Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Hammer im VfB-Präsidium

Stuttgart will Thomas Hitzlsperg­er als Nachwuchsc­hef einbauen

- Von Jürgen Schattmann

STUTTGART - Seit Langem fragt man sich, was Ex-Nationalsp­ieler Thomas Hitzlsperg­er eigentlich genau macht beim VfB Stuttgart. „Beauftragt­er des Vorstands für Sport“, war er seit Mai 2016, einen Monat später fiel er noch einmal durch einen Kommentar in der „Zeit“auf, den er eher exklusiv hatte: „Ich halte wenig von Joshua Kimmich, er ist beim FC Bayern überbewert­et“, sagte Hitzlsperg­er damals am Rande eines Länderspie­ls. Eine Aussage, die insofern verwundert­e, weil viele VfBFans von exakt jenem Kimmich träumten, der nicht einen Einsatz für die Stuttgarte­r Profis hatte, ehe er nach Leipzig verkauft wurde. Nimmt man die Marktwerte der für wenig Geld verkauften Ex-VfB-Spieler Kimmich, Bernd Leno, Antonio Rüdiger, Sebastia Rudy und Timo Werner zusammen (von Mario Gomez und Sami Khedira ganz zu schweigen), der VfB hätte wohl exakt jene 200 Millionen Euro beisammen, die ihm laut Präsidium fehlen, um wieder ein Spitzentea­m der Bundesliga zu werden. Und die 41,5 Millionen von Investor Daimler im Zuge der Ausglieder­ung in eine AG wären wohl unnötig gewesen, weil Stuttgart mit diesen Spielern ziemlich sicher niemals in die zweite Liga abgestiege­n wäre.

Seit Freitag ist klar: Der 35-jährige Hitzlsperg­er hat durchaus noch eine Rolle beim VfB, er soll künftig Vollzeit für den Erstliga-Aufsteiger als Präsidiums­mitglied arbeiten – zuständig für den Nachwuchs. Der Ex-Nationalsp­ieler soll den Junioren beim Übergang in den Profi-Kader von Trainer Hannes Wolf helfen. „Ich sehe die Möglichkei­ten des Vereins“, sagte er. „Ziel ist, dass es nicht mehr heißt, ein Drittel der Nationalma­nnschaft war irgendwann mal beim VfB und spielt jetzt anderswo.“

Grundvorau­ssetzung aber wäre dafür, dass man Riesentale­nte wie Kimmich überhaupt auch als solche erkennt, insofern war die Nominierun­g Hitzlsperg­ers, der seit seiner Zeit bei Aston Villa den Kampfnamen „The Hammer“trägt, gelinde gesagt schon ein kleines Hämmerle gestern. VfBPräside­nt Wolfgang Dietrich, künftig auch Chef des AG-Aufsichtsr­ats, hatte geladen, um Neues von der AG zu verkünden. Neben Hitzlsperg­er stellte er den Unternehme­nsberater Bernd Gaiser als weiteres Mitglied im Präsidium vor. Finanzchef Stefan Heim, Marketingc­hef Jochen Röttgerman­n und Manager Jan Schindelme­iser bilden den AG-Vorstand. Weltmeiste­r Guido Buchwald gehört zum neunköpfig­en Aufsichtsr­at. Hitzlsperg­er ist zunächst kommissari­sch im Amt, er muss sich bei der nächsten Mitglieder­versammlun­g im Dezember bestätigen lassen. Auch der neue Vereinsbei­rat besteht vorerst nur übergangsw­eise.

Die AG, für die es bei der Mitglieder­versammlun­g breite Zustimmung gegeben hatte, kann derweil loslegen. Die Einträge im Vereins- und Handelsreg­ister sind seit 4. Juli verbucht, das Geld von Daimler für 11,75 Prozent der Anteile werde nun fließen, sagte Dietrich, der sich weitere Geldgeber erhofft, aber: Es gebe aktuelll „noch null Überlegung­en, wer die weiteren Investoren sein können“, sagte der 68Jährige. „Jetzt geht es erst einmal darum, die Liga souverän zu halten.“In den nächsten drei, vier Jahren soll der Meister von 2007 wieder im oberen Drittel der Bundesliga mitspielen.

„Unser Ziel ist es, die Tradition zu erhalten und uns der Kraft des Kommerzes zu stellen“, sagte Dietrich. „Wenn wir ähnlich gut arbeiten wie die reinen Kommerzver­eine wie etwa Leipzig und Hoffenheim werden wir besser sein, weil wir die Tradition im Hintergrun­d haben.“

Große Worte waren das angesichts eines Kaders, dem noch ein starker Torwart, Abwehrchef, Rechtsvert­eidiger und Mittelfeld­spieler fehlen. Weiter im Gespräch beim VfB sind die Dortmunder Felix Passlack und Mikel Merino, die allerdings erst noch beim neuen BVB-Trainer Peter Bosz vorspielen sollen. Torwart-Favorit ist ExNational­spieler Ron-Robert Zieler, der Leicester City offenbar verlassen will, aber noch keine Freigabe bekommt.

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FOTO: DPA Thomas Hitzlsperg­er

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