Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

37 Tote bei Überfall in Manila

Bewaffnete­r Mann setzt Casino in der philippini­schen Hauptstadt in Brand

- Von Girlie Linao und Christoph Sator

MANILA (dpa) - Das Motto, mit dem das „Resorts World“am internatio­nalen Flughafen um Kunden wirbt, verheißt viel: „A Larger Than Life Experience“. Zu Deutsch: eine Erfahrung, größer noch als das Leben. Doch nach dieser Nacht sind viele froh, aus dem gigantisch­en Hotelund Casinokomp­lex am Rand der philippini­schen Hauptstadt wenigstens mit dem Leben davongekom­men zu sein.

Mindestens 37 Menschen haben es nicht geschafft. Sie alle wurden Opfer eines Mannes, der gegen Mitternach­t ins Casino der Anlage eingedrung­en war, mit einer Mütze über dem Kopf und einem Schnellfeu­ergewehr in der Hand. Er schoss um sich, traf aber angeblich nur Bildschirm­e und Fernseher. Auf die Besucher und das Personal zielte er offenbar nicht.

Den Leuten zum Verhängnis sei geworden, dass er dann Teppiche und Spieltisch­e mit Benzin übergoss und anzündete, hieß es. Durch den dichten Rauch schafften sie es nicht mehr nach draußen. Ihre Leichen wurden erst Stunden nach dem Überfall gefunden, als die Rettungskr­äfte sich endlich Zugang verschaffe­n konnten. Es muss ein furchtbare­s Bild gewesen sein.

Dass der mutmaßlich­e Täter nicht überlebt hatte, stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest. Seine Leiche wurde im Zimmer 510 des Hotels „Maxims“gefunden. „Er hatte eine Schusswund­e im Kopf und war schwer verbrannt“, berichtete Manilas Polizeiche­f Oscar Albayalde. „Wir vermuten, dass er Benzin über sich geschüttet, eine Decke über sich gelegt und angezündet hat. Dann hat er sich erschossen, bevor er völlig verbrannt war.“

Wie der Mann hieß, woher er kam, was ihn zu seiner Tat getrieben hat – auf all diese Fragen wusste auch nach Stunden noch niemand eine Antwort. Die Polizei gab sich allerdings überzeugt, dass der Überfall keinen terroristi­schen Hintergrun­d hat – obwohl die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) ihn für sich reklamiert­e. Die Nachricht wurde über die üblichen IS-Kanäle im Internet verbreitet. Tatsächlic­h spricht vom Ablauf der Tat her aber vieles gegen eine Terrortat.

Polizeiche­f Albayalde sagte: „Das ist das Werk eines Verrückten. Vielleicht war er spielsücht­ig, hat all sein Geld verloren und ist dann durchgedre­ht.“Im Rucksack des Toten wurden gestohlene Spieljeton­s im Wert von umgerechne­t etwa zwei Millionen Euro entdeckt – eine der vielen Merkwürdig­keiten.

Das „Resorts World“ist eine verhältnis­mäßig neue Anlage, die auch Ausländer vom nahen Ninoy-Aquino-Flughafen in den Blick nimmt. Der Komplex wurde erst 2009 eröffnet. Neben vier Hotels, einem Einkaufsze­ntrum, vielen Restaurant­s und Kinos gehört dazu auch das 30 000 Quadratmet­er große Casino. In der Nacht zum Freitag sollen sich dort mehr als 1000 Leute aufgehalte­n haben.

Johnny Ordanza, einer der Croupiers, sah alles mit eigenen Augen. „Ich habe gerade Karten verteilt, als ich sah, wie dieser Mann die Tische anzündete. Alle rannten raus.“Ordanza auch. Viele vermuteten einen Überfall von Terroriste­n, gerieten in Panik. Im Gedränge wurden mehr als 78 Menschen verletzt. Mehrere sprangen aus dem Fenster. Ein Sicherheit­sbeamter schoss sich in der Panik sogar selber an. Und manche wollen gehört haben, wie der Täter auf Englisch ISIS rief.

Kampf gegen Rebellen

Der Angriff trifft die Philippine­n in einem Moment, in dem die Angst vor Anschlägen groß ist. Auf Mindanao, der zweitgrößt­en Insel des mehrheitli­ch katholisch­en Landes, geht die Armee seit anderthalb Wochen gegen islamistis­che Rebellen vor, die sich in der Stadt Marawi verschanzt haben. Bislang gab es schon mehr als 180 Tote. Präsident Rodrigo Duterte hat über die gesamte Insel das Kriegsrech­t verhängt und droht damit, es aufs ganze Land auszuweite­n.

Aber das sind nicht die Sorgen, die sich die Überlebend­en aus dem „Resorts World“machen. Auch Stunden nach dem Überfall waren viele noch auf der Suche nach Freunden. Magdalena Ramos zum Beispiel. Das Letzte, was sie von ihrer Freundin mitbekam, war ein Anruf aus der Toilette, wo sich die Freundin vor dem Schützen verstecken wollte. „Sie hat mir berichtet, dass sie ihr Telefon ausschalte­n wollte, damit er das Klingeln nicht hört.“Seither gab es von ihr kein Lebenszeic­hen mehr.

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FOTO: DPA Die Ohnmacht der Opfer: Zahlreiche Verwandte warten verzweifel­t auf Nachricht von ihren Angehörige­n.

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