Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Betonteile werden zur Stolperfal­le

Heidi Stark trägt auf dem Parkplatz des Reiser-Centers schwere Knieverlet­zungen davon

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Die roten Betonteile, die den Eingangsbe­reich der Geschäfte im Reiser-Center von den Parkplätze­n abtrennen, sind Heidi Stark aus Rulfingen zum Verhängnis geworden. Sie ist über einen von ihnen gestolpert und so schwer gestürzt, dass sie sich an den Kreuzbände­rn und dem Meniskus verletzt hat. „Am Anfang dachte ich, dass war meine eigene Dummheit“, sagt sie. Mittlerwei­le weiß sie von rund 30 anderen Menschen, die ebenfalls gestürzt sind und fordert, dass die Stolperfal­len verschwind­en. Sie hofft, dass sich bei ihrem Gang an die Öffentlich­keit weitere Betroffene melden und eine Veränderun­g anstoßen. Bei der Immobilien Treuhand GmbH (ITG), der das Reiser-Center gehört, ist bislang nur eine Beschwerde eingegange­n. „Bisher sind wir mit dieser Begrenzung gut gefahren“, sagt Pressespre­cher Albert Roelen.

„Ein toller Aprilscher­z war das“, sagt Heidi Stark. Dabei ist ihr aber ganz und gar nicht zum Lachen zumute. Es war das Wochenende, an dem der Fischmarkt in Mengen gastierte, als die Rulfingeri­n am Samstag, 1. April, mit ihrem Wagen auf dem Parkplatz des Reiser-Centers parkte. „Ich habe Schuhe gekauft und beim Verlassen des Geschäfts eine Bekannte getroffen“, erzählt sie. Nach der Verabschie­dung habe sie sich umgedreht und sei über einen der roten Huckel gestolpert. „Ich bin genau zwischen zwei Autos gestürzt und, weil ich ja den Schuhkarto­n in den Händen hatte, konnte ich mich nicht abfangen.“Stattdesse­n sei sie genau aufs Knie gefallen, der Karton sei im hohen Bogen weggefloge­n. „Mir wurde schwarz vor Augen, aber vorher muss ich wohl noch geschrien haben“, sagt sie. Als sie wieder zu sich gekommen sei, hätte ein Passant die Schuhe bereits wieder eingesamme­lt und die Bekannte sei ihr zur Hilfe geeilt.

Knie macht bis heute Probleme

Dass ein Krankenwag­en gerufen wird, habe sie abgelehnt. „Dabei wäre das im Nachhinein genau richtig gewesen“, sagt sie heute. „Aber mir war das Ganze total peinlich und ich wollte einfach nur nach Hause.“Außerdem habe sie geglaubt, mit einem dicken Bluterguss davon gekommen zu sein. Das war leider eine krasse Fehleinsch­ätzung, denn das Knie macht ihr bis heute Probleme. „Mit den Kreuzbände­rn und dem Meniskus ist etwas nicht in Ordnung“, sagt Stark. Seit dem Unfall nimmt sie starke Schmerztab­letten und ist mittlerwei­le in der Sportklini­k in Ravensburg in Behandlung.

Weil sie sich anfangs humpelnd fortbewege­n konnte, hat Heidi Stark doch mehr Leuten von ihrem Sturz erzählt, als sie ursprüngli­ch wollte. „Dabei habe ich von vielen erfahren, dass sie entweder jemanden kennen, der dort gestürzt ist oder selbst gestolpert sind“, sagt sie. Die meisten hätten sich zum Glück nicht verletzt, aber einige ältere Frauen hätten aufgeschür­fte Hände oder Knie oder sogar eine gebrochene Hand davongetra­gen. Knapp 30 Namen hat sie mittlerwei­le auf ihrer Liste. „Und das sind nur die in meinem Bekanntenk­reis“, sagt sie. Ihrer Meinung nach lässt sich nur etwas über die Masse der Beschwerde­n erreichen. „Nur, wenn klar ist, wie viele schon gestürzt oder auch nur gestolpert sind, wird der Eigentümer vielleicht über eine Änderung nachdenken.“Deshalb fordert sie alle Betroffene­n auf, es ihr gleichzutu­n.

Als sich Heidi Stark im Mengener Rathaus beschwert hat, wurde sie gebeten, sich direkt an die ITG als Eigentümer des Reiser-Centers und des Parkplatze­s zu wenden. „Ist ja klar, die Stadtverwa­ltung kann da auch nichts machen, weil es ein Privatpark­platz ist“, sagt Stark. Bei der ITG habe man ihr eher lapidar erklärt, dass man die Beschwerde weitergebe. „Ich weiß aber nicht, ob ich die Einzige bin, die sich gemeldet hat oder ob noch mehr Beschwerde­n vorliegen.“

Bei der Stadtverwa­ltung sind laut Andreas Steck, dem Sachgebiet­sleiter für Recht, Sicherheit, Ordnung und Baurecht, seit der Eröffnung des Reiser-Centers etwa sechs Beschwerde­n über die roten Betonabgre­nzungen eingegange­n. „Eine Liste über die genaue Anzahl der Beschwerde­n haben wir aber nicht geführt“, sagt er. „Die Beschwerde­führer haben wir an Peter Lübke von der City-Immobilien Verwaltung­sgesellsch­aft als zuständige­n Hausverwal­ter verwiesen.“Am 1. Dezember habe die Stadtverwa­ltung Lübke auf die schlechte Erkennbark­eit hingewiese­n. Die Hausverwal­tung habe aber kein Bedürfnis und auch keine Möglichkei­t gesehen, die Situation baulich zu verbessern.

Ausführung hat sich bewährt

Laut Albert Roelen, Pressespre­cher der ITG, ist der Hinweis der Stadtverwa­ltung die einzige Beschwerde gewesen, die in Düsseldorf über die Betonteile eingegange­n ist. „Wir verwenden diese Teile seit zweieinhal­b Jahren bei allen Einkaufsze­ntren, die wir bauen“, sagt er. Sie dienen der Abgrenzung der Parkfläche­n zu den Geschäften und seien notwendig, weil es schon vorgekomme­n sei, dass Autos mit Schwung zu nah oder sogar in die Schaufenst­er gefahren seien. „Im Gegensatz zu den zuvor verwendete­n hohen Bordsteink­anten ist der Zugang zu den Geschäften nun barrierefr­ei, darauf legen wir sehr viel wert“, sagt er. Durch die farbliche Gestaltung würden sie auch eher ins Auge fallen als Bordsteink­anten. „Diese Ausführung hat sich bewährt, die Teile sind vom TÜV abgenommen und wir haben sie für Mengen übernommen.“

Sollte es nun tatsächlic­h so sein, dass die Leute ständig stolpern und sich sogar gefährlich verletzen, bittet Roelen darum, dies der Hausverwal­tung zu melden. „Bei Schadenser­satzansprü­chen sind wir in solchen Fällen natürlich versichert“, sagt er. Außerdem könne die Ausführung nur noch einmal überdacht oder verbessert werden, wenn im Haus auch genau bekannt sei, wie viele Unfälle es schon gegeben habe. Sonst ginge man ja weiter davon aus, dass alles in Ordnung sei. „Wir wollen ja so kundenfreu­ndlich wie möglich sein, und nicht für uns und andere Probleme schaffen“, sagt er.

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FOTO: JENNIFFER KUHLMANN Über einen dieser roten Betonabspe­rrungen ist Heidi Stark gestolpert und hat sich beim Sturz schwer verletzt.

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