korrekt gehandelt, sagte Hermann.
Die Deutsche Umwelthilfe forderte Konsequenzen: „Allen betroffenen Fahrzeugen muss die Typzulassung entzogen werden“, sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Audi solle neue Typzulassungen für diese Dieselautos nur bekommen, wenn die Wagen nachgerüstet werden. Wagen der Oberklasse seien trotz ihres hohen Preises „besonders schmutzig“, kritisierte Resch. Technisch sei die Einhaltung der Abgaswerte kein Problem. „Es ist eigentlich unglaublich, dass ausgerechnet bei Fahrzeugen, die in der Preisspitze liegen, wegen ein paar Hundert Euro Einsparung die Abgaswerte manipuliert werden.“
Weitere Ermittlungen gegen Bosch
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart prüft weitere Ermittlungen gegen Bosch. Wie der „Spiegel“berichtet, hat der Zulieferer eine Motorsteuerung an den Autokonzern Fiat Chrysler geliefert, die womöglich als unzulässige Abschalteinrichtung verwendet wurde. Die Staatsanwaltschaft prüfe deshalb, ob „der Anfangsverdacht einer Straftat“vorliegt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt bereits gegen BoschMitarbeiter wegen des Verdachts auf Beihilfe zum Betrug im Zusammenhang mit Daimler und VW.