Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Ein Schweizer soll die OSZE-Krise lösen

- Von Rudolf Gruber, Wien

Die Führungskr­ise in der OSZE scheint gelöst, Russland gab die monatelang­e Blockade auf: Auf einer Tagung der Außenminis­ter nahe Wien wurden vakante Spitzenpos­ten neu besetzt.

Der Schweizer Spitzendip­lomat Thomas Greminger wird neuer Generalsek­retär der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE). Das beschlosse­n am Dienstag die Außenminis­ter bei ihrem Halbjahres­treffen unter österreich­ischem Vorsitz in Mauerbach bei Wien. Der gebürtige Luzerner Greminger ist Nachfolger des Ende Juni zurückgetr­etenen Italieners Lamberto Zannier, der nunmehr neuer Kommissar für Minderheit­en ist.

Die Neubesetzu­ng soll heute formal bestätigt werden. Er hoffe, so der amtierende OSZE-Vorsitzend­e und Österreich­s Außenminis­ter Sebastian Kurz, „dass alle zu ihrem Wort stehen“. Der russische Chefdiplom­at Sergej Lawrow, der zu den Hauptblock­ierern zählte, meinte dazu trocken: „Wenn es einen Konsens geben wird, werden wir ihn nicht blockieren.“

Sebastian Kurz hatte zuvor die Amtskolleg­en zu mehr Kompromiss­bereitscha­ft aufgeforde­rt, um die volle Funktionst­üchtigkeit der OSZE wiederherz­ustellen. Allerdings ist das Treffen in Mauerbach mäßig besucht: Mit Ausnahme des Russen Lawrow waren sämtliche Chefdiplom­aten der führenden westlichen Länder, die zum politische­n Hauptthema, der Ukraine-Krise, etwas zu sagen hätten, abwesend – allen voran Rex Tillerson (USA) und Sigmar Gabriel (Deutschlan­d). Von den Außenminis­tern der 57 OSZE-Mitgliedss­taaten kam gerade einmal die Hälfte nach Mauerbach.

Lawrows Erscheinen ist weniger eine Wertschätz­ung der OSZE, deren Friedens- und Beobachter­mission in der Ukraine Moskau eher als lästig empfindet. Russland nutzt das Forum vor allem, um in Gesprächen Einfluss auf westliche Regierunge­n zu nehmen. Lawrow blieb indes ein Zusammentr­effen mit dem ukrainisch­en Außenminis­ter Pavlo Klimkin erspart, der kurzfristi­g wegen anderer Verpflicht­ungen in Kiew abgesagt hat.

Konkrete Ergebnisse zur UkraineKri­se werden in Mauerbach nicht erwartet. Etwa zum Minsker Friedensab­kommens, das Russland unterzeich­net hat, aber zugleich verweigert, die Souveränit­ät der Ukraine anzuerkenn­en. Dafür macht sich vor allem Kanzlerin Angela Merkel stark, sie hatte kürzlich in der EU erneut eine Verlängeru­ng der Sanktionen gegen Russland durchgeset­zt.

Das OSZE-Vorsitzlan­d Österreich, das formal die Sanktionen mitträgt, gilt als eher Russland-freundlich. Kanzler Christian Kern und Außenminis­ter Kurz stellen deren Sinn immer wieder infrage. Das kommt in Moskau gut an. Nicht zuletzt deshalb kann der OSZE-Vorsitzend­e bisher zwei wichtige Erfolge verbuchen: den Durchbruch in der Personalkr­ise sowie die kürzlich erzielte Verlängeru­ng der Stationier­ung von rund 1000 OSZE-Beobachter­n in den ostukraini­schen Regionen.

Der knapp 31-jährige Kurz, hoffnungsv­oller Kanzlerkan­didat der ÖVP bei der Nationalra­tswahl im Herbst, musste zuletzt auch Kritik einstecken. Ihm wurde unter anderem vorgeworfe­n, er missbrauch­e den OSZE-Vorsitz für den Wahlkampf.

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