Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Wieder ein Terroralarm mitten in Paris
Mutmaßlicher Islamist greift Polizisten an – Touristen finden in Notre-Dame Zuflucht
PARIS (dpa) - Im Herzen von Paris heulen die Polizeisirenen. Ein AntiTerror-Einsatz läuft. Das Viertel um die Kathedrale Notre-Dame ist an diesem stürmischen und regnerischen Dienstag weiträumig abgesperrt.
Die Kontrollen sind strikt: Auch Anwohner und Gäste von Hotels dürfen nicht durch. Vor dem Gotteshaus, das jedes Jahr von etwa 13 Millionen Menschen besucht wird, hat ein Mann gegen 16.20 Uhr einen Polizisten mit einem Hammer attackiert und dabei „Das ist für Syrien“gerufen. Ein Beamter schießt auf den Angreifer und verletzt ihn.
Viele Besucher der Kathedrale im gotischen Stil und des historischen Stadtviertels auf der von der Seine umschlossenen Île de la Cité wissen zur Tatzeit nicht genau, was passiert. „Ich hörte einen Knall, ich dachte, es sei ein Gewitter“, berichtet Joe Ann Paulus aus dem US-Bundesstaat Georgia. Sie ist für einen Tag in die französische Hauptstadt gekommen.
„Ich hielt mich am Eingang der Kirche auf. Polizisten riefen: „Bewegen Sie sich, bewegen Sie sich!“Die Menschen seien in die Kirche geflüchtet. Es habe aber keine Panik gegeben. „Sie waren wunderbar“, bilanziert die ältere Frau mit Blick auf die Ordnungshüter. Bis zu 1000 Menschen finden in der Kirche Zuflucht.
Der Angreifer war offensichtlich alleine unterwegs, berichtet später Innenminister Gérard Collomb. Der mutmaßliche Täter habe sich als algerischer Student ausgegeben. Neben dem Hammer habe er auch mehrere Küchenmesser bei sich gehabt. Der Mann habe sich als „Soldat des Kalifats“der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bezeichnet.
Der Mann näherte sich bei dem Angriff einer Polizeipatrouille und schlug auf einen der drei Beamten ein. Ein weiterer Polizist griff dann zur Waffe. Der attackierte Polizist erlitt keine schlimmen Verletzungen.
Der Zwischenfall, bei dem möglicherweise Schlimmeres verhindert wurde, trifft Frankreich zu einem delikaten Zeitpunkt. In wenigen Tagen wird wieder gewählt; am Sonntag steht die erste Runde der Parlamentswahl auf dem Programm.
Für den neugewählten französischen Staatschef Emmanuel Macron sei der Kampf gegen den Terrorismus die „Priorität Nummer eins“, resümiert Minister Collomb. Der Ausnahmezustand, der im Zuge der schlimmen, seit zweieinhalb Jahren dauernden Terrorserie verhängt wurde, dürfte im Sommer erneut verlängert werden.
Bei Anschlägen in Frankreich wurden in den vergangenen zweieinhalb Jahren fast 240 Menschen ermordet. Mehrfach standen dabei Sicherheitskräfte im Visier. Mitte April war ein Polizist auf dem Pariser Prachtboulevard Champs-Élysées von einem Gewalttäter erschossen worden.