Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Theater trotz Abitur
Ludwig-Erhard-Schule führt Tragödie auf
SIGMARINGEN (sz) - „Es sind nicht die Männer des einen Volkes schlecht und die des anderen Volkes gut. Der Krieg macht sie zu Tieren“, sagt die trojanische Königin Hekabe zu ihrer zum Tod verurteilten Tochter Polixena. Troja ist zerstört, seine Helden besiegt. Was ist das Schicksal der Frauen und Kinder, die durch den Krieg alles verloren und nun ungeheuer großes Leid erfahren? Mit diesem Stoff frei nach der Tragödie „Die Troerinnen“des antiken griechischen Dichters Euripides haben sich die zwölf Schüler des Kurses „Literatur und Theater“der Klasse 13 an der Ludwig-Erhard-Schule Sigmaringen unter Leitung ihrer Lehrerin Waltraud Goller-Bertram beschäftigt.
Während des Schuljahres schrieben sie eine eigene szenisch freie, stark chorische Bearbeitung mit dem Titel „Die Frauen von Troja“. Deren Aufführung fand nun – mitten im Abitur – als Werkschau im Foyer der Schule vor Publikum statt. Dabei fehlte es nicht an Aktualisierungen, die an die kriegerischen Auseinandersetzungen und die Schicksale der Unterdrückten und der unschuldigen Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen unserer Zeit erinnerten. Beeindruckend war auf der Bühne zu sehen, wie die Zivilbevölkerung leidet: Wie in der Folge jedes Kriegs waren die trojanischen Kinder schutzlos dem Tod ausgeliefert, Frauen trauerten um ihre Männer, Söhne und Brüder. Sie waren der Willkür der Sieger, der körperlichen und sexuellen Gewalt, der Sklaverei und dem Tod ausgeliefert. Bedrückend verliehen die Lieder der Schauspielerinnen, die eingespielte Musik sowie das Trommeln zweier Schüler auf Cajons den seelischen Qualen Ausdruck. Besonders in der tragischen Figur der Königin Hekabe, die nicht nur ihren Mann Priamos, sondern auch ihre Söhne Hektor, Paris und Polydoros verloren hatte, wurde das Schicksal von Frauen im Krieg deutlich. Denn auch ihre Töchter Polixena und Kassandra wurden geschändet, versklavt und getötet. Dieses Geschehen kontrastierte mit dem anfänglich gezeigten selbstgedrehten Film in Endlosschleife, der das Leben vor dem Krieg bildhaft in Form eines Balls zeigte, wie auch die Darstellung derer, die aus dem Krieg ihren Gewinn ziehen. So zeigte das Stück nicht nur, was der Krieg durch Tod und Zerstörung anrichtet, sondern was er aus den Menschen macht.
Das Publikum war beeindruckt von der Tragödienbearbeitung und den schauspielerischen Fähigkeiten der Schüler wie auch von der Regieleistung von Waltraud Goller-Bertram, die auch eine theaterpädagogische Ausbildung hat.