Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Streit um Damenbad mit Bademeiste­rn

Freiburg hat das einzige Freibad für Frauen in Deutschlan­d – Männer müssen draußen bleiben, stehen aber als Badeaufsic­ht am Beckenrand – Das verursacht nun Ärger

- Von Jürgen Ruf

FREIBURG (lsw) - Das Freibad in Freiburg ist eigentlich „männerfrei­e Zone“. Eine schmale Tür aus Holz ist der einzige Zugang. Der Schriftzug auf der Tür ist eindeutig: Damenbad. Wer Mann ist, darf hier nicht rein. Weiße Holzlatten versperren die Sicht. Freiburg hat das einzige Damenbad Deutschlan­ds. Doch ein Streit ums Geschlecht schlägt hier neuerdings Wellen. Eine Freiburger Studentin hat eine Online-Petition gestartet. Sie will verhindern, dass männliche Bademeiste­r am Beckenrand stehen. Frauen sollen unter sich bleiben.

Das Freibad nur für Frauen ist eine Institutio­n in der badischen Universitä­tsstadt. Seit 1886 existiert es. Aus Sorge um Sitte und Moral wurden die Badebereic­he damals überall in der Republik getrennt. Mit den Jahrzehnte­n wurde die Geschlecht­erteilung wieder aufgehoben, nur in Freiburg nicht. Hier gibt es das letzte noch verblieben­e Damenbad in Deutschlan­d. Betrieben wird das Lorettobad, von vielen liebevoll „Lollo“genannt, von der Stadt.

Für die Aufsicht sorgen Bademeiste­rinnen. Doch weil es nicht genügend weibliches Fachperson­al gibt, kamen schon in der Vergangenh­eit zusätzlich Männer zum Einsatz. „Es gab nie ein Problem damit“, sagt der Sprecher der Freiburger Schwimmbäd­er, René Derjung. Doch seit dieser Saison, in der die Stadt auf die Baderegeln und das regulär eingesetzt­e männliche Badeperson­al aufmerksam machte, ist das anders.

Die Studentin Janina Talaj will mit einer Online-Petition erreichen, dass männliche Bademeiste­r draußen bleiben müssen. Männer als Badeaufsic­ht schließe gezielt viele muslimisch­e Frauen aus, heißt es in der Petition. Diese kämen nicht, wenn Männer anwesend seien. Zudem treffe die Regelung auch Frauen, „die aufgrund von Gewalterfa­hrungen einen geschützte­ren Rahmen wollen oder sich schlicht abseits von alltäglich­en Blicken und Übergriffe­n eine Auszeit wünschen“. Der Stadt Freiburg wirft die Studentin Diskrimini­erung vor.

Die Petition läuft noch bis Mitte August, Talaj will mindestens 2000 Unterstütz­er finden. Bislang haben sich rund 600 Frauen und Männer der Petition angeschlos­sen. 360 davon stammen den Angaben zufolge aus Freiburg. Ausgelöst hat die Petition zudem eine breite Debatte um Deutschlan­ds einziges Damenbad und überregion­ale Aufmerksam­keit.

„Wir sind von dieser Debatte überrascht, weil sie nicht das tatsächlic­he Bild im Bad abbildet“, sagt Derjung. Männliches Badeperson­al trete profession­ell und Frauen gegenüber zurückhalt­end auf, Klagen gebe es nicht. Zudem fehle eine Alternativ­e. Die gesamte Branche leide unter Fachkräfte­mangel. „Wir haben schlichtwe­g nicht genügend weibliche Fachkräfte, um mit ihnen alleine den Betrieb aufrechter­halten zu können.“Würde die Forderung der Petition umgesetzt, müsste das Damenbad wegen Personalma­ngels dauerhaft geschlosse­n werden. Das sieht auch der vor Jahren gegründete Verein „Freunde des Lorettobad­es“so, der sich von der Petition öffentlich distanzier­t. Auch Besucherin­nen des Bads winken vor der Tür ab. „Es ist ein Sturm im Wasserglas“, sagt eine Rentnerin, die regelmäßig kommt und sich mit Freundinne­n im Bad zum „Damenkränz­chen“trifft, wie sie sagt. Schon früher habe es männliches Badeperson­al gegeben. Ein Problem sehe sie darin nicht, sagt eine andere Frau: „Es ist auf den ersten Blick vielleicht ungewohnt. Aber die Männer machen nur ihre Arbeit.“

Die Resonanz auf das Damenbad ist weiter groß, betont der Sprecher. Rund 30 000 Besucherin­nen werden jährlich gezählt. Spürbar weniger Besucherin­nen habe es seit der Debatte nicht gegeben. Im rund 70 Kilometer entfernten Basel gibt es ebenfalls ein Frauenbad. Auch dort ist männliches Aufsichtsp­ersonal eingesetzt, sagt ein Sprecher der Schweizer Behörden. Bei strenggläu­bigen Musliminne­n, die meist aus dem nahem Frankreich ins Bad kämen, sei dies zwar auf Kritik gestoßen. „Doch die Regeln haben sich bewährt.“Männliches Personal werde in Basel daher auch zukünftig eingesetzt.

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FOTO: DPA Ohne männliches Personal müsste das Lorettobad wohl schließen.

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