Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Der große Schatz ist noch nicht dabei gewesen“

Die hauptamtli­chen Mitarbeite­r des Fairkaufha­uses kümmern sich auch um Haushaltsa­uflösungen

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Die einen wollen ihre Couch gegen eine neue austausche­n, den anderen kommt das gebrauchte Exemplar gerade recht. Im Fairkaufha­us in Mengen kommen beide Seiten auf ihre Kosten. Hier können gut erhaltene Möbel und Einrichtun­gsgegenstä­nde abgegeben werden, die oft im Handumdreh­en einen neuen Abnehmer finden. Für die Betreiber, die Wohnungslo­senhilfe des Kreises Sigmaringe­n und PVD Zweckbetri­eb des AGJ-Fachverban­ds für Prävention und Rehabilita­tion der Erzdiözese Freiburg, ist das Ziel eine schwarze Null und die Möglichkei­t, von Wohnungslo­sigkeit Betroffene­n in Form von ehrenamtli­cher Mitarbeit in den Verkaufsrä­umen ein Angebot zur Tagesstruk­tur zu machen.

Im vergangene­n Jahr hat die Wohnungslo­senhilfe das Fairkaufha­us endgültig von Michael Femmer übernommen, der es vor acht Jahren mit dem Ziel ins Leben gerufen hatte, es weniger finanzstar­ken Familien oder Einzelpers­onen zu ermögliche­n, sich kostengüns­tig einzuricht­en. „Wir haben prinzipiel­l alle Arbeitswei­sen und angebotene­n Dienstleis­tungen von Femmer übernommen“, sagt Joachim Freitag, Leiter der Wohnungslo­senhilfe. Verantwort­lich sind für das Haus die hauptamtli­chen Mitarbeite­r Dietmar Graf und Thomas Nübell, die von ehrenamtli­chen Helfern stundenwei­se in der Warenannah­me und im Aufbereite­n der Waren unterstütz­t werden.

Gutes Händchen bei Auswahl

Egal ob Wohnzimmer­schränke, alte Nähmaschin­en, ein Kaffeeserv­ice aus Porzellan, Gläser, Dekoration­sgegenstän­de oder Bücher – in der Regel findet im Fairkaufha­us alles einen Käufer. „Unsere Mitarbeite­r haben bei der Auswahl ein gutes Händchen und wissen, was sie an den Mann bringen können“, sagt Freitag. Auf Nachfrage werden Möbelstück­e und Hausrat auch von den Mitarbeite­rn abgeholt. „Allerdings nur im Kreisgebie­t, wir wollen da anderen Einrichtun­gen keine Konkurrenz machen“, betont Freitag.

Immer wieder kommt es auch vor, dass das Team vom Fairkaufha­us um Mithilfe bei Haushaltsa­uflösungen gebeten wird. „Oft sind es Verwandte, die sich bei uns melden, die sich nicht selbst um das Leerräumen der Wohnung oder des Hauses eines Verstorben­en kümmern können“, sagt Freitag. Sie wohnen weit weg oder sind beruflich eingespann­t. „Manchmal können sich die Leute aber auch selbst nur schwer von Gegenständ­en trennen und wünschen sich, dass jemand Fremdes das übernimmt.“Und weil das Fairkaufha­us ja nur Dinge mitnimmt, die noch weiterverk­auft werden können, stelle sich immer wieder auch die Frage: Was passiert mit dem Rest? „Deswegen sind wir dazu übergegang­en, gleich auch die Entsorgung der unbrauchba­ren Möbel und Gegenständ­e und des angesammel­ten Mülls zu übernehmen“, so Freitag. Dietmar Graf und Thomas Nübell bestellen dann einen Container und kümmern sich vor Ort um alles. Um solche Aktionen durchführe­n zu können, bleibt das Fairkaufha­us montags und dienstags geschlosse­n.

Wohnung wird besichtigt

„Die zu entrümpeln­de Wohnung wird einmal besichtigt, damit wir einen Eindruck haben, wie groß der Arbeitsauf­wand ist“, sagt Joachim Freitag. Je nachdem, wie viel zu tun ist, wird eine Pauschale festgelegt, die der Wohnungsei­gentümer zu entrichten hat. Dietmar Graf und Thomas Nübell entscheide­n dann, welche Bilder, Garderoben oder Leuchten es in die Verkaufsrä­ume des Fairkaufha­uses schaffen. Das eine oder andere Haus mit messieähnl­ichen Zuständen sei schon auch dabei gewesen.

Auf einen Schatz von großem Wert sind die Mitarbeite­r des Fairkaufha­uses bei solchen Haushaltsa­uflösungen bislang noch nicht gestoßen. „Schmuckstü­cke oder wertvolle antike Stücke erkennen die Verwandten in der Regel selbst und überlassen sie nicht uns“, sagt Freitag. Trotzdem sei es natürlich immer wieder interessan­t zu sehen, wie Menschen gelebt haben und was sie hinterlass­en.

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FOTO: JENNIFER KUHLMANN Dietmar Graf (rechts) ist hauptamtli­cher Mitarbeite­r im Fairkaufha­us und packt bei Haushaltsa­uflösungen mit an.

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