Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Das Selbstbewusstsein steigt
DFB-Elf beschert Löw mit dem 3:1 über Kamerun den 100. Sieg und zieht ins Halbfinale ein
SOTSCHI (dpa/SID/sz) - Der Bundestrainer ballte kurz die Faust, dann eilte er zu Timo Werner und tätschelte ihm beinahe väterlich die Wange, ehe er auch alle anderen seiner Spieler abklatschte. Werner hat Joachim Löw mit seinen zwei Toren (66., 81.) beim 3:1 (0:0) gegen Kamerun – den Treffer zum 1:0 hatte Hoffenheims Kerem Demirbay erzielt – maßgeblich zu seinem Jubiläumssieg im Jubiläumsspiel verholfen. Der Sieg im letzten Gruppenspiel des Confed Cups gegen Kamerun war der 100. im 150. Länderspiel des Bundestrainers. Die vom Bundestrainer gerne „Perspektivteam“bezeichnete junge Truppe zog am Sonntag nach einer recht mühsamen Anfangsphase souverän ins Halbfinale des Turniers ein.
„Hochachtung und Respekt vor der jungen Mannschaft. Dass wir das Halbfinale erreicht haben, ist etwas Außergewöhnliches“, sagte Löw im ZDF, „100 Siege sind schön und auch das 150. Länderspiel. Das spricht für eine lange Zeit mit vielen schönen Momenten, aber auch einigen Tränen. Das habe ich auch den Spielern zu verdanken, ihnen gebührt mein Dank.“
Für Tränen gab es in Russland bisher keinen Anlass. Die Aussicht auf das Duell mit Mexiko am Donnerstag (20 Uhr/ARD) kann Löws Mannschaft, sollte sie ihre Form wahren, nicht schrecken. „Wir sind eine richtig gute Mannschaft. Wir haben richtig viel drauf und werden immer besser“, sagte der gebürtige Stuttgarter Werner, der gegen den Afrikameister seine ersten Länderspieltore erzielte. Und fügte selbstbewusst hinzu: „Wir wollten diesen Gruppensieg – und jetzt wollen wir auch das Finale!“
Mit dem Halbfinaleinzug ist das Experiment des Bundestrainers, ohne fast alle Weltmeister in Russland anzutreten, aber bereits aufgegangen. Der Titelgewinn, von dem sicher nicht nur Werner träumt, ist absolut möglich, zumal Mitfavorit Chile beim 1:1 gegen Australien Schwächen offenbarte. Die Mexikaner, die am Samstag Russland aus dem Turnier kegelten und sich bisher als Comeback-Könige des Confed Cups hervorgetan haben – viermal lagen sie zurück, nie verloren sie –, bezeichnete Löw als „eine Mannschaft, die wir nicht ständig haben. Sie spielen eine andere Art von Fußball. Das ist vielleicht ein guter Test.“
Die deutsche Mannschaft ersparte sich durch den Gruppensieg zudem eine kraftraubende Reise nach Kasan und ein verfrühtes Spiel gegen Portugal. Der Europameister tritt am Mittwoch gegen Chile an und könnte der Gegner im Finale am Sonntag sein. „Ein Endspiel gegen Portugal – das wollte ich schon bei der EM gerne haben“, witzelte Löw. Kapitän Julian Draxler, der das 1:0 wunderbar mit einem Hackentrick vorbereitet hatte, sagte: „Es ist ein Vorteil, in Sotschi bleiben zu dürfen.“
Der sehr schwache Beginn gegen Kamerun war nach einer deutlich besseren zweiten Halbzeit vergessen. „So etwas muss man einer solch jungen Mannschaft zugestehen“, sagte Löw. Ein Traumtor von Kerem Demirbay mit einem satten 16-Meter-Schuss in den Winkel nach Draxlers Traumpass (48.) leitete den Sieg ein und weckte die lange lethargischen Teamkollegen. „Die Führung war die Erlösung für unser Spiel. Ich bin sehr glücklich“, sagte Demirbay, der bis zu seinem Tor noch unglücklich agiert und oftmals wie ein Fremdkörper gewirkt hatte. Werner, ebenfalls neu im Team, legte nach, für Kamerun traf Benjamin Moukandjo (78.).