Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Kein Neid auf China

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Zum Artikel „Blick in eine Welt ohne Wachstum“(1.7.): Dass wir „Wachstumsp­robleme“haben ist nicht so überrasche­nd, wie immer behauptet wird. Sinkende Wachstumsr­aten sind kein Zeichen schlechter Wirtschaft­slage, sondern das Ergebnis (einfachste­r) Mathematik. Beispiel: Man hat zwei Eimer. Im ersten befindet sich ein Liter Wasser, im zweiten zehn. In jeden Eimer wird ein zusätzlich­er Liter Wasser gegossen. Der kleinere Eimer hat rechnerisc­h eine höhere Wachstumsr­ate (100 Prozent) als der große (10 Prozent). Das liegt daran, dass im kleinen Eimer zu Beginn weniger enthalten war. Das erklärt auch, weshalb Deutschlan­d nach dem Krieg diese enormen Wachstumsr­aten hatte (der Eimer war nahezu leer). Die hohen Wachstumsr­aten der BRD in den 1950er Jahren sind absolut gesehen – bis auf wenige Ausnahmen – denen der 1990er Jahre ähnlich. In einem „gewachsene­n“Land schlagen gleichblei­bende absolute Zunahmen aber logischerw­eise weniger stark zu Buche. Deshalb müssen wir angesichts der chinesisch­en Wachstumss­tatistik auch nicht neidisch sein. Mit der Zeit werden auch diese Raten sinken. Wollen wir wirklich steigende Wachstumsr­aten, bräuchten wir ein exponentie­lles Wachstum, also jedes Jahr mehr als im Jahr davor. Eine gruselige Vorstellun­g, aber so will es die Mathematik. Um den sozialen Frieden zu gewährleis­ten, braucht das aktuelle System das Wachstum. Steigende Gewinnansp­rüche brauchen Wachstum, um nicht auf Kosten von Lohndumpin­g realisiert zu werden. Um hieran etwas zu ändern, muss man schon an den ganz großen Zahnrädern des Systems drehen. Einen ersten Ansatz nennt die zitierte Studie. Christian Mayer, Baindt

SPD ist schuld an Verschlech­terung

Zum Artikel „Schüler verschlech­tern sich“(29.6.): Aus der heimlichen Hymne der Württember­ger „Preisend mit viel schönen Reden“wissen wir: Der Reichtum eines Landes liegt in seinen Menschen, nicht in materielle­n Schätzen. Und so verband sich seit Generation­en gute Bildung mit dem wirtschaft­lichen, sozialen und kulturelle­n Erfolgen unseres Landes und seiner Bürger. Qualität der Schulen und Hochschule­n, berufliche­r Bildung und wissenscha­ftlicher Kompetenz haben unser Land an die Sitze der Bundesländ­er gebracht.

Und nun das! Mathematis­che Fähigkeite­n unzureiche­nd, Lesekompet­enz nicht dem Alter entspreche­nd. Sprachlich­e Ausdrucksf­ähigkeit unter dem Niveau. Diese Ergebnisse der Auswertung über den schulische­n Stand erschrecke­n. Was für unsere Kinder noch Grundlage für eine chancenrei­che Zukunft galt, steht offensicht­lich für unsere Enkel nicht mehr in diesem Maße zur Verfügung.

Woran mag das liegen? Sind die Lehrer schlechter geworden? Ich kann das nicht glauben. Eine solche Entwicklun­g lässt sich nur aus der Verschlech­terung der Rahmenbedi­ngungen erklären, welche die Politik setzt. Dass allerdings fünf Jahre SPD-Bildungspo­litik ausreichen, die „Qualität“unserer Schulen an die von Nordrhein-Westfalen, Bremen und anderen SPD-regierten Ländern heranzufüh­ren, hätte ich nicht gedacht.

Schule als Anwalt des Kindes war einmal ein Grundsatz in diesem Land und hat uns Spitzenpos­itionen geschaffen. Schule als Experiment­ierfeld für bildungs- und gesellscha­ftspolitis­che Traumtänze­r aber nimmt unseren Kindern und Enkeln die Zukunftspe­rspektiven in einer komplizier­ten, komplexen Welt. Es zu hoffen, dass eine Schlagzeil­e „Schüler verschlech­tern sich“durch die Amtszeit von Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann endgültig der Vergangenh­eit angehört. Hartmut Bonnemeyer, Bad Waldsee

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