Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Betonteile werden zur Stolperfalle
Heidi Stark trägt auf dem Parkplatz des Reiser-Centers schwere Knieverletzungen davon
MENGEN - Die roten Betonteile, die den Eingangsbereich der Geschäfte im Reiser-Center von den Parkplätzen abtrennen, sind Heidi Stark aus Rulfingen zum Verhängnis geworden. Sie ist über einen von ihnen gestolpert und so schwer gestürzt, dass sie sich an den Kreuzbändern und dem Meniskus verletzt hat. „Am Anfang dachte ich, dass war meine eigene Dummheit“, sagt sie. Mittlerweile weiß sie von rund 30 anderen Menschen, die ebenfalls gestürzt sind und fordert, dass die Stolperfallen verschwinden. Sie hofft, dass sich bei ihrem Gang an die Öffentlichkeit weitere Betroffene melden und eine Veränderung anstoßen. Bei der Immobilien Treuhand GmbH (ITG), der das Reiser-Center gehört, ist bislang nur eine Beschwerde eingegangen. „Bisher sind wir mit dieser Begrenzung gut gefahren“, sagt Pressesprecher Albert Roelen.
„Ein toller Aprilscherz war das“, sagt Heidi Stark. Dabei ist ihr aber ganz und gar nicht zum Lachen zumute. Es war das Wochenende, an dem der Fischmarkt in Mengen gastierte, als die Rulfingerin am Samstag, 1. April, mit ihrem Wagen auf dem Parkplatz des Reiser-Centers parkte. „Ich habe Schuhe gekauft und beim Verlassen des Geschäfts eine Bekannte getroffen“, erzählt sie. Nach der Verabschiedung habe sie sich umgedreht und sei über einen der roten Huckel gestolpert. „Ich bin genau zwischen zwei Autos gestürzt und, weil ich ja den Schuhkarton in den Händen hatte, konnte ich mich nicht abfangen.“Stattdessen sei sie genau aufs Knie gefallen, der Karton sei im hohen Bogen weggeflogen. „Mir wurde schwarz vor Augen, aber vorher muss ich wohl noch geschrien haben“, sagt sie. Als sie wieder zu sich gekommen sei, hätte ein Passant die Schuhe bereits wieder eingesammelt und die Bekannte sei ihr zur Hilfe geeilt.
Knie macht bis heute Probleme
Dass ein Krankenwagen gerufen wird, habe sie abgelehnt. „Dabei wäre das im Nachhinein genau richtig gewesen“, sagt sie heute. „Aber mir war das Ganze total peinlich und ich wollte einfach nur nach Hause.“Außerdem habe sie geglaubt, mit einem dicken Bluterguss davon gekommen zu sein. Das war leider eine krasse Fehleinschätzung, denn das Knie macht ihr bis heute Probleme. „Mit den Kreuzbändern und dem Meniskus ist etwas nicht in Ordnung“, sagt Stark. Seit dem Unfall nimmt sie starke Schmerztabletten und ist mittlerweile in der Sportklinik in Ravensburg in Behandlung.
Weil sie sich anfangs humpelnd fortbewegen konnte, hat Heidi Stark doch mehr Leuten von ihrem Sturz erzählt, als sie ursprünglich wollte. „Dabei habe ich von vielen erfahren, dass sie entweder jemanden kennen, der dort gestürzt ist oder selbst gestolpert sind“, sagt sie. Die meisten hätten sich zum Glück nicht verletzt, aber einige ältere Frauen hätten aufgeschürfte Hände oder Knie oder sogar eine gebrochene Hand davongetragen. Knapp 30 Namen hat sie mittlerweile auf ihrer Liste. „Und das sind nur die in meinem Bekanntenkreis“, sagt sie. Ihrer Meinung nach lässt sich nur etwas über die Masse der Beschwerden erreichen. „Nur, wenn klar ist, wie viele schon gestürzt oder auch nur gestolpert sind, wird der Eigentümer vielleicht über eine Änderung nachdenken.“Deshalb fordert sie alle Betroffenen auf, es ihr gleichzutun.
Als sich Heidi Stark im Mengener Rathaus beschwert hat, wurde sie gebeten, sich direkt an die ITG als Eigentümer des Reiser-Centers und des Parkplatzes zu wenden. „Ist ja klar, die Stadtverwaltung kann da auch nichts machen, weil es ein Privatparkplatz ist“, sagt Stark. Bei der ITG habe man ihr eher lapidar erklärt, dass man die Beschwerde weitergebe. „Ich weiß aber nicht, ob ich die Einzige bin, die sich gemeldet hat oder ob noch mehr Beschwerden vorliegen.“
Bei der Stadtverwaltung sind laut Andreas Steck, dem Sachgebietsleiter für Recht, Sicherheit, Ordnung und Baurecht, seit der Eröffnung des Reiser-Centers etwa sechs Beschwerden über die roten Betonabgrenzungen eingegangen. „Eine Liste über die genaue Anzahl der Beschwerden haben wir aber nicht geführt“, sagt er. „Die Beschwerdeführer haben wir an Peter Lübke von der City-Immobilien Verwaltungsgesellschaft als zuständigen Hausverwalter verwiesen.“Am 1. Dezember habe die Stadtverwaltung Lübke auf die schlechte Erkennbarkeit hingewiesen. Die Hausverwaltung habe aber kein Bedürfnis und auch keine Möglichkeit gesehen, die Situation baulich zu verbessern.
Ausführung hat sich bewährt
Laut Albert Roelen, Pressesprecher der ITG, ist der Hinweis der Stadtverwaltung die einzige Beschwerde gewesen, die in Düsseldorf über die Betonteile eingegangen ist. „Wir verwenden diese Teile seit zweieinhalb Jahren bei allen Einkaufszentren, die wir bauen“, sagt er. Sie dienen der Abgrenzung der Parkflächen zu den Geschäften und seien notwendig, weil es schon vorgekommen sei, dass Autos mit Schwung zu nah oder sogar in die Schaufenster gefahren seien. „Im Gegensatz zu den zuvor verwendeten hohen Bordsteinkanten ist der Zugang zu den Geschäften nun barrierefrei, darauf legen wir sehr viel wert“, sagt er. Durch die farbliche Gestaltung würden sie auch eher ins Auge fallen als Bordsteinkanten. „Diese Ausführung hat sich bewährt, die Teile sind vom TÜV abgenommen und wir haben sie für Mengen übernommen.“
Sollte es nun tatsächlich so sein, dass die Leute ständig stolpern und sich sogar gefährlich verletzen, bittet Roelen darum, dies der Hausverwaltung zu melden. „Bei Schadensersatzansprüchen sind wir in solchen Fällen natürlich versichert“, sagt er. Außerdem könne die Ausführung nur noch einmal überdacht oder verbessert werden, wenn im Haus auch genau bekannt sei, wie viele Unfälle es schon gegeben habe. Sonst ginge man ja weiter davon aus, dass alles in Ordnung sei. „Wir wollen ja so kundenfreundlich wie möglich sein, und nicht für uns und andere Probleme schaffen“, sagt er.