Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Liebe ist ein seltsames Spiel
Tatort: Amour fou (ARD/ Mo., 20.15 Uhr):
Am Ende sitzt man da und ist ein wenig sprachlos – und das ist gut so. Schließlich gibt es mehr als genug vorherseh- bare, kreuzbrave Familienunterhaltung im Fernsehen. In diesem fünften Fall des Berliner Ermittlerduos Nina Rubin/Robert Karow (Meret Becker/Mark Waschke) ist nichts vorhersehbar und nichts brav. Ein schwuler Lehrer ist tot, seine Leiche zur Unkenntlichkeit verkohlt. Grimme-Preisträgerin Vanessa Jopp schickt den Zuschauer mit der ersten Einstellung auf eine spannungsgeladene Mördersuche – durch ein stimmig gezeichnetes Neuköllner Milieu, in dem 80 Prozent der Schüler Migrationshintergrund haben und „79 Prozent homophob sind“. Nichts Holzschnittartiges trübt das sensible Drehbuch von Christoph Darnstädt, obwohl der doch für alle TilSchweiger-Tatorte verantwortlich zeichnet. Erstmals haben die Macher des Hauptstadt-„Tatorts“auf die Fortschreibung der Rahmenhandlung aus der ersten Staffel um die dunkle Vergangenheit des superarroganten Hauptkommissars verzichtet – ein Einfall, der regelmäßig auf wenig Gegenliebe gestoßen war. Es stimmt einfach alles in diesem starken Krimi über die Liebe und ihre mannigfaltigen Schattierungen: überragende Besetzung, klasse Dialoge, verzwickter Plot. Und die Schwuler-DandyStudie von Theaterschauspieler Jens Harzer kann man kaum anders als sensationell nennen.