Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kindesmissbrauch in der Nähe des Schulhofs?
Eine Mutter aus Ostrach erhebt auf Facebook schwere Vorwürfe gegen die örtliche Schule
OSTRACH - Was ist vor sechs Wochen auf dem Pausenhof des Reinhold-Frank-Schulzentrums Ostrachtal geschehen? Eine Mutter aus Ostrach hat im sozialen Netzwerk Facebook berichtet, ihre neunjährige Tochter sei von zwei zehn Jahre alten Jungen vom Pausenhof gezerrt und sexuell genötigt, wenn nicht sogar missbraucht worden. Schule und Gemeindeverwaltung widersprechen ihrer Darstellung. Dennoch ist der Fall sowohl bei der Polizei, als auch bei der Staatsanwaltschaft bekannt. „Das Verfahren wurde eingestellt, weil die Kinder nach deutschem Gesetz strafunmündig sind“, sagt Christine Weiß von der Staatsanwaltschaft Ravensburg. Deshalb würden solche Fälle ans Jugendamt abgegeben werden.
In ihrem Beitrag, den sie zuerst öffentlich auf Facebook geteilt, inzwischen aber wieder gelöscht hat, schreibt die Mutter, ihre Tochter sei von den beiden Jungen gewaltsam vom Pausenhof in ein angrenzendes Waldstück gezerrt worden. Ziemlich detailliert beschreibt sie, wie die Zehnjährigen das Mädchen sexuell genötigt und ihr mit dem Tod gedroht haben sollen. Die Mutter erhebt außerdem schwere Vorwürfe
gegen die Schule. „Meine Tochter ist schwer traumatisiert. Die Schule kehrt alles unter den Tisch. Melden tut sich keiner mehr“, war dort zu lesen. Der früheste Termin, den sie bei einem Kinderpsychologen habe bekommen können, sei erst im Oktober. „Niemand interessiert sich mehr dafür. Meiner Tochter geht es unverändert schlecht.“Inzwischen gehe das Kind, das nur zur Eingewöhnung in Ostrach war, wieder an eine andere Schule.
Schulleiter schreibt Elternbrief
Inzwischen ist der Beitrag zwar nicht mehr öffentlich sichtbar. Trotzdem
haben Schulleitung und Gemeindeverwaltung reagiert. Rektor Bernhard Weh gab am Dienstag einen Elternbrief heraus, in dem er auf den Facebook-Eintrag der Mutter Bezug nimmt. Dieser enthalte mehrere „Unwahrheiten“. Obwohl er als Schulleiter in Bezug auf Daten- und Personenschutz mit Informationen sehr zurückhaltend sein müsse, sei es notwendig, eine Informationen richtigzustellen. Er widerspricht dem Vorwurf der Mutter, die Schule habe den Vorfall vertuschen wollen, statt etwas zu unternehmen. Es sei „umgehend“reagiert worden. „Alle relevanten Kooperationspartner wurden von schulischer Seite aus miteinbezogen. Konkret zu nennen sind in diesem Fall die Schulsozialarbeit, die Polizei, das Jugendamt und das Staatliche Schulamt“, heißt es in dem Elternbrief. Gemeinsam seien verschiedene Hilfsangebote unterbreitet und individuelle Schritte eingeleitet worden.
Die Gemeinde Ostrach hat sich in ihrer Funktion als Schulträgerin ebenfalls zu den Vorwürfen geäußert. Auf ihrer Facebook-Seite wurde am Montagabend eine Stellungnahme von Bürgermeister Christoph Schulz veröffentlicht. „Die strafrechtliche Aufarbeitung obliegt in solchen Fällen der Polizei, die wiederum aufgrund der Schuldunfähigkeit der minderjährigen Kinder den Fall dem Jugendamt übergeben hat“, heißt es in dem Beitrag. Zum Schutz aller am Vorfall beteiligten Menschen dürfe, könne und wolle die Gemeinde keine Informationen über die Vorgehensweise öffentlich machen. Trotzdem könne man darauf vertrauen, dass angemessen reagiert worden sei.
Zusätzlich schreibt Schulz, dass der zugrundeliegende Sachverhalt sich nach den bisherigen Gesprächen als weniger schwerwiegend darstellt, als im ursprünglichen Beitrag der Mutter. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“räumt er aber ein, dass die Formulierung „weniger schwerwiegend“unglücklich sei. „Natürlich reagiert jeder anders auf solch eine Situation. Wir wollen nicht in Abrede stellen, dass das, was dem Mädchen widerfahren ist, schlimme Folgen für sie hat“, sagt er. Dennoch ist es ihm wichtig zu betonen, dass zum Wohl der Kinder alle Institutionen, Behörden und Beratungsstellen eingeschaltet wurden.