Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bürgerinitiative kündigt Strafanzeige an
Windkraftkritiker schreiben einen offenen Brief an Gemeinderäte und das Landratsamt
PFULLENDORF - Die Bürgerinitiative „Mensch Natur – Oberer Linzgau“will Strafanzeige gegen den Betreiber des Windparks Hilpensberg stellen. In einem offenen Brief kündigt sie rechtliche Schritte „möglicherweise auch gegen die Genehmigungsbehörden des Landratsamts Sigmaringen und des Regierungspräsidiums Tübingen wegen Beihilfe zur Körperverletzung“an. Die Bürgerinitiative werde auf Schadensersatz und Schmerzensgeld klagen. Das Schreiben richtet sich an die Gemeinderäte und Bürgermeister aus Pfullendorf, Überlingen und Heiligenberg sowie an das Sigmaringer Landratsamt.
Im Mai hatten sich die Windkraftkritiker in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen, die den Abbau der bestehenden drei Windkraftanlagen in Hilpensberg fordert. Außerdem will sie den Bau von bis zu vier weiteren Windrädern im Waldgebiet Hohenreute, nordöstlich der bereits bestehenden Anlagen, verhindern. „Seit der Inbetriebnahme der Windturbinen klagen viele Einwohner von Straß, Hilpensberg, Rickertsreute und Oberhaslach über Lärmbelästigung und Schattenschlag“, heißt es in ihrem offenen Brief. „Vermehrt treten nun erhebliche gesundheitliche Schädigungen auf, die vermutlich unter anderem auf den von den Windturbinen erzeugten Infraschall zurückzuführen sind.“
Die vier Unterzeichner des Briefs betonen, „dass die meisten der Geschädigten Befürworter der Windenergie waren, bevor sie die gesundheitsgefährdenden Auswirkungen der Windturbinen am eigenen Leibe zu spüren bekamen“. Die Beschwerden der Geschädigten beruhten deshalb nicht auf Einbildung oder grundsätzlicher Ablehnung der Windenergie, sondern auf eigenem Erleiden.
Kritik vor allem am Infraschall
Kritisch sehen die Verfasser des offenen Briefs vor allem den Infraschall der bestehenden drei Windkraftanlagen, zu dessen Beurteilung es keine anwendbaren Vorschriften gebe. Tieffrequenter Schall und Infraschall führten zu Gesundheitsschädigungen, die „ganz klar den Straftatbestand der fahrlässigen und eventuell sogar vorsätzlichen Körperverletzung“erfüllten. Deshalb wolle die Bürgerinitiative rechtliche Schritte einleiten.
Der offene Brief endet mit Appellen an die Stadtverwaltungen und Gemeinderäte. „Wir erwarten von den Politikern, dass sie unsere Interessen wahrnehmen“, heißt es. „Wir erwarten von den Politikern Aufklärung zum Beispiel durch Fachvorträge über gesundheitliche Risiken, Visualisierung unseres Lebensraumes, Auskunft über Wirtschaftlichkeit, Informationen über Wertverluste unserer Immobilien – unsere Altersversorgung, unser Erbe.“
Von der Stadt Pfullendorf erwartet die Bürgerinitiative, „dass sie die wehrfähige Rechtsposition der Planungshoheit gegen fremde Fachplanungen nutzt“. Diese Passage bezieht sich auf einen Beschluss des Überlinger Gemeinderats. Dieser hatte dem Unternehmen ABO Wind grünes Licht für den Bau weiterer Windräder auf Denkinger Gebiet gegeben. Die geplanten Anlagen sollen bis zum Jahr 2020 fertig werden.