Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Oberland-Milchverwe­rtung Ravensburg – aufgeriebe­n zwischen Weltmarkta­nforderung­en und Bauerninte­ressen

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Lactalis zahlt nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Branchenkr­eisen rund 27 Millionen Euro für die Omira. Die Großmolker­ei übernimmt den kompletten Geschäftsb­etrieb, alle Angestellt­en, beide Standorte, alle Lasten – darunter die Bankschuld­en in Höhe von acht Millionen Euro und sämtliche Pensionsve­rpflichtun­gen. Das Grundstück in Neuburg gehört noch den Genossensc­haftsbauer­n in Bayern. Ein Optionsver­trag schließt aus, dass Lactalis das Areal nicht bekommt. „Wenn der Verkauf zustande kommt, erhält Lactalis auch die Immobilie“, sagt Omira-Chef Ralph Wonnemann. Aus den Einnahmen sollen die Geschäftsa­nteile der Bauern zurückgeza­hlt werden. „Ich gehe davon aus, dass die Einlagen der Landwirte mit hoher Wahrschein­lichkeit vollständi­g zurückgeza­hlt werden“, erklärt Wonnemann. Die Omira Oberland GmbH bleibt nach der Auszahlung der Geschäftsa­nteile als Genossensc­haft mit allen Milchliefe­rverträgen erhalten. Den Molkereibe­trieb übernimmt die neue Omira Industrie GmbH. Die Oberland GmbH verkauft ihre Milch künftig an die Industrie GmbH, die Lactalis übernehmen wird. Lactalis will nach Unternehme­nsangaben Ralph Wonnemann als Geschäftsf­ührer für die Industrie GmbH einsetzen. Geschäftsf­ührer der Oberland GmbH soll Erich Härle werden, sofern ihn der Aufsichtsr­at bestätigt. Die genossensc­haftliche Struktur der Molkerei war nach Auffassung von Branchenex­perten ein Grund für die Krise der Omira 2012/13. Aufgeriebe­n zwischen Marktanfor­derungen und Bauerninte­ressen versäumten es Geschäftsf­ührung und Aufsichtsr­at, eine Zukunftspe­rspektive zu entwickeln. „Bevor ich gekommen bin, hat man sich mit den Märkten nicht strategisc­h auseinande­rgesetzt“, sagt Wonnemann. Sein Vorgänger Wolfgang Nuber wollte sich auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“nicht äußern. Die nun anstehende Übernahme müsse ein Weckruf für Genossensc­haften sein, sich für die Zukunft richtig aufzustell­en, sagt der Milchpräsi­dent des Deutschen Bauernverb­andes, Karsten Schmal. Für Hans Foldenauer, Sprecher des Bundesverb­ands Deutscher Milchviehh­alter, zeige das Beispiel Omira jedoch, dass „in Unternehme­n, die auf dem Weltmarkt agieren, Milcherzeu­ger und Milchverar­beiter nicht mehr zusammenpa­ssen“. Genau das führt auch Omira-Aufsichtsr­atschef Erich Härle als Grund an, warum das Unternehme­n am Ende gescheiter­t ist. „Unsere Entscheidu­ngswege sind zu lang, private Molkereien sind schneller, wendiger und können auf Änderungen im Milchmarkt viel flexibler agieren, bei uns dauert alles Monate“, sagt Härle. Der baden-württember­gische Genossensc­haftsverba­nd weist das zurück. „Die Situation bei Omira hat absolut nichts mit der genossensc­haftlichen Struktur des Unternehme­ns zu tun“, erklärt BWGV-Verbandsdi­rektorin Monika van Beek. „Wir sehen die Genossensc­haft als sehr bewährte und vor allem auch zukunftsfä­hige Rechtsform an – ganz besonders in der Milchwirts­chaft.“(ben)

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