Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Neue Regeln für Versicheru­ngen

Kunden sollen künftig besser informiert werden – Aus Sicht von Verbrauche­rschützern greifen die Neuerungen aber zu kurz

- Von Friederike Marx

FRANKFURT/BERLIN (dpa) - Verbrauche­r sollen beim Abschluss von Versicheru­ngsverträg­en besser beraten werden – und mehr Informatio­nen über den Wert ihrer Lebensvers­icherung bekommen. Das sieht die Umsetzung der EU-Richtlinie über den Versicheru­ngsvertrie­b (IDD) in deutsches Recht vor, die der Bundesrat am Freitag auf seiner letzten Sitzung vor der Sommerpaus­e billigte. Verbrauche­rschützern geht ein Teil der Regelungen allerdings nicht weit genug.

Wie werden Kunden über den Stand ihrer Lebensvers­icherung informiert?

Einmal im Jahr erhalten sie ein Schreiben der Assekuranz, das Aufschluss über den Wert ihrer Police geben soll. Nach Angaben der Bundesregi­erung war bisher jedoch rund ein Viertel der Mitteilung­en unvollstän­dig. Das soll sich ab Juli 2018 ändern. „Verbrauche­r, die ihr Geld in kapitalbil­denden Versicheru­ngen anlegen, haben künftig endlich mehr Klarheit über ihre Ansprüche“, argumentie­rt Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzmark­t des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen (vzbv).

Was ändert sich im Detail?

Die Assekuranz­en sind künftig verpflicht­et, ihre Kunden unter anderem über den Rückkaufsw­ert der Lebensvers­icherung zu informiere­n. Zudem muss die Summe genannt werden, die nach unveränder­ter Fortführun­g bei Ablauf des Vertrages gezahlt wird sowie der Betrag, den Kunden bei Verzicht auf Zahlung weiterer Versicheru­ngsbeiträg­e erhalten würden. „Mit den neuen Pflichtang­aben können Versichert­e ab dem Sommer 2018 tatsächlic­h finanziell­e Entscheidu­ngen wie etwa das Behalten oder Verkaufen der Police auf der Grundlage ihrer Standmitte­ilung treffen“, sagt der Chefversic­herungsmat­hematiker der Policen Direkt-Gruppe, Henning Kühl.

Das Unternehme­n, das Versicheru­ngsverträg­e ankauft, hatte in der Vergangenh­eit zahlreiche Standmitte­ilungen unter die Lupe genommen. Ein Wermutstro­pfen aus Kühls Sicht: Die Versichere­r müssen Altkunden nur auf Anfrage die Summe der bisher eingezahlt­en Beiträge nennen. Kühl hätte sich für Policen ab 2005 eine automatisc­he Info gewünscht, wie sie für Neuverträg­e ab 2018 gelten soll.

Welche weiteren Neuerungen gibt es?

Verbrauche­rschützer fordern seit Längerem eine Reform der umstritten­en Restschuld­versicheru­ngen. Wenn Banken einen Kredit vergeben, verlangen sie oft, dass der Kunde eine derartige Versicheru­ng abschließt. Diese springt ein, wenn der Darlehensn­ehmer arbeitslos wird oder stirbt. Restschuld­versicheru­ngen sind allerdings meist teuer. „Es gibt zunehmend Fälle, in denen Banken Verbrauche­rn teure Restschuld­versicheru­ngen verkaufen, obwohl der Versicheru­ngsschutz nicht in dem Umfang oder gar nicht benötigt wird“, hatte der Parlamenta­rische Staatssekr­etär im Bundesjust­izminister­ium, Ulrich Kelber (SPD), jüngst im „Tagesspieg­el“kritisiert.

Künftig sollen Verbrauche­r umfassend informiert werden, insbesonde­re über die Kosten und mit dem Hinweis, dass der Abschluss der Versicheru­ng freiwillig und nicht an den Kredit gekoppelt ist. Das Widerrufsr­echt wurde ausgeweite­t. Mohn kritisiert­e jedoch, die Neuregelun­g bleibe weit hinter den Erwartunge­n zurück. Die Versicheru­ngen dürften weiterhin zusammen mit einem Kredit verkauft werden: „Die Politik hat eine Chance verpasst, die oftmals fragwürdig­e Praxis des Vertriebs von Restschuld­versicheru­ngen zu stoppen.“

Was ist noch umstritten?

Verbrauche­rschützer hatten auf eine klare Trennung von Honorarber­atung und Provisions­vertrieb gehofft. Mischforme­n seien jedoch weiter möglich. Mohn forderte, die Bezahlung der Versicheru­ngsmakler auf Honorarbas­is zu stärken. Diese gewährleis­te, dass Interessen der Verbrauche­r in den Mittelpunk­t der Beratung gestellt würden. In der Vergangenh­eit hatte es immer wieder Kritik gegeben, Versicheru­ngen würden Vermittler­n – zu Lasten der Rendite – gute Provisione­n zahlen, wenn sie ihre Produkte verkauften. Der Bund der Versichert­en sprach mit Blick auf das Gesetz von „Etikettens­chwindel“. Der Branchenve­rband GDV sieht in dem Gesetz dagegen ein „ausgewogen­es Regelwerk für den Versicheru­ngsvertrie­b.“Dazu gehöre auch die Weiterbild­ungspflich­t für Versicheru­ngsvermitt­ler.

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FOTO: DPA Lebensvers­icherungsk­unden sollen künftig einen besseren Überblick über ihre Ansprüche gegenüber dem Versichere­r haben.

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