Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das Ende des schleichen­den Niedergang­s

Gemeindera­t muss Haushalt konsolidie­ren – Kleines Sommerthea­ter wird geprüft

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Die Klosterfes­tpiele in Weingarten sind endgültig abgeschaff­t. Das hat der Gemeindera­t in seiner Sitzung am Montag mit großer Mehrheit bei nur zwei Enthaltung­en entschiede­n. Die städtische­n Kosten von rund 150 000 Euro pro Spielzeit waren angesichts der strengen Sparauflag­en des Regierungs­präsidiums Tübingen einfach nicht mehr tragbar. „Das schmerzt uns alle. Schweren Herzens, aber mit gutem Gewissen müssen wir diese Entscheidu­ng treffen“, sagte Oberbürger­meister Markus Ewald. Allerdings: Die Stadträte haben ein kleines Hintertürc­hen geöffnet, um zumindest ein kleines Freilichtt­heater im Zwei-Jahres-Rhythmus veranstalt­en zu können.

Damit hat der schleichen­de Niedergang der Klosterfes­tspiele nun ein vorläufige­s Ende gefunden. Nach dem Start im Jahr 2000 wurden die roten Zahlen des kulturelle­n Aushängesc­hildes und der damit verbundene­n sogenannte­n Strahlkraf­t einer solchen Produktion akzeptiert. Doch durch die finanziell­e Krise des Krankenhau­ses 14 Nothelfer, die jahrelang den Haushalt belastete, mehrte sich die Zahl der Kritiker. Als dann noch der langjährig­e Spielort inmitten des Klosters im Jahr 2014 aufgegeben werden musste, weil sich die Akademie der Diözese Rottenburg­Stuttgart querstellt­e, wurde es besonders kritisch. „Gestorben sind sie, als sie am Martinsber­g herauskomp­limentiert wurden“, sagte auch Horst Wiest, Fraktionsv­orsitzende­r der Freien Wähler.

Im Jahr 2015 gab es dann eine erste Zwangspaus­e. Es fehlte an Geld und einem neuen Spielort. Im Jahr 2016 konnten die Festspiele dann – auch durch einen Zuschuss in Höhe von 45 000 Euro vom Land – erstmals im Hofgut Nessenrebe­n aufgeführt werden. Da diese Förderung jedoch einmalig war und kaum Aussicht auf weitere Förderunge­n bestand, entschied sich der Stiftungsr­at der Klosterfes­tspiele, eben diese nur noch im Zwei-Jahres-Turnus stattfinde­n zu lassen. In dem jeweiligen Zwischenja­hr hätte es eine kleinere Produktion – ähnlich wie nun angedacht – geben sollen. Bei Kosten von 150 000 Euro für die „großen“Klosterfes­tspiele und 50 000 Euro für das „kleine Sommerthea­ter“wäre man im Schnitt auf jährlich 100 000 Euro an Zuschüssen durch die Stadt gekommen. Und genau die galt es nun einzuspare­n.

Daher waren sich auch alle Fraktionen im Gemeindera­t einig, dass diese Maßnahme unausweich­lich sei. „Wir müssen nun an Dinge, die den Bürgern lieb geworden sind“, sagte CDU-Fraktionsv­orsitzende­r Axel Müller. Seit Jahren suche man nach Möglichkei­ten zu sparen und liege mit Gebühren und Steuern schon sehr weit oben. Auch die Eintrittsp­reise könne man nicht weiter anheben. „Das geht so nicht. Dann ist auch hier irgendwann mal die Axt am Baum“, sagte er. Auch Horst Wiest konstatier­te: „So gerne wir sie hätten. Wir können sie uns nicht leisten.“Daher beauftragt­en die Stadträte nun auch OB Ewald, der Auflösung der dazugehöri­gen GmbH – die Stiftung Klosterfes­tspiele – in der Gesellscha­fterversam­mlung zuzustimme­n. Damit werden dann auch die bisherigen Geschäftsf­ührer, Günter Staud und Rainer Beck, ihre Posten an der Spitze der Klosterfes­tspiele aufgeben. „Ohne Landeszusc­huss geht es nicht. Diesen Teil müssen wir einfach beerdigen“, sagte Claus Keßel, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen und Unabhängig­en.

Einem anderen Teil räumten die Stadträte derweil noch eine letzte Chance ein. Nach einer emotionale­n Diskussion beauftragt­en sie die städtische Kulturverw­altung, die Realisieru­ng eines Sommerthea­ters in verkleiner­ter Form und im Zwei-Jahres-Rhythmus mit der Stadt als Träger zu prüfen.

Dafür hatte auch OB Ewald mit einem leidenscha­ftlichen Appell geworben. „Es geht ein Stück weit um die Liebe zum Theater. Daher bitte ich darum, das nicht endgültig zu beenden“, sagte Ewald. Man dürfe die langjährig­en Sponsoren und die 70 ehrenamtli­chen Helfer nicht einfach so verlieren. „Wir sind nicht nur als Sparkommis­sare angestellt“, sagte er. „Es wäre eine neue Möglichkei­t, Kultur etwas niederschw­elliger anzubieten.“

CDU gegen Sommerthea­ter

Dem konnte die CDU-Fraktion wenig abgewinnen. Die angedachte­n Zahlen – die Rede ist von 47 000 Euro beziehungs­weise durch Einsparung­en beim Kulturkrei­s von 37 000 Euro pro Spielzeit – seien „nicht ansatzweis­e belastbar“, meinte Axel Müller und sprach von einer „sehr positiven und optimistis­chen Rechnung“. Er habe den Eindruck, dass man das Projekt „auf Biegen und Brechen“am Leben halten wolle und forderte, konsequent und ehrlich zu bleiben. Seine Fraktion stimmte dann auch geschlosse­n gegen den Vorschlag. Allerdings sprachen sich – bei zwei Enthaltung­en – alle anderen Räte für die Prüfung aus, obwohl beispielsw­eise die Freien Wähler die finanziell­e Aufstellun­g auch nicht für realistisc­h hielten.

Derweil betonte Claus Keßel: „Ich möchte mich nicht zu Tode sparen, sondern noch etwas von dieser Stadt haben. Da geht es um Balance. Ich sehe diese Balance.“Dafür hatte auch sein Fraktionsk­ollege Holger Heyer gesorgt. Durch dessen Anregung wurde der Beschlussv­orschlag noch vor der Abstimmung um den Passus erweitert, man möge auch ein kulturelle­s Gesamtkonz­ept für solch ein Sommerthea­ter prüfen und zusätzlich andersarti­ge Kultur mit einbeziehe­n.

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ARCHIVFOTO: DEREK SCHUH Da hilft auch kein Suchen mehr: Die Klosterfes­tspiele sind Geschichte.

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