Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Sogar ein echter Erzbischof ist zu sehen
Erstmals zeigt das Kloster Beuron seine Klausurräume – Prior: Zeichen der Öffnung
BEURON - Großer Andrang beim ersten Tag der offenen Tür im Kloster Beuron: Allein zu den Führungen sind am Sonntag etwa 1000 Besucher gekommen. Die Klausurräume waren erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich. Unter den Mönchen war die Entscheidung nicht unumstritten, sagt der Prior Pater Sebastian: „Da ist im Vorfeld nicht jeder Mönch gleichermaßen begeistert gewesen, aber wir haben es einmütig entschieden.“
Schon das Bild am Eingang der Pforte ist ungewöhnlich: Eine Traube von Menschen begehrt Einlass. Den Interessierten kann es nicht schnell genug gehen, aber die Verantwortlichen des Klosters bleiben bei ihrem Takt. Alle halbe Stunde gibt es zwei Führungen für jeweils 30 Besucher.
Der Klosterprior, der für den Kontakt mit der weltlichen Welt verantwortlich ist, leitet unter anderem die Führungen. Mit der Bitte, die Privaträume der Mönche zu respektieren und auf das Fotografieren und Filmen zu verzichten, begrüßt er die Besucher und führt sie durch die Küche des früheren Augustinerklosters in den heutigen Kreuzgang.
Würdigen Schrittes bewegt sich die Gruppe in Richtung Sakristei. Vor ihnen geht ein Bischof, der sich später beim genaueren Hinsehen als Erzbischof Stephan Burger entpuppt. Der Bruder des Beuroner Erzabts ist wie die Besuchergruppe auf dem Weg in die Sakristei. Er bereitet sich auf eine Taufe vor, die er für ein Mitglied seiner Familie hält.
Aktuell leben im Kloster 42 Mönche
In der Sakristei sehen die Besucher nicht nur den Erzbischof beim Ankleiden, sondern die Beuroner Mönche stellen wertvolle Paramente (Messgewänder) aus. Das besondere an der Sakristei: Sie hat einen ursprünglichen barocken Teil und verfügt über einen mit Beuroner Kunst ausgestalteten Anbau. „Ich bin beeindruckt, weil alles so hochwertig ist hier“, sagt eine Besucherin. Zur Blütezeit des Klosters vor rund 100 Jahren lebten in der Abtei rund 300 Mönche, deshalb wurden mehrere Anbauten notwendig. Heute verfügt die Gemeinschaft der Benediktiner noch über 42 Mitglieder.
Der Tag der offenen Tür ist aus mehreren Gründen entstanden. Einerseits will sich das Kloster punktuell für die Öffentlichkeit öffnen. Andererseits war das bisherige Klosterfest in die Jahre gekommen. „Wir haben gemerkt, es braucht etwas anderes - auch von den Kräften her, die wir hier haben“, sagt Pater Sebastian und fügt hinzu: „So ein Volksfest kann ja jeder veranstalten.“
Der Tag der offenen Tür ist nicht das einzige Beispiel für die Öffnung des Klosters: Im zweiten Jahr gibt es nun schon einen Tag der offenen Gärten. Eine Besucherin ist gespannt, ob das Kloster beispielhaft auch eine Mönchszelle zeigen wird, doch dieser Teil bleibt privat.
Dafür sehen die Besucher das ehemalige Sommerrefektorium (Speisesaal) der Augustiner, in dem heute das Kapitel zur dritten und sechsten Stunde das Stundengebet abhält und zu wichtigen Versammlungen zusammentritt. Hier wählt das Kapitel unter anderem den Abt. Die Sitzordnung: Je nach Alter, das vom Eintritt ins Kloster berechnet wird, sitzen die Mönche dem Vorsteher am nächsten.
Im Speisesaal ist die Sitzordnung genauso. „Der Ältere hat immer den Vorrang“, sagt Pater Sebastian. Ein Mönch weiß, wer im Kloster vor einem und hinter einem durch die Tür geht.