Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Auf Trump und Putin fokussiert
Wie der G20-Gipfel in den USA wahrgenommen wird – Kritik am Präsidenten
WASHINGTON - Der amerikanische Blick auf die Welt kann manchmal ziemlich eng sein. Das gilt etwa dann, wenn in der Ferne ein großer Kongress vom Format des G20-Gipfels über die Bühne geht und sich die Auguren in Washington fast ausschließlich für Themen interessieren, die im innenpolitischen Kontext eine Rolle spielen. So verhält es sich jedenfalls nach der Konferenz in Hamburg. Verfolgt man die inneramerikanische Debatte darüber, drängt sich der Eindruck auf, als seien 18 der 20 Staats- und Regierungschefs nur bessere Statisten gewesen, nur Randfiguren, um eine Kulisse zu bilden, die Kulisse für die Begegnung Donald Trumps mit Wladimir Putin.
An dem ersten Treffen der beiden hat sich im Nachhinein heftiger Streit entzündet, nicht zuletzt daran, was eigentlich besprochen wurde – und wie. Wessen Darstellung stimmt, die des Kremls oder die des Weißen Hauses? Hat Trump dem russischen Präsidenten hinreichend klargemacht, dass es die Amerikaner für problematisch halten, wenn russische Hacker ihre Wahlkämpfe zu manipulieren versuchen?
Kritik an geplantem Arbeitskreis
Dass Putin die Cyber-Attacken anordnete, halten die Geheimdienste der USA für eine Tatsache. Schon deshalb irritiert die oppositionellen Demokraten, dass Trump offenbar nicht widersprach, als Putin versicherte, mit den Angriffen nichts zu tun zu haben. Und dass er, in ihren Augen blauäugig, ausgerechnet mit Russland die Gründung eines Arbeitskreises für Cyber-Sicherheit verabredete, um Wiederholungsfälle auszuschließen.
Wer glaube, Putin sei auf diesem Feld ein konstruktiver Akteur, ignoriere schlicht die Realität, sagt Adam Schiff, ein Kongressabgeordneter aus Kalifornien. „Die Russen wollen die liberale Demokratie zu Fall bringen, darum geht es.“Dies zu übertünchen sei gefährlich naiv.
„Viel Glück!”, schrieb seinerseits der republikanische Senator Marco Rubio, an Trump gerichtet, in einem sarkastischen Tweet. In Putin einen Cyber-Sicherheitspartner zu sehen, das sei nichts anderes, als wollte man gemeinsam mit Baschar al-Assad ein Gremium zur Vernichtung von Chemiewaffen schaffen.
Nach der Hamburger Unterredung hatte Außenminister Rex Tillerson betont, man wolle nicht endlos über die Vergangenheit reden, sondern sich auf die Zukunft konzentrieren. Als Tillersons Amtskollege Sergej Lawrow erklärte, Trump habe akzeptiert, dass Putin jegliche Hacker-Einmischung verneine, gab es in der US-Gipfeldelegation keinen, der Einspruch eingelegt hätte. Während der Präsident aus Deutschland abreiste, ohne sich zum Abschluss den Fragen der Presse zu stellen, beließ es Finanzminister Steven Mnuchin während des Heimflugs an Bord der Air Force One bei ein paar dürren Sätzen. Er wolle nicht kommentieren, was andere Leute zu sagen hätten, im Übrigen seien sich Trump und Putin darin einig, dass der Blick nach vorn gehen müsse. Umso aufgebrachter reagiert nun die Opposition. Dass die Minister den Beteuerungen Putins genauso viel Glauben schenkten wie den Erkenntnissen der eigenen Geheimdienste, sei eine grobe Pflichtverletzung, zürnt Chuck Schumer, der ranghöchste Demokrat im Senat.
Der Alleingang des Oval Office beim Klimaschutz, das ist der zweite Punkt, der die Gemüter erregt. Richard Haass, Chef eines angesehenen Thinktanks, sieht in Trumps Beharren auf einem Extra-Passus in der Gipfelerklärung einen weiteren Beleg für den Einfluss der Nationalisten unter seinen Beratern. Angeführt von Steve Bannon, hätten sie die interne Klimadebatte vorerst für sich entschieden, sagt Haass.
Wie der Präsident die Dinge sieht, hatte er bereits am Freitag – wenig beachtet angesichts des Hamburger Trubels – in einer Videoansprache deutlich gemacht. Die klare Botschaft sei die, sagte Trump: „Wir werden es anderen Nationen nicht länger erlauben, uns auszunutzen.“Deshalb habe er beschlossen, sich von dem einseitigen Pariser Klimaabkommen zu verabschieden. „Und glauben Sie mir, es war einseitig, kein guter Deal für unser Land.“