Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Friedlicher Protest gegen G20-Gipfel in Hamburg
Erdogans Personenschützer in Hansestadt unerwünscht
HAMBURG (dpa) - Knapp zwei Wochen vor dem G20-Gipfel in Hamburg haben mehr als 1100 Kritiker friedlich gegen das Treffen der Staats- und Regierungschefs demonstriert. Rund 430 Menschen protestierten am Samstagabend unter dem Motto „GeSa to Hell“im Stadtteil Harburg gegen die für den Gipfel eingerichtete Gefangenensammelstelle (GeSa). Die Polizei war mit mehreren Hundert Beamten im Einsatz. Viele Teilnehmer kritisierten das massive Polizeiaufgebot als „völlig unverhältnismäßig“. Mit Plakaten, auf denen etwa „Freiheit stirbt mit Sicherheit“und „Solidarität mit allen Squats“stand, taten sie ihren Unmut über das Treffen Anfang Juli in der Hansestadt kund.
Ein Sprecher der „Libertären Harburgs“kritisierte die Ernennung von Hartmut Dudde zum G20-Einsatzleiter. Dem Polizeidirektor wird ein hartes Vorgehen gegen Demonstranten vorgeworfen. Die Gefangenensammelstelle bietet Platz für bis zu 400 Festgenommene. Die Umbaukosten des zuletzt als Erstaufnahmestelle für Geflüchtete genutzten ehemaligen Lebensmittelmarktes belaufen sich auf rund drei Millionen Euro.
Bereits am Samstagnachmittag demonstrierten nach Polizeiangaben etwa 720 Menschen für eine Änderung der Flüchtlingspolitik weltweit. Unter dem Motto „Wir sind hier“forderten die Teilnehmer soziale Rechte für alle – und wollten ein Zeichen gegen den G20-Gipfel setzen. Die Teilnehmer warfen den Wirtschaftsmächten der G20 vor, die Gründe für Flucht und Migration zu befördern: „Sie verursachen Kriege, sie beuten unsere Länder aus.“
Nach den Ausschreitungen von Sicherheitskräften des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegen Demonstranten in Washington will die Bundesregierung ähnliche Gewaltszenen beim G20-Gipfel verhindern. Einem Bericht der „Welt am Sonntag“zufolge soll die türkische Botschaft dem Auswärtigen Amt eine Liste mit rund 50 Personen übermittelt haben, die Erdogan nach Hamburg begleiten sollen. Darunter seien mehrere Sicherheitskräfte, gegen die US-Behörden nach den Gewaltszenen von Washington Haftbefehle erlassen haben. Das Auswärtige Amt machte der Türkei deutlich, dass diese nicht nach Deutschland kommen sollten.
Das Blatt beruft sich auf „Vorgänge“, die „Regierungsvertreter dem Vernehmen nach … in einer internen Sitzung im Bundestag“geschildert haben sollen. Das Auswärtige Amt wollte sich nicht zu dem Bericht äußern. Nach dem gewaltsamen Vorgehen vor der türkischen Botschaft in Washington im Mai haben die USBehörden Haftbefehle gegen zwölf Personenschützer Erdogans erlassen. Erdogan hatte dies scharf kritisiert und amerikanischen Sicherheitskräften vorgeworfen, ihn nicht beschützt zu haben. Bei den Attacken gegen Anti-Erdogan-Demonstranten waren mehrere Menschen verletzt worden.