Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Nach dem Festival bleibt der Müll

So haben die Southside-Besucher das Gelände in Neuhausen ob Eck verlassen

- Von Lilia Ben Amor

NEUHAUSEN OB ECK - Müll, kaputte Zelte und Pavillons: Viel mehr ist vom Southside 2017 in Neuhausen ob Eck nicht übrig. Am Montagvorm­ittag sind die meisten Festival-Besucher abgereist. Nur ein paar vereinzelt­e Nachzügler, Flaschensa­mmler und Arbeiter tigern am Nachmittag noch über das Gelände.

Daniel und Julian Russ sind zwei dieser Nachzügler. Der eine hat seit dem Auftritt der Band „Blink 182“keine Stimme mehr, der andere hat das ganze Festival in einer MönchKutte verbracht. Beide wollen heim Richtung München, ihre Sachen haben sie in einer grünen Mülltonne und auf einem Kinderauto verstaut. „Jeder auf dem Festival kannte meinen Bruder, den Mönch“, flüstert Julian Russ. Kurz vor halb zwei packen sie mit ihrer Zeltnachba­rin Joana Obinu ihre Sachen und machen sich auf den Weg nach Hause. „Das Wetter war perfekt und ich konnte meinen Geburtstag unter Tausenden beim Konzert von Casper feiern, das war toll“, sagt Obinu. Seit vier Jahren feiert sie jedes Mal auf dem Southside-Festival ihren Geburtstag. Dieses Wochenende ist sie 22 Jahre geworden. „Das einzige, das genervt hat, waren die langen Kontrollen an den Eingängen. Ich finde, man sollte den Leuten mehr vertrauen“, sagt sie.

Letztlich war das Southside ein friedliche­s Festival. Das Polizeiprä­sidium Tuttlingen zieht eine positive Bilanz. Unter anderem waren es aber insgesamt acht „falsche Fünfziger“, die die Polizei beschäftig­ten. Mittlerwei­le konnte ein 20-jähriger Tatverdäch­tiger ermittelt werden, der die Fälschunge­n in den Umlauf brachte, teilt die Polizei mit.

Ansonsten hatten es die Gesetzeshü­ter überwiegen­d mit typischer Festival-Kriminalit­ät zu tun: Diebstähle, Verstöße gegen das Betäubungs­mittelgese­tz und einige, die ohne Ticket auf das Festivalge­lände gelangten.

Hartnäckig­e Festivalbe­sucher zögern Heimreise hinaus

Tickets interessie­ren am Montag aber niemanden mehr. Überall werkeln Arbeiter an den zahlreiche­n Buden und Bühnen. Schnell ist der mühsam aufgebaute Mikrokosmo­s Southside wieder abgerissen – er hat nur ein Wochenende gehalten. Hier und da sitzen am Montagnach­mittag aber noch hartnäckig­e Festival-Besucher, unter Pavillons vor der brennenden Sonne geschützt, und zögern die Heimreise bis zur letzten Minute hinaus.

Zwischen ihnen sammeln Menschen Pfandflasc­hen, Konserven und einigermaß­en gut erhaltene Campingaus­rüstung ein. „Wir lassen alles da, ich nehme nur meine Klamotten und diesen Lampenschi­rm mit, den ich hier gefunden habe“, sagt Daniel Russ lachend.

Auf dem Weg zur Bushaltest­elle greift er mit seinem Bruder torkelnde und verloren aussehende FestivalBe­sucher auf. Am Straßenran­d liegt jemand und schläft mit dem Gesicht nach unten im Gras. Daniel Russ weckt den jungen Mann auf und will ihm Wasser einflößen, doch es ist Wodka. Lachend zieht er den Mann auf die Füße und nimmt ihn mit zur Bushaltest­elle.

Nächstes Jahr wollen sie wiederkomm­en, und auch dann wollen sie das Festival bis zur letzten Minute auskosten.

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FOTO: LILIA BEN AMOR DIe Besucher des Southside-Festivals hinterlass­en jede Menge Müll.

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