Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ulmer Sensoren für sichere Flughäfen
Das junge Rüstungsunternehmen Hensoldt will auch den zivilen Markt erobern
BERLIN - Das junge Rüstungsunternehmen Hensoldt will auch den zivilen Markt erobern. Mit Zukäufen und neuen Geschäftsfeldern soll sich der Umsatz innerhalb von fünf Jahren auf zwei Milliarden Euro verdoppeln.
Noch ist der Name Hensoldt auch in Wirtschaftskreisen den wenigsten bekannt. Denn erst seit rund einem Jahr firmiert das einst zum AirbusKonzern gehörende Unternehmen unter diesem Namen. Damit knüpft der Mittelständler mit 4000 Beschäftigten an die Innovationsfreude des Optikexperten Moritz Carl Hensoldt an, der Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Periskope für die U-BootFlotte entwickelte. Auch heute gehören Periskope zu den Produkten, die das Unternehmen mit Sensoren ausstattet. „Wir sind ein Sensorhaus“, erläutert Hensoldt-Chef Thomas Müller das Kerngeschäft, „wir sind die Nase, die Augen und die Ohren.“
Eine Milliarde Euro Umsatz
Bislang arbeitet die in Taufkirchen ansässige Gesellschaft vor allem für das Militär. 95 Prozent des Umsatzes von derzeit einer Milliarde Euro stammen aus dem Geschäft mit Radaranlagen, Grenzsicherungssystemen oder Drohnen. Mit der Technik aus dem Ländle werden auch die neuen Bundeswehrdrohnen ausgestattet sein. Hensoldt ist nach eigenen Angaben das drittgrößte Rüstungsunternehmen Deutschlands. Und Müller hat sich für die kommenden Jahre noch viel vorgenommen.
„Wir werden mit dem neuen Finanzinvestoren ein Unternehmen schaffen, das in den nächsten fünf Jahren auf zwei Milliarden Euro Umsatz wachsen wird“, gibt Müller als Ziel an. Die Hälfte des Zuwachses soll aus einer Ausweitung des bestehenden Geschäftes kommen, die andere durch Zukäufe. Im Blick hat der Manager insbesondere zivile Einsatzmöglichkeiten der Aufklärungstechnik, die statt heute fünf Prozent bald mehr als ein Viertel zum Umsatz beitragen sollen.
Einsatzmöglichkeiten dafür gibt es reichlich. Die Sensoren helfen zum Beispiel auch bei der Sicherung von Flughäfen. So werden Hensoldts Radaranlagen Müller zufolge zum Beispiel auf den Flughäfen in Franktfurt, München und Hamburg eingesetzt. Auch ein zunehmend gefährliches Problem kann mit der Technologie aus Ulm gelöst werden. Immer häufiger kommt es zu Zwischenfällen rund um die Verkehrsflughäfen, weil unvorsichtig mit kleinen Drohnen, beispielsweise sogenannten Quadrokoptern, umgegangen wird. Den verbotenen Start eines Geräts kann Hensoldts Technik erkennen und umgehend eine eigene, schnelle Drohne losschicken, die den Quadrokopter abfängt, bevor das Risiko einen Zusammenstoßes mit einer Maschine entsteht. „Das wird zunehmend an Bedeutung gewinnen“, glaubt Müller.
Hinter dem Unternehmen steht mit der Beteiligungsgesellschaft „Kohlberg Kravis Roberts“(KKR) eine US-amerikanische Investorengesellschaft. Noch hält auch Airbus übergangsweise ein Viertel der Anteile. Und auch der Bund ist mit einer so genannten goldenen Aktie mit im Spiel, weil das Unternehmen für die Sicherheit der Bundesrepublik bedeutsam ist. Das Wirtschafts- und das Verteidigungsministerium haben je einen Abgesandten im Aufsichtsrat. In fünf Jahren will Müller Hensoldt reif für einen Börsengang machen. Dann kommen die Rechte einer goldenen Aktie zum Tragen. Große Aktienanteile wird niemand erwerben dürfen, der den Interessen der Bundesregierung zuwiderläuft.
Mit KKR steht ein überaus finanzstarker Investor hinter Hensoldt, der Übernahmen auch leicht finanzieren kann. Am Donnerstag hat das Unternehmen prompt eine weitere Firma einverleibt. Der in London residierende Schiffsradarhersteller Kelvin Hughes mit rund 200 Beschäftigten wird ab dem Herbst 2017 zu Hensoldt gehören, sofern alle notwendigen behördlichen Genehmigungen erteilt werden. Kelvin Hughes hat momentan 30 Marinen und Küstenwachen als Kunden und macht einen Jahresumsatz von umgerechnet 30 Millionen Euro.