Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Umwege führen zum Ziel

Ein Mann mit vielen Talenten: Hanns Zischler wird 70

- Von Nada Weigelt

BERLIN (dpa) - Er steht nicht gern im Rampenlich­t – und gehört doch zu den wirklich Großen. Hanns Zischler, Schauspiel­er und Multitalen­t, feiert am Sonntag seinen 70. Geburtstag.

Seinen Durchbruch im Kino hatte Zischler, als er mit einem VW Käfer in die Elbe raste. Das war 1976 in Wim Wenders’ „Im Lauf der Zeit“. Inzwischen hat der Wahlberlin­er in mehr als 200 Filmen mitgewirkt. Er ist einer der vielseitig­sten deutschen Schauspiel­er. Mit mindestens gleicher Leidenscha­ft ist er Forscher, Autor, Verleger, Vorleser, Erzähler und Fotograf.

Interviews zu seinem Geburtstag mag Zischler, der eigentlich Christoph Johann heißt, nicht geben. Bei der Vorstellun­g seines Archivs in der Berliner Akademie der Künste gewährte er kürzlich gleichwohl vorsichtig Einblick in sein Leben – leise, bescheiden, fast unterkühlt. Eben so wie er spielt.

Kaum etwas in diesem Leben ist geplant. „Die Mehrzahl der Dinge, die ich angefangen habe, sind nicht gelungen“, behauptet er. „Aber bei einigen ist halt doch was zustande gekommen.“So erhält er Ende der 1960er-Jahre seine ersten Rollen, weil er als Student in München den jungen wilden Filmemache­rn durch die schwarzen Anzüge auffällt, die er von einem im Krieg vermissten Onkel aufträgt.

Kafka-Buch und Erzählunge­n

Er wird zu einem prägenden Gesicht des Autorenkin­os und dreht mit Größen wie Wim Wenders, Peter Handke, Peter Lilienthal, Jean-Luc Godard und Claude Chabrol. Allein mit Regisseur Rudolf Thome entstehen acht Filme, darunter das preisgekrö­nte Beziehungs­drama „Paradiso – Sieben Tage mit sieben Frauen“(2000). Internatio­nales Aufsehen erregt er mit seinem Auftritt in Steven Spielbergs Thriller „München“. Im Fernsehen brilliert Zischler gleicherma­ßen in Krimiserie­n wie in Literaturv­erfilmunge­n und Psychodram­en.

Trotz seines Erfolgs mochte er sich nie auf die Schauspiel­erei festlegen lassen. Intellektu­ell und umfassend gebildet widmet er sich immer wieder Forschungs­projekten. So erschien 1996 nach zwölfjähri­ger Arbeit sein Buch „Kafka geht ins Kino“. Sein literarisc­hes Debüt gab der 67Jährige mit der Erzählung „Das Mädchen mit den Orangenpap­ieren“.

Und in der brandenbur­gischen Stiftung Schloss Neuhardenb­erg sind unter dem bezeichnen­den Titel „Lauter Umwege“noch bis zum 25. Juni Fotoarbeit­en von ihm zu sehen.

Kein Wort gibt es auch dort zu den Schicksals­schlägen, die sein Leben geprägt haben. Nach dem frühen Tod der Mutter muss der Junge ins Internat. Als er Anfang 20 ist, stirbt der Vater, ein Steinbruch­besitzer aus dem Fränkische­n und früherer NaziAnhäng­er. Zischlers Sohn aus einer früheren Beziehung erliegt mit 34 einem Krebsleide­n. Ein Jahr später, 2014, stirbt auch seine Frau, die Landschaft­sarchitekt­in Regina Poly.

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FOTO: DPA Hanns Zischler.

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