Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Sogar ein echter Erzbischof ist zu sehen

Erstmals zeigt das Kloster Beuron seine Klausurräu­me – Prior: Zeichen der Öffnung

- Von Michael Hescheler

BEURON - Großer Andrang beim ersten Tag der offenen Tür im Kloster Beuron: Allein zu den Führungen sind am Sonntag etwa 1000 Besucher gekommen. Die Klausurräu­me waren erstmals für die Öffentlich­keit zugänglich. Unter den Mönchen war die Entscheidu­ng nicht unumstritt­en, sagt der Prior Pater Sebastian: „Da ist im Vorfeld nicht jeder Mönch gleicherma­ßen begeistert gewesen, aber wir haben es einmütig entschiede­n.“

Schon das Bild am Eingang der Pforte ist ungewöhnli­ch: Eine Traube von Menschen begehrt Einlass. Den Interessie­rten kann es nicht schnell genug gehen, aber die Verantwort­lichen des Klosters bleiben bei ihrem Takt. Alle halbe Stunde gibt es zwei Führungen für jeweils 30 Besucher.

Der Klosterpri­or, der für den Kontakt mit der weltlichen Welt verantwort­lich ist, leitet unter anderem die Führungen. Mit der Bitte, die Privaträum­e der Mönche zu respektier­en und auf das Fotografie­ren und Filmen zu verzichten, begrüßt er die Besucher und führt sie durch die Küche des früheren Augustiner­klosters in den heutigen Kreuzgang.

Würdigen Schrittes bewegt sich die Gruppe in Richtung Sakristei. Vor ihnen geht ein Bischof, der sich später beim genaueren Hinsehen als Erzbischof Stephan Burger entpuppt. Der Bruder des Beuroner Erzabts ist wie die Besuchergr­uppe auf dem Weg in die Sakristei. Er bereitet sich auf eine Taufe vor, die er für ein Mitglied seiner Familie hält.

Aktuell leben im Kloster 42 Mönche

In der Sakristei sehen die Besucher nicht nur den Erzbischof beim Ankleiden, sondern die Beuroner Mönche stellen wertvolle Paramente (Messgewänd­er) aus. Das besondere an der Sakristei: Sie hat einen ursprüngli­chen barocken Teil und verfügt über einen mit Beuroner Kunst ausgestalt­eten Anbau. „Ich bin beeindruck­t, weil alles so hochwertig ist hier“, sagt eine Besucherin. Zur Blütezeit des Klosters vor rund 100 Jahren lebten in der Abtei rund 300 Mönche, deshalb wurden mehrere Anbauten notwendig. Heute verfügt die Gemeinscha­ft der Benediktin­er noch über 42 Mitglieder.

Der Tag der offenen Tür ist aus mehreren Gründen entstanden. Einerseits will sich das Kloster punktuell für die Öffentlich­keit öffnen. Anderersei­ts war das bisherige Klosterfes­t in die Jahre gekommen. „Wir haben gemerkt, es braucht etwas anderes - auch von den Kräften her, die wir hier haben“, sagt Pater Sebastian und fügt hinzu: „So ein Volksfest kann ja jeder veranstalt­en.“

Der Tag der offenen Tür ist nicht das einzige Beispiel für die Öffnung des Klosters: Im zweiten Jahr gibt es nun schon einen Tag der offenen Gärten. Eine Besucherin ist gespannt, ob das Kloster beispielha­ft auch eine Mönchszell­e zeigen wird, doch dieser Teil bleibt privat.

Dafür sehen die Besucher das ehemalige Sommerrefe­ktorium (Speisesaal) der Augustiner, in dem heute das Kapitel zur dritten und sechsten Stunde das Stundengeb­et abhält und zu wichtigen Versammlun­gen zusammentr­itt. Hier wählt das Kapitel unter anderem den Abt. Die Sitzordnun­g: Je nach Alter, das vom Eintritt ins Kloster berechnet wird, sitzen die Mönche dem Vorsteher am nächsten.

Im Speisesaal ist die Sitzordnun­g genauso. „Der Ältere hat immer den Vorrang“, sagt Pater Sebastian. Ein Mönch weiß, wer im Kloster vor einem und hinter einem durch die Tür geht.

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FOTO: GÜNTHER BRENDER Tag der offenen Tür im Kloster Beuron: Erzabt Tutilo Burger (links) empfängt die erste Besuchergr­uppe zur Führung durch die Klausur.

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