Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ermittlungen gegen Freunde laufen
Totes Baby: Begleiter der Mutter sind wegen unterlassener Hilfeleistung im Fokus
RULFINGEN - Im Fall des Ende Mai in der Nähe eines Hofs bei Rulfingen tot aufgefundenen Säuglings ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen drei Freunde der Mutter. Diese waren mit der 23-jährigen Mutter unterwegs gewesen, als diese ihr Kind bei Rulfingen zur Welt brachte und anschließend – angeblich ohne das Wissens ihrer Begleiter – umgebracht hatte. Die drei Freunde könnten sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht haben, zitiert die Deutsche Presseagentur einen Sprecher der Staatsanwaltschaft Ravensburg.
Die 23-jährige Frau aus dem Kreis Konstanz hat ihre Schwangerschaft nach eigenen Angaben ihrem kompletten Umfeld, sogar ihrem eigenen Freund verheimlicht. Sie habe das Kind nicht behalten, sondern in einer Babyklappe ablegen wollen, hatte sie bei der ersten Vernehmung und später auch bei der Haftvorführung erzählt. In Mengen sei sie von den Wehen überrascht worden, habe das Baby in der Nähe des Hofes zur Welt gebracht und das neugeborene Mädchen anschließend aus Panik erstickt. Sie ließ das tote Baby bei ein paar Strohballen zurück, wo es drei Tage später von einem Jugendlichen gefunden wurde.
Hinweis kam aus Freundeskreis
Weil sie am Tatort eine mit Blut verschmutzte Hose zurückgelassen hatte, mit der die Polizei nach der Mutter fahndete, konnte die 23-Jährige schließlich durch einen entscheidenden Zeugenhinweis ausfindig gemacht werden. Sie hatte sich selbst aufgrund ihres schlechten gesundheitlichen Zustands nach der Geburt in ein Krankenhaus eingewiesen. Der Hinweis war aus dem unmittelbaren Freundeskreis der Frau gekommen, sodass schnell klar war, dass die junge Frau am Tattag nicht allein unterwegs, sondern in Begleitung von mehreren Personen in zwei Fahrzeugen. Einer von ihnen hatte sich bei der Polizei gemeldet.
Während der Richter gegen die 23-Jährige Haftbefehl wegen Verdachts des Mordes erließ und die Frau nun in Untersuchungshaft sitzt, nahm die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die Begleiter auf. Wie die Deutsche Presse-Agentur vom Pressesprecher erfuhr, soll die 23-jährige Schwangere am 24. Mai gemeinsam mit ihrem Freund im Auto auf dem Rückweg von einem Ausflug an den Wörthersee gewesen sein. In einem separaten Auto soll außerdem ein weiteres, befreundetes Pärchen dabei gewesen sein. Während einer Fahrtpause bei Mengen soll die Frau das Kind zur Welt gebracht und getötet haben. Die drei anderen wollen davon nichts mitbekommen haben.
Ermittlungen dauern an
Genau diesen Punkt sollen nun die Ermittlungen klären. Ist es überhaupt möglich, den Freunden die Geburt und die Tat zu verheimlichen? Oder haben der Freund der 23-Jährigen und das Pärchen vielleicht doch etwas mitbekommen? Zu welchem Zeitpunkt war das und hätten sie den Tod des Säuglings noch verhindern können? Die Ermittlungen stellen derzeit den Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung in den Mittelpunkt. Der zuständige Presseprecher der Staatsanwaltschaft Karl-Josef Diehl war am Donnerstag für die „Schwäbische Zeitung“nicht zu erreichen, um weitere Fragen zu beantworten.
Als die Untersuchungshaft für die Mutter verhängt wurde, hatte Diehl erklärt, dass der Haftrichter der Frau nach damaligem Ermittlungsstand niedere Beweggründe zur Tötung ihres Kindes vorwarf. „Das bedeutet, dass der Beweggrund im krassen Missverhältnis zur Tat steht“, sagte Diehl damals. „Der Mord hat offenbar stattgefunden, weil das Kind aus Sicht der Frau nicht in ihre Lebenswelt passte.“Die Staatsanwaltschaft rechnet Informationen der Deutschen Presse-Agentur zufolge mit einem Abschluss der Ermittlungen noch im Sommer.