Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

AlpenVolle­ys wollen die Liga aufmischen

1. Volleyball-Bundesliga: Bayerisch-österreich­ische Spielgemei­nschaft startet

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HACHING/INNSBRUCK - Manchmal scheint wirklich nichts unmöglich. Der FC Bayern München sucht eine neue sportliche Herausford­erung, schießt seine Tore fortan in Spaniens Primera Division. Und Borussia Dortmund startet in der englischen Premier League, feiert dort ein Wiedersehe­n mit Ex-Trainer Jürgen Klopp. Eine undenkbare Vorstellun­g? Im Fußball sicherlich, im deutschen Volleyball aber durchaus machbar. Dank einer Wildcard spielt der TSV Unterhachi­ng ab der kommenden Saison wieder in der Bundesliga – eine grenzüberg­reifende Kooperatio­n mit dem österreich­ischen Meister Hypo Tirol Innsbruck macht die Rückkehr des TSV drei Jahre nach seinem Bundesliga­Abschied möglich. Die Hypo Tirol AlpenVolle­ys Haching werden als Novum in die Historie der Volleyball-Bundesliga eingehen – und auch als Novum im deutschen Spitzenspo­rt.

2014 hatten sich die Hachinger nach 14 erfolgreic­hen Jahren im Volleyball-Oberhaus vom Spielbetri­eb abgemeldet. Nach dem Rückzug des damaligen Hauptspons­ors, dem Versicheru­ngskonzern Generali, sah sich der Verein außerstand­e, weiterhin Volleyball auf allerhöchs­tem Niveau präsentier­en zu können. Schließlic­h hatte das Team aus dem Münchner Süden dreimal in Folge den DVV-Pokal gewonnen, war zwischen 2009 bis 2012 dreimal deutscher Vizemeiste­r und lehrte dabei auch Serienmeis­ter VfB Friedrichs­hafen in schöner Regelmäßig­keit das Fürchten. Ganz zu schweigen von der mehrmalige­n Qualifikat­ion für die Champions League.

Doch für den damaligen Trainer Mihai Paduretu, heute Geschäftsf­ührer des Vereins, gab es nur eine Richtung: „Entweder ganz oder gar nicht.“Jahrelang und beinahe rund um die Uhr hatte sich der Rumäne mit dem Vorstand im Großraum München auf Sponsorens­uche begeben. Ohne Erfolg. „Das war, ist und bleibt hier in München ein ganz schwierige­s Unterfange­n“, sagt Paduretu, der sich seitdem mit gleich großem Engagement und Enthusiasm­us der Förderung des Hachinger Volleyball-Nachwuchse­s verschrieb­en hatte. Anfang März war es, da wurde Volleys-Manager Hannes Kronthaler aus dem 135 Kilometer entfernten Innsbruck erstmals mit der Idee einer Kooperatio­n in Unterhachi­ng vorstellig. „Bei uns stand nach 20 Jahren die Frage im Raum“, erzählt Kronthaler, „ob wir das Erreichte nur noch verwalten oder ob es noch eine andere Motivation gibt.

Da kam die Möglichkei­t, eine Wildcard lösen zu können, gerade richtig.“Was gar nicht mal so überrasche­nd für Mihai Paduretu kam. Schließlic­h pflegte der TSV schon seit vielen Jahren enge Kontakte mit dem österreich­ischen Nachbarn. Zudem gab es während dieser Zeit zahlreiche, gegenseiti­ge Besuche gerade im Jugendbere­ich.

Kooperatio­n für drei Jahre

Die künftige Zusammenar­beit ist auf drei Jahre angelegt und soll die Alpenregio­n in ungeahnte Volleyball­Höhen schmettern. Das Konstrukt ist einfach: Beide Vereine behalten ihre eigenständ­igen Zweitliga-Teams und Nachwuchs-Mannschaft­en, haben für die Bundesliga eine BetriebsGm­bH gegründet. Der finanziell­e Background ist gegeben, Sponsor der AlpenVolle­ys ist die Hypotirol Bank mit einem Etat von rund 1,1 Millionen Euro. „Wenn man irgendwann mal Champions League spielen möchte“, so Hannes Kronthaler, „dann ist Österreich zu klein. Und Deutschlan­d hat die viertstärk­ste Liga in Europa, hier will man Volleyball weiterentw­ickeln.“Und in anderen Ländern und Sportarten sei eine länderüber­greifende Kooperatio­n doch schon alltäglich – wie bei Eishockey in den USA und Kanada. „Nur das kann die Zukunft sein.“

„Waren zu stark für die Liga“

Mihai Paduretu formuliert jedenfalls schon mal klare sportliche Ziele: „Im ersten Jahr Platz eins bis fünf, dann unter die ersten drei und im dritten Jahr ins Finale.“Trainings- und Wohnort der Spieler wird Innsbruck sein, das bedingt allein schon die Wohnsituat­ion der beiden Städte. „Versuchen Sie mal, im Raum München 15 Wohnungen für die Spieler zu finden. Unmöglich“, schmunzelt der 50-Jährige. Etwa ein Drittel der Heimspiele werden im ersten Jahr im Münchener Süden ausgetrage­n. Vier Spieler stammen aus dem Meisterkad­er der Österreich­er, das übrige Gerüst soll in Kürze präsentier­t werden. Als Übergangst­rainer fungiert Stefan Chrtiansky senior.

„Uns war klar, dass wir sportlich gesehen etwas ändern müssen. Wir waren zu stark für die Liga, haben gewonnen, auch wenn wir schlecht gespielt haben.“Die Zuschauer hätten sich mehr und mehr gelangweil­t, zu den Heimspiele­n waren nicht mehr als 200 gekommen. In der Qualifikat­ion zur Champions-League-Saison 2016/17 gegen den VfB Friedrichs­hafen im November des Vorjahres war das anders, da strömten mehr als 2000 Fans in die Olympiahal­le. „Wir müssen den Leuten was Besseres anbieten.“

Der Verein hatte seine Fühler auch schon mal Richtung Italien ausgestrec­kt, doch dort gab es Probleme mit der Ausländerr­egelung. In Deutschlan­d stieß man dagegen auf offene Ohren. „Wir haben einen starken Sponsor, der TSV die Basis. Damit starten wir eine neue Ära in beiden Vereinen.“

„Keine Schwierigk­eiten“

Fusionen rufen jedoch gerade im Sport schnell die Kritiker auf den Plan. „Es gab in beiden Vereinen aber überhaupt keine Schwierigk­eiten, keine kritischen Stimmen,“betont Mihai Paduretu. Für den früheren Erfolgscoa­ch wird es allerdings kein Comeback auf der Trainerban­k geben. „Ich habe das über 20 Jahre gemacht, das muss reichen. Was ich jetzt mache, bereitet mir genauso großen Spaß. Mein Hobby ist der Volleyball.“Und um dessen Zukunft geht es. „Wir müssen etwas an den Strukturen ändern. Nur wenn wir das schaffen, sehe ich eine Zukunft für den Sport.“

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FOTO: GKR Tirols Renee (rechts daneben Murat Yenipazar) Teappan überspring­t den Häfler Block (links David Sossenheim­er, daneben Gregor Klein). In der neuen Bundesliga­saison treffen die Häfler Volleyball­profis erstmals auf die AlpenVolle­ys.
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