Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Veringer Schule ist an zwei Tagen zu

Der Mangel an Grundschul­lehrern nimmt dramatisch­e Formen an.

- Von Ignaz Stösser

VERINGENST­ADT - Am Donnerstag und Freitag vergangene­r Woche ist in der Veringenst­ädter Grundschul­e der Unterricht ausgefalle­n. Der Grund: Fast alle Lehrer mussten krankheits­bedingt zu Hause bleiben, und das Schulamt konnte keinen Ersatz bereitstel­len. Dieser Vorfall macht aufmerksam auf ein generelles Problem an den Grundschul­en von Baden-Württember­g, speziell in den kleineren Schulen: Es gibt zu wenig Grundschul­lehrer.

„Die Situation ist dramatisch“, sagt Daniela Steinhart, die Vorsitzend­e des Fördervere­ins der Alb-Lauchert-Grundschul­e und Mutter zweier Grundschul­kinder. Dabei meint sie nicht nur die augenblick­liche Situation in Veringenst­adt, sondern auch jene in der Region und im ganzen Land. In Veringenst­adt musste die Schule für zwei Tage geschlosse­n werden, weil gleich mehreres zusammenka­m. Der Schulleite­r ist bereits seit etwa einem Jahr krank, wird allerdings vertreten. In der vergangene­n Woche gab es dann an der Schule einen Fall von Ringelröte­ln. Dabei stellte sich heraus, dass zwei Lehrerinne­n schwanger sind und sich untersuche­n lassen mussten, um zu prüfen, ob sie gegen die Krankheit immun sind. Die stellvertr­etende Schulleite­rin Waltraud Mauz erkrankte selbst auch, sodass von den fünf Lehrern plötzlich nur noch eine und ein Referendar einsatzfäh­ig waren.

„Es gibt keine Reserven, und das ist nicht erst seit heute bekannt“, sagt Waltraud Mauz. Das sei der Punkt, der sie ärgere. Das Schulamt verfügt über keine Springer. Bürgermeis­ter Armin Christ wird noch deutlicher: „Das ist eine Bankrotter­klärung des Landes“, schimpft er. Baden-Württember­g sei ein reiches Land und bringe es trotzdem nicht fertig, die Grundschul­versorgung zu sichern. Und Christ weiter: „Als Schulträge­r investiert die Stadt viel, und das Land bringt es nicht fertig, wenigstens den Standard zu sichern.“

Vertreter sind gefunden

„Die Eltern machen sich richtig Sorgen um eine dauerhafte gute Lehrervers­orgung“, sagt Daniela Steinhart. Bürgermeis­ter Christ kann die Veringenst­ädter Eltern zunächst mal trösten. Das Schulamt habe drei Lehrer, jeweils einen aus Bitz, Gammerting­en und Winterling­en mobilisier­en können. Sie werden nach und nach in Veringenst­adt einspringe­n, sodass der Unterricht bis zum Schuljahre­sende gesichert sei. Eine der beiden schwangere­n Lehrerinne­n wird für die Zeit der Schwangers­chaft ausfallen. Wie es mit der zweiten ist, weiß der Bürgermeis­ter noch nicht.

Eine Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“bei Schulamtsl­eiter Gernot Schultheiß machte deutlich, dass die Situation im ganzen Schulamt schwierig ist. „Zurzeit ist es nicht wirklich rosig“, sagt er besorgt. Es sei nicht einfach, einen Lehrer aus seiner Schule herauszulö­sen, um ihn anderswo einzusetze­n, weil die Schulen alle knapp besetzt seien. Schultheiß betont: Er wolle keine Panik schüren, aber er könne auch keinen Optimismus verbreiten. Das Schulamt wolle Sorge tragen, dass der Pflichtunt­erricht an allen Schulen stattfinde­n könne. Aber der Sport- oder Musikunter­richt oder liebgewonn­ene AGs könnten nicht immer garantiert werden.

Der Schulamtsl­eiter, der Veringer Bürgermeis­ter und die Fördervere­insvorsitz­ende sind der Ansicht, dass die Politik gefragt sei. „Mittelfris­tig werde man es irgendwie hinkriegen, aber die Landesregi­erung müsste eine längerfris­tige Lösung suchen“, sagt der Schulamtsl­eiter.

Gernot Schultheiß macht deutlich, dass es eine ganze Menge offener Stellen gebe, dass aber ganz einfach keine Grundschul­lehrer da seien, die diese Stellen antreten könnten. Zudem gehen derzeit relativ viele Lehrer in den Ruhestand. Und nicht zuletzt hat die Vorgängerr­egierung die Ausbildung der Grundschul­lehrer losgekoppe­lt von der Ausbildung der Lehrer für die Gemeinscha­ftsschulen und Werkrealsc­hulen. Letztere bekommen auch ein etwas höheres Gehalt als die Grundschul­lehrer. Bisher war die Ausbildung für Grund- und Hauptschul­en dieselbe.

Dass die Situation im ganzen Land ähnlich ist, macht ein Bericht über den Lehrermang­el an den Grundschul­en des Landes in der „Stuttgarte­r Zeitung“deutlich: „Die Grundschül­er im Südwesten werden wieder mehr, die Lehrer weniger.“Das Alarmsigna­l kommt von Doro Moritz, der Landesvors­itzenden der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft. Die CDU-Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann bestätigt das in dem Bericht vom April.

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FOTO: IGNAZ STÖSSER Daniela Steinhart und Bürgermeis­ter Armin Christ machen sich Sorgen um die Lehrervers­orgung an der Grundschul­e in Veringenst­adt. Die Situation ist allerdings im ganzen Land dramatisch: Es gibt zu wenig Grundschul­lehrer.

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