Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Schiffe gucken im Bilderbuchörtchen
Das Leben in Arnis, der kleinsten Stadt Deutschlands, ist vom Wasser geprägt
uf der Fähre in die kleinste Stadt Deutschlands sind an diesem Sommertag ein Auto, ein Roller, vier Radfahrer und ein paar Fußgänger. Viel mehr hätte auch nicht drauf gepasst. Gerade mal vier Autos können gleichzeitig transportiert werden, aber dann wird es für alle anderen schon arg eng. Aber wer warten muss, tut das nicht lange. Denn die Fährfahrt ist kurz, sehr kurz. Keine fünf Minuten dauert es, bis die Schlei, ein Ostseearm, überquert ist. Etwa 200 Meter breit ist das Gewässer an dieser Stelle. Noch bis in die 1960er Jahre wurde die Fähre mit Muskelkraft an einem Seil bewegt, seitdem übernimmt das ein Motor.
Schon bei der Abfahrt ist am gegenüberliegenden Ufer das Städtchen Arnis zu sehen. Das erste, was einem ins Auge fällt, sind die vielen Segelboote an den Stegen, erst dahinter erkennt man die Häuser. Langsam kommen Boote und Häuser näher, werden größer – schon legt die Fähre an und man passiert das Ortsschild. Arnis ist ein Postkarten-Idyll, eine Autostunde nördlich von Kiel und bekannt als Drehort der ZDF-Serie „Der Landarzt“. Genau richtig für einen Tagesausflug, wenn man Urlaub in Norddeutschland macht oder auf dem Weg nach Dänemark ist.
Viel zu erleben gibt es nicht in Arnis, aber genug zu sehen, um ein paar entspannte Stunden dort zu verbringen. Das ehemalige Fischerdorf liegt auf einer Halbinsel – und heute noch ist das Leben von der Schifffahrt geprägt. Auf die rund 300 Einwohner
PR−ANZEIGE kommen 400 Bootsliegeplätze und drei Werften. Hier werden Katamarane gebaut und Segelboote instandgesetzt.
Was liegt also näher, als den Tag in Arnis mit Schiffe gucken zu beginnen. Vielleicht mit einem Fischbrötchen vom Imbiss am Ortseingang in der Hand oder bei Kaffee und Waffeln unterm großen Sonnensegel direkt am Fähranleger. Oder einfach auf einer der zahlreichen Bänke am Ufer zwischen den Hagebuttenhecken. Platz nehmen und los geht es. Ein Segelboot. Ein Motorboot. Zwei Paddelboote. Noch ein Segelboot. Und da, ein weiß-roter Raddampfer, die „Schlei Princess“, auf der Rundfahrten angeboten werden.
Wer genug hat vom Schiffe gucken, kann die mit Linden gesäumte Hauptstraße des Städtchens auf und ab schlendern, wo sich niedrige Fischerhäuser, teils mit Fachwerk, teils mit Klinker, aneinanderreihen. Auch hier lassen sich viele Seemannsutensilien entdecken. Da ein Steuerrad als Gartentor, dort ein Anker an der Haustür und an der Fassade gegenüber eine Bordüre aus Meerjungfrauen. Selbst in der Kirche mit dem hölzernen Glockenturm hängen mächtige Votiv-Schiffe von der Decke. Neben der Schifffahrt gibt es in Arnis viel Kunsthandwerk. Ein Atelier stellt im Schaufenster Bilder von Blumen und Booten aus, in einer Töpferei und ein paar Garagen-Lädchen kann man Mitbringsel kaufen und im Rathaus sind den Sommer über Ausstellungen zu sehen.
Für eine weitere Erkundung empfiehlt es sich, die Halbinsel, auf der Arnis liegt, einmal zu umrunden. Ein schmaler Sand-Kies-Pfad führt fast immer am Wasser entlang. Geht man ohne Pause, ist nach einer halben Stunde der Ausgangspunkt wieder erreicht. Meistens dauert die Runde aber etwas länger, zum Beispiel weil man einen Abstecher auf einen der vielen Bootsstege macht, die hier zu fast jedem Haus gehören. Oder weil man sich nicht satt sehen kann an den üppigen Gärten mit bunten Blumenwiesen und alten Obstbäumen.
Oder weil man unterwegs den Badestrand entdeckt, an dem sich gut ein sonniger Nachmittag verbringen lässt. Flach geht es ins Wasser bei der kleinen Sandbucht, die nahtlos in eine Liegewiese übergeht. Perfekt für Familien. Ein Beachvolleyballfeld, eine gelbe Rutsche, etwas zurückgesetzt ein Spielplatz und eine Grillstelle – genug um einen Tag am Wasser entspannt ausklingen zu lassen. Weniger ist mehr in Arnis, der kleinsten Stadt Deutschlands.