Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Union betont Einigkeit
SPD kritisiert Wahlprogramm von CDU und CSU
BERLIN (dpa) - Mit demonstrativer Einigkeit und vielen Versprechen zu Verbesserungen in Deutschland wollen CDU-Chefin Angela Merkel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer die Bundestagswahl gewinnen. „Unser Zukunftsprojekt für Deutschland heißt: Wohlstand und Sicherheit für alle“, sagte die Kanzlerin in Berlin bei der Vorstellung des UnionsWahlprogramms. Sie versicherten, bei der Arbeit an den gemeinsamen Zielen für die kommende Legislaturperiode habe großes Vertrauen zueinander geherrscht.
Kritik am Unions-Wahlprogramm kam von Linken, FDP und SPD. Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte: „Das ist ein Minimalprogramm zur Konfliktvermeidung in der Union.“Merkel und Seehofer hätten ihre Konflikte aus taktischen Gründen zugekleistert und vertagt. Alle kritischen Punkte würden in den sogenannten „Bayernplan“der CSU gepackt.
BERLIN - „Eine runde Sache" nennt CSU-Chef Horst Seehofer das Wahlprogramm der Union. Und CDUChefin Angela Merkel gerät sogar ins Schwärmen. Es habe Spaß gemacht, „einfach mal ein bisschen zu träumen, was für die nächsten vier Jahre nötig ist“. Jetzt liegt ihr Traum schwarz auf weiß auf 74 Seiten vor. Er verspricht 15 000 Polizisten mehr für die innere Sicherheit, Steuererleichterungen von 15 Milliarden Euro, Vollbeschäftigung bis 2025 und 25 Euro mehr Kindergeld für alle.
Der einst große Streitpunkt Obergrenze für Flüchtlinge ist kein Thema mehr. Horst Seehofer will dazu schon gar nichts mehr sagen, schließlich sei man gemeinsam für eine Reduzierung und dafür, Flüchtlingszahlen auf niedrigem Niveau zu stabilisieren. „Der Herbst 2015 darf sich nicht wiederholen“, stellt am frühen Montagmorgen schon Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im ARD-Morgenmagazin klar, und Angela Merkel sagt ein paar Stunden später das Gleiche: „2015 soll sich nicht wiederholen.“Zur Sicherheit aber gibt es ja immer noch den Bayernplan. Der wird von Spöttern schon die „bad bank“der Union genannt, denn hier können schwer umsetzbare Vorhaben wie die Obergrenze für Flüchtlinge festgehalten werden. Seehofer versichert, im Bayernplan würden „mit bayerischer Sprache“alle Aussagen übernommen. Und die Obergrenze finde Eingang. Beim Soli-Abbau wollte die CSU einst forscher vorgehen als die CDU. Nun hat man sich geeinigt. „Aus Sicht der CSU erfreulich“, denn je nach Wirtschaftslage sei auch mehr Tempo möglich, so Seehofer. „Ab 2020 schrittweise schnellstmöglich abschaffen“steht im Wahlprogramm.
„Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“, heißt das Wahlprogramm, das die Union gleich „Regierungsprogramm“nennt. Angela Merkel erinnert noch einmal an die eigenen Verdienste ihrer Zeit. „2005 hätte man uns ausgelacht“, so Merkel, wenn man damals das Ziel Vollbeschäftigung ausgegeben hätte. Jetzt steht es im Programm.
Auch eine Art von Einwanderungsgesetz findet sich darin. „Fachkräftezuwanderungsgesetz“heißt es bei der Union. Mit dem will man der Wirtschaft entgegenkommen. Aber auch der mögliche nächste Koalitionspartner Christian Lindner (FDP) begrüßt den Schritt. „Die jahrelange Blockade der Union in dieser Frage hat Deutschland bereits ins Hintertreffen beim Werben um die klügsten Köpfer der Welt gebracht“, so Lindner.
Dass es beim Thema Digitalisierung bisher nicht schnell genug geht, weiß die Union selbst. Deshalb spricht sich Merkel jetzt für einen Staatsminister für Digitalisierung im Kanzleramt aus. Einen weiteren Schwerpunkt setzt das Programm auf die Familien. Nach dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz will die Union jetzt den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter festschreiben. Wohneigentum und Wohnen soll gefördert werden, die Union strebt den Bau von 1,5 Millionen neuer Wohnungen an. „Wohnungsbau ist der beste Mieterschutz“, sagt Merkel.
Nicht nur Merkel, auch Horst Seehofer lobt die vergangene Regierungszeit. „Das Land steht prächtig da.“Man habe seit 2013 alles erfüllt, und das werde auch bei der kommenden Bundestagswahl geschehen.
Die Wähler könnten gravierende Unterschiede zwischen den Lagern und Parteien erkennen, so Seehofer. Er sei „hochzufrieden mit dem, was wir entwickelt haben“. Nachlegen will die CSU trotzdem gewohnheitsgemäß Ende Juli mit ihrem eigenen Bayernplan.
Doch das soll die neue Harmonie nicht trüben. Er habe sich „auf jeden Termin gefreut", versichert Seehofer. Und fügt vorsichtshalber dazu, das sei jetzt „nicht ironisch gemeint“.