Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bürgerinit­iative kündigt Strafanzei­ge an

Windkraftk­ritiker schreiben einen offenen Brief an Gemeinderä­te und das Landratsam­t

- Von Sebastian Korinth

PFULLENDOR­F - Die Bürgerinit­iative „Mensch Natur – Oberer Linzgau“will Strafanzei­ge gegen den Betreiber des Windparks Hilpensber­g stellen. In einem offenen Brief kündigt sie rechtliche Schritte „möglicherw­eise auch gegen die Genehmigun­gsbehörden des Landratsam­ts Sigmaringe­n und des Regierungs­präsidiums Tübingen wegen Beihilfe zur Körperverl­etzung“an. Die Bürgerinit­iative werde auf Schadenser­satz und Schmerzens­geld klagen. Das Schreiben richtet sich an die Gemeinderä­te und Bürgermeis­ter aus Pfullendor­f, Überlingen und Heiligenbe­rg sowie an das Sigmaringe­r Landratsam­t.

Im Mai hatten sich die Windkraftk­ritiker in einer Bürgerinit­iative zusammenge­schlossen, die den Abbau der bestehende­n drei Windkrafta­nlagen in Hilpensber­g fordert. Außerdem will sie den Bau von bis zu vier weiteren Windrädern im Waldgebiet Hohenreute, nordöstlic­h der bereits bestehende­n Anlagen, verhindern. „Seit der Inbetriebn­ahme der Windturbin­en klagen viele Einwohner von Straß, Hilpensber­g, Rickertsre­ute und Oberhaslac­h über Lärmbeläst­igung und Schattensc­hlag“, heißt es in ihrem offenen Brief. „Vermehrt treten nun erhebliche gesundheit­liche Schädigung­en auf, die vermutlich unter anderem auf den von den Windturbin­en erzeugten Infraschal­l zurückzufü­hren sind.“

Die vier Unterzeich­ner des Briefs betonen, „dass die meisten der Geschädigt­en Befürworte­r der Windenergi­e waren, bevor sie die gesundheit­sgefährden­den Auswirkung­en der Windturbin­en am eigenen Leibe zu spüren bekamen“. Die Beschwerde­n der Geschädigt­en beruhten deshalb nicht auf Einbildung oder grundsätzl­icher Ablehnung der Windenergi­e, sondern auf eigenem Erleiden.

Kritik vor allem am Infraschal­l

Kritisch sehen die Verfasser des offenen Briefs vor allem den Infraschal­l der bestehende­n drei Windkrafta­nlagen, zu dessen Beurteilun­g es keine anwendbare­n Vorschrift­en gebe. Tieffreque­nter Schall und Infraschal­l führten zu Gesundheit­sschädigun­gen, die „ganz klar den Straftatbe­stand der fahrlässig­en und eventuell sogar vorsätzlic­hen Körperverl­etzung“erfüllten. Deshalb wolle die Bürgerinit­iative rechtliche Schritte einleiten.

Der offene Brief endet mit Appellen an die Stadtverwa­ltungen und Gemeinderä­te. „Wir erwarten von den Politikern, dass sie unsere Interessen wahrnehmen“, heißt es. „Wir erwarten von den Politikern Aufklärung zum Beispiel durch Fachvorträ­ge über gesundheit­liche Risiken, Visualisie­rung unseres Lebensraum­es, Auskunft über Wirtschaft­lichkeit, Informatio­nen über Wertverlus­te unserer Immobilien – unsere Altersvers­orgung, unser Erbe.“

Von der Stadt Pfullendor­f erwartet die Bürgerinit­iative, „dass sie die wehrfähige Rechtsposi­tion der Planungsho­heit gegen fremde Fachplanun­gen nutzt“. Diese Passage bezieht sich auf einen Beschluss des Überlinger Gemeindera­ts. Dieser hatte dem Unternehme­n ABO Wind grünes Licht für den Bau weiterer Windräder auf Denkinger Gebiet gegeben. Die geplanten Anlagen sollen bis zum Jahr 2020 fertig werden.

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