Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Analoges TV-Signal ist abgeschaltet
Kunden mit älteren Fernsehern müssen ihr Gerät nachrüsten.
BAD SAULGAU - Zum 1. Juni hat der Kabelnetzbetreiber Unitymedia das analoge Fernsehsignal abgeschaltet. Zugunsten der Bildqualität kann jetzt digital und in „high Definition“(HD) Fernsehen geschaut werden, zudem hat sich die Senderauswahl vergrößert – vorausgesetzt der Fernseher ist fähig, das Signal zu empfangen. Viele Kunden im Kreis Sigmaringen mussten ihr Gerät mit einem Receiver nachrüsten oder haben gleich einen neuen Fernseher gekauft – oder sitzen nun unfreiwillig vor der Mattscheibe. Während Elektromärkte profitieren, sorgt die Umstellung in manchen Haushalten für Ärger.
Ein Pfullendorfer schrieb einen Brief an Unitymedia, der der Redaktion vorliegt. Die Umstellung von analog auf digital sei „hart“und „aus meiner Sicht absolut kein Vorteil für den Kunden“, sondern verursache nur Ärger und zusätzliche Kosten. Für seinen nicht kompatiblen DVDRecorder musste er Ersatz im Wert von knapp 400 Euro besorgen, zwei Fernseher – einer davon hat bei der Anschaffung vor elf Jahren 1200 Euro gekostet – musste er verschrotten.
Immerhin sei er freundlich beraten worden und es wurde ihm für den DVD-Recorder eine passende Lösung angeboten. Weil er kein Technikfachmann sei, müsse er sich für die Installation jedoch einen Handwerker holen. Er bat Unitymedia, deshalb kostenlos einen Mitarbeiter zu schicken. Eine Antwort des Unternehmens gab es noch nicht.
Elektromärkte profitieren
Johann Zimmerling, Abteilungsleiter der TV- und HiFi-Abteilung beim Expert-Elektromarkt in Bad Saulgau, berichtet von einer sehr großen Nachfrage von Kunden nach Rat und Gerät in dieser Sache. „Bis Dienstag war der Andrang sehr groß, am Mittwoch hat er etwas nachgelassen“, so Zimmerling.
Dabei wurde das Signal bereits eine Woche zuvor umgestellt. „Manche kamen auf den letzten Drücker, andere stellten fest: Mein Fernseher ist schwarz.“Etwa 500 Kunden wurden in Bad Saulgau wegen der Signalumstellung beraten. Die Beratung wurde von allen Altersklassen in Anspruch genommen: „Ältere Kunden haben häufiger unseren Heimservice in Anspruch genommen, bei dem sich ein Techniker das Problem vor Ort ansieht.“Bereits 2012 habe es eine Umstellung gegeben, damals wurden die letzten analogen TV-Sender im deutschen Satellitenfernsehen abgeschaltet. „Damals kamen gefühlt weniger Kunden zu uns“, so Zimmerling.
Noch nie hätten im Hinterhof des Expert-Marktes so viele Röhrenfernseher gestanden wie derzeit. „Wir nehmen alte Fernseher kostenlos entgegen. Die meisten Besitzer von Röhrenfernsehern haben sich für ein neues Gerät entschieden“, berichtet Zimmerling. Denn Röhrenfernseher verfügen nicht über den sogenannten digitalen Kabeltuner (DVB-C) wie neue Geräte. „Wenn es trotzdem nicht klappt, hilft ein Senderdurchlauf“, weiß Zimmerling. Bei älteren Geräten kann ein externer Receiver Abhilfe schaffen. „Etwa zwei Drittel unserer betroffenen Kunden wollten einen neuen Receiver, ein Drittel hat sich gleich für einen neuen Fernseher entschieden.“Das habe man auch am Umsatz gemerkt – der gestiegen sei. In welcher Höhe, will Zimmerling nicht sagen.
Auch Gisela Engel vom Elektrofachgeschäft Engel und Stadelhofer in Pfullendorf berichtet von einem gestiegenen Umsatz. „Es war schon einiges mehr los in der vergangenen Woche. Die meisten kamen aber erst, als sie kein Fernsehbild mehr hatten“, so Engel.
Umstellung schwer für Senioren
In den Seniorenheimen in der Region war die Umstellung ebenfalls Thema: „Ältere Leute tun sich schwer, die Technik zu verstehen“, sagt Alexander Hilgers, IT-Fachmann bei Vinzenz von Paul. Er ist für Bewohner und Angehörige in den vom Träger betreuten Seniorenheimen wie dem Josefinenstift in Sigmaringen Ansprechpartner in dieser Angelegenheit. Für die geistig fitten Bewohner der Seniorenheime spiele der Fernseher im Alltag eine große Rolle. „Wir haben von unserer Seite aus alle technischen Voraussetzungen erfüllt, sodass das Signal von jedem Zimmer aus empfangen werden kann“, sagt Alexander Hilgers. Die Anschlüsse seien, wo nötig, nachgerüstet worden.
Und dennoch: Manch ein Bewohner saß ab dem 1. Juni vor der Mattscheibe. „Wenn es nicht klappt, liegt es am Gerät“, erklärt Hilgers im Hinblick auf die vielen Röhrenfernseher im Seniorenheim. Das Gerät nachzurüsten sei Sache des Eigentümers – also des Bewohners oder dessen Familie. „Wir haben vorab Infoblätter verteilt und auch Angehörige über die Umstellung informiert“, so Hilgers. Auch der Haustechniker half aus, wo es nötig war. „Bei mir haben zwei Angehörige angerufen, die Rat wollten, was für ein Gerät sie kaufen sollten.“Sonst hätte alles geklappt.
In der Seniorenwohnanlage Fideliswiesen in Sigmaringen ist die Umstellung kein Thema: „Auf der Pflegestation haben wir die Umstellung selbst vorgenommen, im betreuten Wohnen machen das die Angehörigen oder wir.“Für ältere Menschen, die alleine wohnen würden, sei die Umstellung sicherlich ein Problem. „Aber hier konnten wir danach schauen.“