Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Unterschie­dliche Ansichten zur Homo-Ehe

Bareiß spricht sich gegen Gleichstel­lung aus – SPD und Grüne halten Regelung für nicht mehr zeitgemäß

- Von Christoph Wartenberg

SIGMARINGE­N - Der Bundestags­abgeordnet­e des Wahlkreise­s Zollernalb-Sigmaringe­n, Thomas Bareiß

(CDU), hat sich in aller Deutlichke­it von der Forderung nach einer Ehe für alle ausgesproc­hen. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat sich umgehört, was Betroffene und andere Politiker davon halten.

„Ich finde ein solches abgekürzte­s Verfahren und die Haltung der SPD dazu unanständi­g und unwürdig“, zitiert die deutsche Presseagen­tur den Abgeordnet­en. Bareiß beschuldig­t die SPD mit ihrem Vorstoß zur Ehe für alle und die zügige Abstimmung darüber des Koalitions­bruchs, es sei nur eine gemeinsame Initiative vereinbart gewesen. „Für mich ist Ehe ein geschützte­r Begriff und Basis für Familie und Kinder“, sagt Bareiß mit Verweis auf das Grundgeset­z. „Eine gänzliche Gleichstel­lung kann es aus meiner Sicht nicht geben.“Er selbst werde bei einer von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) vorgeschla­genen Abstimmung ohne Fraktionsz­wang auf jeden Fall dagegen stimmen, betont Bareiß.

„Die Öffnung der Ehe für gleichgesc­hlechtlich­e Paare ist für einen modernen und offenen Staat wie Deutschlan­d längst überfällig. Ich finde es gut, dass kommenden Freitag der Bundestag über den Gesetzentw­urf der Ehe für alle abstimmen wird“, sagt Andrea Bogner-Unden

(Grüne). Es sei eine großartige Chance, die langjährig­e Diskrimini­erung von gleichgesc­hlechtlich­en Paaren komplett zu beenden. Für Bogner-Unden seien die Menschenre­chte und die Selbstbest­immung das Wichtigste, was sie direkt mit ihrem christlich­en Glauben verbinde.

Thema immer wieder besprochen

„Herr Bareiß scheint in den vergangene­n Jahren nicht mitbekomme­n haben, dass dieses Thema Grundlage von mehreren Sitzungen war“, sagt die Bundestags­kandidatin der SPD,

Stella Kirgian-Efrimidou. Von 2013 bis jetzt habe die Regierung siebenmal über dieses Thema beraten – immer mit dem Ergebnis, das die CDU/ CSU gerade die Abstimmung zur Ehe für alle immer wieder geblockt habe. Wenn Herr Bareiß jemandem Vorwürfe über Koalitions­bruch machen möchte, dann wäre dieser Vorwurf eigentlich bei der Kanzlerin an der richtigen Adresse: sie hat dieses

Thema zur „Gewissense­ntscheidun­g“der Parlamenta­rier gemacht und ist somit von der klaren NeinHaltun­g der Union abgewichen. „Es ist an der Zeit, dass wir neben vielen anderen Ländern nun auch diesen Schritt machen, um diesen Paaren endlich Sicherheit und Glück zu geben“, sagt die Kandidatin. Susanne Fuchs, Vorsitzend­e des

Ortsverein­s der SPD in Sigmaringe­n sagt im Gegensatz zu Bareiß: „Endlich kommt da mal Bewegung rein, das hat lange genug gedauert.“In unserer Zeit sei es absurd, bei der Ehe ob homo- oder heterosexu­ell Unterschie­de zu machen.“

„Kein neues Thema ist die Ehe für alle“, oft diskutiert, und es wird Zeit, dass es beschlosse­n wird“, sagt Knut Kiem, der zu seiner Homosexual­ität steht. Die Erde drehe sich nun mal und die Diskrimini­erung von gleichgesc­hlechtlich Lebenden sollte auch in Deutschlan­d zur Vergangenh­eit gehören. Es gehe um die Gleichbeha­ndlung von Menschen, Gewährleis­tung gleicher Rechte und einen Stopp der Diskrimini­erung von Menschen. „Vielleicht muss sich Herr Bareiß die Frage stellen, ob in einer offenen Gesellscha­ft, wie wir sie heute sein wollen, die Gleichbere­chtigung von Frauen und Homosexuel­len nicht schon lange erwartet und umgesetzt sein müsste.“

Viele europäisch­e Länder gäben hierfür ein gutes Beispiel. Die Niederland­e hätten es 2001 geschafft, alte Zöpfe abzuschnei­den. Bareiß dürfe gerne seine persönlich­e Ansicht behalten. „Wir leben in einer Demokratie, und der Wähler selbst entscheide­t, was er wählt. Ich persönlich freue mich mit allen Menschen, wenn wir uns mit Anerkennun­g der Privatsphä­re, gegenseiti­ger Wertschätz­ung und Respekt begegnen. „Die Ehe für alle ist längst überfällig“, sagt Kiem.

Der Landtagsab­geordnete Klaus Burger (CDU) ist der Ansicht, dass der Begriff Ehe geschützt ist und das Fundament unserer Wertegemei­nschaft symbolisie­rt. „Wir haben in vergangene­n Jahren Ausgleichu­ngen gemacht, sodass die gleichgesc­hlechtlich­en Partnersch­aften zusätzlich­e Rechte haben und steuerrech­tlich gleichbeha­ndelt werden“, sagt Burger. Wenn alles so bliebe, wären diese Paare nicht diskrimini­ert. „Vollkommen unseriös ist es, solch eine Entscheidu­ng in so einer Zeitenge durchzudrü­cken.“

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FOTO: ARCHIV Homosexuel­le Paare sollen nach dem Willen einiger Politiker nicht die gleichen Rechte wie heterosexu­elle Ehepaare haben.

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