Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Luisa Boos will sozialdemokratische Werte erhalten
Baden-württembergische SPD-Generalsekretärin hält Steuersenkungen für wenig sinnvoll
SIGMARINGEN - Eifrig mitgewirkt und diskutiert worden ist am Montagabend, als die Generalsekretärin der Landes-SPD, Luisa Boos, auf Einladung des Kreisverbandes in der „Traube“zusammen mit Bundestagskandidatin Stella Kirgiane-Efremidou nach Sigmaringen gekommen war.
Sie gab Einblick in das Wahlprogramm und forderte die Anwesenden auf, sich mit Kritik, Anregungen und eigenen Aktionen einzubringen. „Was kann die SPD der Dame mit der Raute und dem Herrn im Rollstuhl entgegensetzen?“wollte ein Besucher in Anspielung auf die Kanzlerin und den Finanzminister wissen. Ein anderer meinte, dass die Ideen und das Programm der SPD durchaus gut seien, „doch es fehlt der Transporter“.
„Ihr seid die Paketboten“, konterte die junge Frau schlagfertig. Ein Martin Schulz schaffe es nicht allein, es brauche schon die Mitarbeit aller, auch des kleinsten „Transporteurs“. Die Leute würden einem doch die ,Pakete’ vor die Füße werfen“, meinte einer mit dem Verweis auf die Folgen einiger Fehlentwicklungen, die sich seiner Meinung nach aus der Agenda 2010 ergeben haben.
Es nützte nichts, sich in Zerknirschung zu wälzen, befand Winfried Köpfer, der die Vorsitzende des SPDKreisverbandes, Susanne Fuchs, vertrat. Fehler einzugestehen und sie kritisch zu analysieren sei eine positive Eigenschaft der SPD, die anderen Parteien bedauerlicherweise auf weiten Strecken fehle, aber darin zu verharren sei kontraproduktiv.
Luisa Boos und Stella KirgianeEfremidou waren im Rahmen ihrer Wahlkampftour gekommen, um unter dem Titel „Wie wir unser Land zum Besseren ändern können“mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen. Die 32-jährige Generalsekretärin hatte zuvor in ihrem Referat klare Vorstellungen, wie das zu bewerkstelligen ist.
„Mehr Gerechtigkeit für eine bessere Welt“
Eine konsequente Friedenspolitik, ein starkes und einiges Europa, in die Zukunft der nachfolgenden Generationen investierten und mehr Gerechtigkeit, seien nur einige der Zutaten für eine bessere Welt. Zu Letzterem gehöre unbedingt, den Leuten klarzumachen, dass Steuersenkungen nicht zu mehr Gerechtigkeit führen, weil die unteren Einkommensschichten keine oder nur geringe Steuern zahlten. Von Steuersenkungen würden nur jene profitieren, die sowieso schon genug hätten. Schonvermögen erhöhen, genügend bezahlbaren Wohnraum mithilfe von Genossenschaftsbau und Wohnungsgemeinnützigkeit schaffen, eine generelle Kindergrundsicherung gegen Kinderarmut einführen, ebenso eine lohnunabhängige Lebensleistungsrente und die Anerkennung eines dritten Erziehungsjahres für jene Mütter, die vor 1992 Kinder geboren haben. „Hier geht es schlicht und einfach um Würde und Wertschätzung jener Frauen, die unter wesentlich schwierigeren Bedingungen als heute Kinder aufgezogen haben“. Dass das viel Geld kostet, sei allen bewusst, aber „wir wollen das machen!“.
Boos formulierte auch die Sorgen der jungen Generation in Bezug auf die Zukunft Europas. Bis auf wenige Ausnahmen würden „flächendeckend die sozialdemokratischen Werte zerbröseln“. Dennoch habe der „Nonsens“von Trump, Erdogan und Co. etwas Positives bewirkt: Die Leute sind wieder politischer geworden.
Sie bemängelte auch das Verschleppen der Finanztransaktionssteuer. „Es kann nicht sein, dass Steuern nicht da abgeführt werden, wo sie erwirtschaftet worden sind“. Sie lastete dies dem Finanzminister an: „Hätte sich Schäuble für die Transaktionssteuer eingesetzt, hätten wir sie schon lange!“. Bei einem Kanzler Schulz sei dieses Thema in guten Händen, „er weiß, wie das geht“, zeigte sich die Jungpolitikerin aus Emmendingen überzeugt.