Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
37 Tote bei Überfall in Manila
Bewaffneter Mann setzt Casino in der philippinischen Hauptstadt in Brand
MANILA (dpa) - Das Motto, mit dem das „Resorts World“am internationalen Flughafen um Kunden wirbt, verheißt viel: „A Larger Than Life Experience“. Zu Deutsch: eine Erfahrung, größer noch als das Leben. Doch nach dieser Nacht sind viele froh, aus dem gigantischen Hotelund Casinokomplex am Rand der philippinischen Hauptstadt wenigstens mit dem Leben davongekommen zu sein.
Mindestens 37 Menschen haben es nicht geschafft. Sie alle wurden Opfer eines Mannes, der gegen Mitternacht ins Casino der Anlage eingedrungen war, mit einer Mütze über dem Kopf und einem Schnellfeuergewehr in der Hand. Er schoss um sich, traf aber angeblich nur Bildschirme und Fernseher. Auf die Besucher und das Personal zielte er offenbar nicht.
Den Leuten zum Verhängnis sei geworden, dass er dann Teppiche und Spieltische mit Benzin übergoss und anzündete, hieß es. Durch den dichten Rauch schafften sie es nicht mehr nach draußen. Ihre Leichen wurden erst Stunden nach dem Überfall gefunden, als die Rettungskräfte sich endlich Zugang verschaffen konnten. Es muss ein furchtbares Bild gewesen sein.
Dass der mutmaßliche Täter nicht überlebt hatte, stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest. Seine Leiche wurde im Zimmer 510 des Hotels „Maxims“gefunden. „Er hatte eine Schusswunde im Kopf und war schwer verbrannt“, berichtete Manilas Polizeichef Oscar Albayalde. „Wir vermuten, dass er Benzin über sich geschüttet, eine Decke über sich gelegt und angezündet hat. Dann hat er sich erschossen, bevor er völlig verbrannt war.“
Wie der Mann hieß, woher er kam, was ihn zu seiner Tat getrieben hat – auf all diese Fragen wusste auch nach Stunden noch niemand eine Antwort. Die Polizei gab sich allerdings überzeugt, dass der Überfall keinen terroristischen Hintergrund hat – obwohl die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ihn für sich reklamierte. Die Nachricht wurde über die üblichen IS-Kanäle im Internet verbreitet. Tatsächlich spricht vom Ablauf der Tat her aber vieles gegen eine Terrortat.
Polizeichef Albayalde sagte: „Das ist das Werk eines Verrückten. Vielleicht war er spielsüchtig, hat all sein Geld verloren und ist dann durchgedreht.“Im Rucksack des Toten wurden gestohlene Spieljetons im Wert von umgerechnet etwa zwei Millionen Euro entdeckt – eine der vielen Merkwürdigkeiten.
Das „Resorts World“ist eine verhältnismäßig neue Anlage, die auch Ausländer vom nahen Ninoy-Aquino-Flughafen in den Blick nimmt. Der Komplex wurde erst 2009 eröffnet. Neben vier Hotels, einem Einkaufszentrum, vielen Restaurants und Kinos gehört dazu auch das 30 000 Quadratmeter große Casino. In der Nacht zum Freitag sollen sich dort mehr als 1000 Leute aufgehalten haben.
Johnny Ordanza, einer der Croupiers, sah alles mit eigenen Augen. „Ich habe gerade Karten verteilt, als ich sah, wie dieser Mann die Tische anzündete. Alle rannten raus.“Ordanza auch. Viele vermuteten einen Überfall von Terroristen, gerieten in Panik. Im Gedränge wurden mehr als 78 Menschen verletzt. Mehrere sprangen aus dem Fenster. Ein Sicherheitsbeamter schoss sich in der Panik sogar selber an. Und manche wollen gehört haben, wie der Täter auf Englisch ISIS rief.
Kampf gegen Rebellen
Der Angriff trifft die Philippinen in einem Moment, in dem die Angst vor Anschlägen groß ist. Auf Mindanao, der zweitgrößten Insel des mehrheitlich katholischen Landes, geht die Armee seit anderthalb Wochen gegen islamistische Rebellen vor, die sich in der Stadt Marawi verschanzt haben. Bislang gab es schon mehr als 180 Tote. Präsident Rodrigo Duterte hat über die gesamte Insel das Kriegsrecht verhängt und droht damit, es aufs ganze Land auszuweiten.
Aber das sind nicht die Sorgen, die sich die Überlebenden aus dem „Resorts World“machen. Auch Stunden nach dem Überfall waren viele noch auf der Suche nach Freunden. Magdalena Ramos zum Beispiel. Das Letzte, was sie von ihrer Freundin mitbekam, war ein Anruf aus der Toilette, wo sich die Freundin vor dem Schützen verstecken wollte. „Sie hat mir berichtet, dass sie ihr Telefon ausschalten wollte, damit er das Klingeln nicht hört.“Seither gab es von ihr kein Lebenszeichen mehr.