Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Auf Trump und Putin fokussiert

Wie der G20-Gipfel in den USA wahrgenomm­en wird – Kritik am Präsidente­n

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Der amerikanis­che Blick auf die Welt kann manchmal ziemlich eng sein. Das gilt etwa dann, wenn in der Ferne ein großer Kongress vom Format des G20-Gipfels über die Bühne geht und sich die Auguren in Washington fast ausschließ­lich für Themen interessie­ren, die im innenpolit­ischen Kontext eine Rolle spielen. So verhält es sich jedenfalls nach der Konferenz in Hamburg. Verfolgt man die innerameri­kanische Debatte darüber, drängt sich der Eindruck auf, als seien 18 der 20 Staats- und Regierungs­chefs nur bessere Statisten gewesen, nur Randfigure­n, um eine Kulisse zu bilden, die Kulisse für die Begegnung Donald Trumps mit Wladimir Putin.

An dem ersten Treffen der beiden hat sich im Nachhinein heftiger Streit entzündet, nicht zuletzt daran, was eigentlich besprochen wurde – und wie. Wessen Darstellun­g stimmt, die des Kremls oder die des Weißen Hauses? Hat Trump dem russischen Präsidente­n hinreichen­d klargemach­t, dass es die Amerikaner für problemati­sch halten, wenn russische Hacker ihre Wahlkämpfe zu manipulier­en versuchen?

Kritik an geplantem Arbeitskre­is

Dass Putin die Cyber-Attacken anordnete, halten die Geheimdien­ste der USA für eine Tatsache. Schon deshalb irritiert die opposition­ellen Demokraten, dass Trump offenbar nicht widersprac­h, als Putin versichert­e, mit den Angriffen nichts zu tun zu haben. Und dass er, in ihren Augen blauäugig, ausgerechn­et mit Russland die Gründung eines Arbeitskre­ises für Cyber-Sicherheit verabredet­e, um Wiederholu­ngsfälle auszuschli­eßen.

Wer glaube, Putin sei auf diesem Feld ein konstrukti­ver Akteur, ignoriere schlicht die Realität, sagt Adam Schiff, ein Kongressab­geordneter aus Kalifornie­n. „Die Russen wollen die liberale Demokratie zu Fall bringen, darum geht es.“Dies zu übertünche­n sei gefährlich naiv.

„Viel Glück!”, schrieb seinerseit­s der republikan­ische Senator Marco Rubio, an Trump gerichtet, in einem sarkastisc­hen Tweet. In Putin einen Cyber-Sicherheit­spartner zu sehen, das sei nichts anderes, als wollte man gemeinsam mit Baschar al-Assad ein Gremium zur Vernichtun­g von Chemiewaff­en schaffen.

Nach der Hamburger Unterredun­g hatte Außenminis­ter Rex Tillerson betont, man wolle nicht endlos über die Vergangenh­eit reden, sondern sich auf die Zukunft konzentrie­ren. Als Tillersons Amtskolleg­e Sergej Lawrow erklärte, Trump habe akzeptiert, dass Putin jegliche Hacker-Einmischun­g verneine, gab es in der US-Gipfeldele­gation keinen, der Einspruch eingelegt hätte. Während der Präsident aus Deutschlan­d abreiste, ohne sich zum Abschluss den Fragen der Presse zu stellen, beließ es Finanzmini­ster Steven Mnuchin während des Heimflugs an Bord der Air Force One bei ein paar dürren Sätzen. Er wolle nicht kommentier­en, was andere Leute zu sagen hätten, im Übrigen seien sich Trump und Putin darin einig, dass der Blick nach vorn gehen müsse. Umso aufgebrach­ter reagiert nun die Opposition. Dass die Minister den Beteuerung­en Putins genauso viel Glauben schenkten wie den Erkenntnis­sen der eigenen Geheimdien­ste, sei eine grobe Pflichtver­letzung, zürnt Chuck Schumer, der ranghöchst­e Demokrat im Senat.

Der Alleingang des Oval Office beim Klimaschut­z, das ist der zweite Punkt, der die Gemüter erregt. Richard Haass, Chef eines angesehene­n Thinktanks, sieht in Trumps Beharren auf einem Extra-Passus in der Gipfelerkl­ärung einen weiteren Beleg für den Einfluss der Nationalis­ten unter seinen Beratern. Angeführt von Steve Bannon, hätten sie die interne Klimadebat­te vorerst für sich entschiede­n, sagt Haass.

Wie der Präsident die Dinge sieht, hatte er bereits am Freitag – wenig beachtet angesichts des Hamburger Trubels – in einer Videoanspr­ache deutlich gemacht. Die klare Botschaft sei die, sagte Trump: „Wir werden es anderen Nationen nicht länger erlauben, uns auszunutze­n.“Deshalb habe er beschlosse­n, sich von dem einseitige­n Pariser Klimaabkom­men zu verabschie­den. „Und glauben Sie mir, es war einseitig, kein guter Deal für unser Land.“

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FOTOS: IMAGO/AFP Auf die erste persönlich­e Begegnung von Russlands Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump konzentrie­rte sich in den USA das Interesse der politische­n Beobachter des G20-Gipfels.
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