Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Der große Schatz ist noch nicht dabei gewesen“
Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Fairkaufhauses kümmern sich auch um Haushaltsauflösungen
MENGEN - Die einen wollen ihre Couch gegen eine neue austauschen, den anderen kommt das gebrauchte Exemplar gerade recht. Im Fairkaufhaus in Mengen kommen beide Seiten auf ihre Kosten. Hier können gut erhaltene Möbel und Einrichtungsgegenstände abgegeben werden, die oft im Handumdrehen einen neuen Abnehmer finden. Für die Betreiber, die Wohnungslosenhilfe des Kreises Sigmaringen und PVD Zweckbetrieb des AGJ-Fachverbands für Prävention und Rehabilitation der Erzdiözese Freiburg, ist das Ziel eine schwarze Null und die Möglichkeit, von Wohnungslosigkeit Betroffenen in Form von ehrenamtlicher Mitarbeit in den Verkaufsräumen ein Angebot zur Tagesstruktur zu machen.
Im vergangenen Jahr hat die Wohnungslosenhilfe das Fairkaufhaus endgültig von Michael Femmer übernommen, der es vor acht Jahren mit dem Ziel ins Leben gerufen hatte, es weniger finanzstarken Familien oder Einzelpersonen zu ermöglichen, sich kostengünstig einzurichten. „Wir haben prinzipiell alle Arbeitsweisen und angebotenen Dienstleistungen von Femmer übernommen“, sagt Joachim Freitag, Leiter der Wohnungslosenhilfe. Verantwortlich sind für das Haus die hauptamtlichen Mitarbeiter Dietmar Graf und Thomas Nübell, die von ehrenamtlichen Helfern stundenweise in der Warenannahme und im Aufbereiten der Waren unterstützt werden.
Gutes Händchen bei Auswahl
Egal ob Wohnzimmerschränke, alte Nähmaschinen, ein Kaffeeservice aus Porzellan, Gläser, Dekorationsgegenstände oder Bücher – in der Regel findet im Fairkaufhaus alles einen Käufer. „Unsere Mitarbeiter haben bei der Auswahl ein gutes Händchen und wissen, was sie an den Mann bringen können“, sagt Freitag. Auf Nachfrage werden Möbelstücke und Hausrat auch von den Mitarbeitern abgeholt. „Allerdings nur im Kreisgebiet, wir wollen da anderen Einrichtungen keine Konkurrenz machen“, betont Freitag.
Immer wieder kommt es auch vor, dass das Team vom Fairkaufhaus um Mithilfe bei Haushaltsauflösungen gebeten wird. „Oft sind es Verwandte, die sich bei uns melden, die sich nicht selbst um das Leerräumen der Wohnung oder des Hauses eines Verstorbenen kümmern können“, sagt Freitag. Sie wohnen weit weg oder sind beruflich eingespannt. „Manchmal können sich die Leute aber auch selbst nur schwer von Gegenständen trennen und wünschen sich, dass jemand Fremdes das übernimmt.“Und weil das Fairkaufhaus ja nur Dinge mitnimmt, die noch weiterverkauft werden können, stelle sich immer wieder auch die Frage: Was passiert mit dem Rest? „Deswegen sind wir dazu übergegangen, gleich auch die Entsorgung der unbrauchbaren Möbel und Gegenstände und des angesammelten Mülls zu übernehmen“, so Freitag. Dietmar Graf und Thomas Nübell bestellen dann einen Container und kümmern sich vor Ort um alles. Um solche Aktionen durchführen zu können, bleibt das Fairkaufhaus montags und dienstags geschlossen.
Wohnung wird besichtigt
„Die zu entrümpelnde Wohnung wird einmal besichtigt, damit wir einen Eindruck haben, wie groß der Arbeitsaufwand ist“, sagt Joachim Freitag. Je nachdem, wie viel zu tun ist, wird eine Pauschale festgelegt, die der Wohnungseigentümer zu entrichten hat. Dietmar Graf und Thomas Nübell entscheiden dann, welche Bilder, Garderoben oder Leuchten es in die Verkaufsräume des Fairkaufhauses schaffen. Das eine oder andere Haus mit messieähnlichen Zuständen sei schon auch dabei gewesen.
Auf einen Schatz von großem Wert sind die Mitarbeiter des Fairkaufhauses bei solchen Haushaltsauflösungen bislang noch nicht gestoßen. „Schmuckstücke oder wertvolle antike Stücke erkennen die Verwandten in der Regel selbst und überlassen sie nicht uns“, sagt Freitag. Trotzdem sei es natürlich immer wieder interessant zu sehen, wie Menschen gelebt haben und was sie hinterlassen.