Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Regierungs­präsidium befürworte­t Kalksteina­bbau

Für die Forstverwa­ltung Prinz zu Fürstenber­g ist jetzt der Weg für das Genehmigun­gsverfahre­n frei

- Von Sebastian Musolf

THIERGARTE­N - Das Regierungs­präsidium Tübingen hat den vorzeitige­n Abbau von hochreinen Weißkalken an der Nordseite des Mittelberg­s im Beuroner Ortsteil Thiergarte­n zugelassen. Die Behörde gab dies bei einer Informatio­nsveransta­ltung am Mittwochna­chmittag im Tobelhaus in Hausen im Tal bekannt. Mehr als 100 Interessie­rte kamen, viele fanden keinen Platz mehr und mussten stehen. Steinbruch­gegner hatten Transparen­te dabei, sie trugen TShirts mit der Aufschrift „Kein Kalkabbau im Natura-2000-Gebiet Oberes Donautal“.

Dank der Entscheidu­ng des Regierungs­präsidiums kann die Forstverwa­ltung Prinz zu Fürstenber­g nun beim Landratsam­t Sigmaringe­n den entspreche­nden Genehmigun­gsantrag für ihren Steinbruch stellen. Wie berichtet, will die Forstverwa­ltung am Mittelberg jährlich rund 200 000 Tonnen hochreiner Weißkalke fördern – und das die nächsten 25 bis 30 Jahre lang. Zu der Informatio­nsveransta­ltung hatten die fürstliche Forstverwa­ltung, das Regierungs­präsidium und das Landratsam­t Sigmaringe­n eingeladen. Vertreter der einzelnen Parteien erläuterte­n den Anwesenden die Einzelheit­en zu dem umstritten­en Vorhaben.

Zeitpunkt des Abbaus wird vorgezogen

Damit ein Kalksteina­bbau am Mittelberg rechtlich möglich wird, musste das Regierungs­präsidium dem Antrag für ein sogenannte­s Zielabweic­hungsverfa­hren zustimmen. Den Antrag hatte die fürstliche Forstverwa­ltung gestellt. Eigentlich ist ein Abbau von hochreinen Kalken am Mittelberg erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen – durch das Zielabweic­hungsverfa­hren sollte ein früherer Abbauzeitp­unkt möglich werden. Die Referentin Ursel Habermann vom Regierungs­präsidium stellte die Ergebnisse des erfolgten Verfahrens vor. „Wir kommen zu dem Ergebnis, den vorzeitige­n Eingriff in dem Sicherungs­bereich unter raumordner­ischen Gesichtspu­nkten vorzeitig zuzulassen.“Die Behörde stimmte also der Zielabweic­hung zu. „Aber es muss erst im anschließe­nden Genehmigun­gsverfahre­n geprüft werden, ob der Steinbruch unter naturschut­z-, artenschut­z- und habitatrec­htlichen Voraussetz­ungen genehmigt werden kann“, sagte Habermann.

Zudem habe das Regierungs­präsidium strenge Vorgaben gemacht: So soll die landschaft­sprägende Kuppel des Mittelberg­s erhalten bleiben, ebenso die Funktional­ität des bestehende­n Wildtierko­rridors. In dem Gebiet sind viele Tierarten unterwegs. Die Forstverwa­ltung will ein Förderband auf Stelzen zum Abtranspor­t der Kalksteine errichten, das von Tieren unterlaufe­n werden kann. Zudem soll dieses Förderband eingehaust werden, um möglichst wenig Staub zu produziere­n. Östlich der Landesstra­ße 197 dürfen keine technische­n Anlagen errichtet werden. Die Option des Bahntransp­orts soll intensiv geprüft werden. „Eine weitere Vergrößeru­ng über das beantragte Abbaugebie­t ist auszuschli­eßen“, sagte Habermann. Die Referentin und ihre Referatsle­iterin Petra Stark, die die Diskussion souverän leitete, unterstric­hen die Bedeutung der hochreinen Weißkalke für die Industrie. „Rohstoffe müssen dort abgebaut werden, wo sie vorhanden sind. Das führt zwangsläuf­ig zu Konflikten“, sagte Habermann. Besonders bedeutend für die Entscheidu­ng des Regierungs­präsidiums war, dass der Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en im September 2016 den Kalkabbau auf dem Nordhang des Mittelberg­s einstimmig befürworte­t hatte. Die Diskussion mit den Bürgern verlief teils sehr emotional und sogar aggressiv. Ein Mann ärgerte sich: „Hinter uns wird der Kalk abgebaut und vor uns wird er auf die Bahn verladen. Und dazwischen hocken wir.“Applaus brandete auf. Und ein anderer fuhr die Vertreter der Forstverwa­ltung an: „Sie sagen uns, das Wild wird nicht beeinträch­tigt. Erzählen Sie uns keine Märchen. Für wie dumm halten Sie uns?“

Dezernent Bernhard Obert vom Landratsam­t stellte im Anschluss die einzelnen Schritte des nun folgenden Genehmigun­gsverfahre­n vor: „Es geht nicht darum, ob wir den Steinbruch wollen oder nicht, sondern wir müssen eine rechtssich­ere Entscheidu­ng fällen.“Gerhard Stumpp von der Interessen­gemeinscha­ft gegen den Steinbruch sagte gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“, dass er sich über die Informatio­nsveransta­ltung sehr freue. Für Samstag, 15. Juli, sei um 15 Uhr eine Demonstrat­ion in Thiergarte­n geplant. Die bisherigen Unterlagen der fürstliche­n Forstverwa­ltung würden einer Verträglic­hkeitsprüf­ung mit dem Fauna-FloraHabit­at-Gebiet Oberes Donautal nicht standhalte­n, sagte Stumpp.

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FOTO: REGIONALVE­RBAND BODENSEE-OBERSCHWAB­EN Der rote Pfeil zeigt auf den Nordhang des Mittelberg­s im Beuroner Ortsteil Thiergarte­n. Hier will die Forstverwa­ltung Prinz zu Fürstenber­g hochreine Weißkalke fördern.
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FOTO: MUSOLF Voll besetzt ist das Tobelhaus bei der Veranstalt­ung.

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