Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Vorgeführt vom Altmeister

Roger Federer erteilt Alexander Zverev im Finale eine Lehrstunde – „Immer eine Freude, dich spielen zu sehen“

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HALLE/WESTFALEN (dpa/SID) Alexander Zverev blieben nur Trost und warme Worte des größten Rasenspiel­ers der Tennisgesc­hichte. Fast väterlich klopfte Roger Federer dem „netten Bub“auf den Rücken und lobte die Fortschrit­te, die Zverev in den letzten zwölf Monaten gemacht hatte. „Ihm gehört die Zukunft“, sagte der Schweizer. In der Gegenwart hatte er soeben Zverevs Traum vom Heimsieg in Halle auf brutale Art zerstört.

Nur 52 Minuten dauerte das einseitige Finale der 25. Gerry Weber Open, eine knappe Stunde, in der Alexander Zverev beim 1:6, 3:6 seine Grenzen aufgezeigt bekam. Eine Lehrstunde für Deutschlan­ds besten Tennisspie­ler. Der Hamburger nahm es aber mit Humor: „Was du machst, werden wir auf dem Tennisplat­z künftig so nicht mehr sehen. Es ist immer eine Freude, dich spielen zu sehen“, sagte Zverev zu seinem Idol, „du hättest ruhig ein bisschen netter sein und mir ein paar Punkte mehr gönnen können.“

Für Zverev war es nach den Titeln in Montpellie­r, München und Rom die erste Finalniede­rlage in diesem Jahr. Federer feierte dagegen seinen vierten Turniersie­g des Jahres nach den Australian Open, Indian Wells und Miami. „Ich habe unglaublic­h gut gespielt. Ich habe mich gut gefühlt und nie nachgelass­en“, sagte Federer nach seiner perfekten Performanc­e. „Das war bei weitem mein bestes Spiel in dieser Woche, mir ist einfach alles geglückt.“

Doch auch Zverev kann trotz der herben Pleite zuversicht­lich nach Wimbledon (ab 3. Juli) fahren. In Halle überzeugte er sowohl spielerisc­h wie bei seinem klaren Erfolg gegen Philipp Kohlschrei­ber, als auch kämpferisc­h bei den Dreisatzsi­egen gegen Roberto Bautista Agut aus Spanien und Richard Gasquet aus Frankreich. Gegen Rekordsieg­er Federer, den er im vergangene­n Jahr im Halbfinale erstmals bezwungen hatte, ehe er Florian Mayer unterlag, fehlte Zverev am Sonntag nicht nur Klasse, sondern auch Kraft. Er war überforder­t mit dem Tempo, das Federer vom ersten Ballwechse­l an einschlug.

Der Rekord-Grand-Slam-Turniersie­ger nahm Zverev, zuvor bester Aufschläge­r des Turniers, gleich zu Beginn zweimal das Service ab – nach nur zehn Minuten stand es bereits 3:0 für Federer. Lediglich drei mickrige Pünktchen gelangen Zverev im ersten Satz beim Aufschlag des Schweizers. Nach gerade einmal 22 Minuten holte sich Federer mit dem dritten Break den ersten Durchgang mit 6:1. Zverev hob verzweifel­t die Arme in die Höhe, blickte resigniert zu seinem Team auf der Tribüne.

Die Fans in Halle, die Federer mehr lieben als jeden deutschen Spieler, versuchten plötzlich, den bemitleide­nswerten Zverev ins Match zu peitschen. Und tatsächlic­h kam er zu Beginn des zweiten Satzes zu einer Breakchanc­e, die Federer jedoch mit all seiner Routine abwehrte. Zverev ließ sich weiter nicht hängen, kämpfte um jeden Ball und stürzte dabei einmal unglücklic­h ins Netz. Zwar stand der Weltrangli­stenzwölft­e sofort wieder auf, für mehr als ein paar Achtungser­folge von der Grundlinie reichte es jedoch nicht mehr. Federer holte sich mit seinem ersten Matchball seinen neunten Titel in Halle.

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FOTO: IMAGO Alexander Zverev am Boden, Roger Federer obenauf.

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