Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Mutmaßliche Automatenknacker sind gefasst
Die Geldautomatenaufbrüche in Engelswies, Göggingen und Hettingen gehen auf das Konto einer Bande
RUND UM SIGMARINGEN - Die Geldautomatenaufbrüche in Engelswies, Hettingen und Göggingen sind offenbar aufgeklärt. Wie das Landeskriminalamt mitteilt, gehen sie mutmaßlich auf das Konto einer südosteuropäischen Bande, die seit April 2016 insgesamt neun Geldautomaten in Baden-Württemberg und Hessen mit sogenannten Hydraulik-Spreizern gewaltsam geknackt und dann das Bargeld daraus gestohlen haben soll. Zehn weitere versuchte und misslungene Geldautomatenaufbrüche in Baden-Württemberg und anderen Bundesländern sollen hinzukommen.
Die Bandenmitglieder sollen dabei Fahrzeuge genutzt haben, an denen sie zuvor gestohlene Kennzeichen angebracht hatten. Nach derzeitigem Ermittlungsstand soll die Bande rund 600 000 Euro Bargeld erbeutet haben. Der geschätzte Sachschaden liegt bei 80 000 Euro.
In der Nacht vom 20. auf den 21. April 2016 hatten die Täter binnen weniger Stunden zunächst in Hettingen, später in Engelswies mit massiver Gewalt Geldautomaten der Volksbank aufgebrochen. Sie nutzten dafür Hydraulikspreizer, die sie zuvor in diversen Einbrüchen in Feuerwehrwachen gestohlen hatten. In der Nacht auf den 20. Februar 2017 knackten die gleichen Täter den Geldautomaten bei der Volksbank in Göggingen. Insgesamt entstand bei diesen drei Überfällen ein Sachschaden in Höhe von rund 63 000 Euro, die Täter erbeuteten eine sechsstellige Summe an Bargeld.
Ein Geldautomat kostet rund 35 000 Euro
Der Geldautomatenaufbruch hatte für die Bürger in Hettingen direkte Auswirkung: Die Volksbank Hohenzollern-Balingen ersetzte den Geldautomaten nie mehr, zum Jahresende 2016 schloss sie gleich die ganze Filiale in Hettingen. Die Filiale wäre allerdings wohl auch ohne den Aufbruch des Geldautomaten geschlossen worden. „Zu wenige Kunden frequentieren die Filialen in den kleineren Ortschaften“, teilte Vorstandsmitglied Franz Steinhart im Oktober 2016 mit, als die Volksbank Hohenzollern-Balingen im Zuge einer Neuausrichtung die Schließung von verschiedenen Filialen verkündete.
Die Filialen der Volksbank Meßkirch in Engelswies und Göggingen sind weiterhin offen, die Geldautomaten wurden ersetzt. „Ein Geldautomat kostet rund 35 000 Euro“, teilt Markus Herz vom Vorstand mit. Man habe aus den Erfahrungen der Geldautomatenaufbrüche gelernt und die Sicherheitsvorkehrungen entsprechend erhöht.
Nach monatelangen, auch grenzüberschreitend geführten Ermittlungen, identifizierten Ermittler der Abteilung Organisierte Kriminalität des Landeskriminalamts Baden-Württemberg (LKA) elf Tatverdächtige im Alter zwischen 28 und 50 Jahren und nahmen fünf von ihnen fest. Ein sechster Tatverdächtiger befindet sich bereits wegen anderer Delikte in Haft. Die in Kehl stationierte Einheit „Zentrale Ermittlungen Grenzüberschreitende Kriminalität” ermittelt seit Mai 2016 im Auftrag der Staatsanwaltschaft Mosbach gegen die Bande, da sie die Taten in ihrem Rückzugsgebiet in Frankreich und Belgien geplant haben und zur Begehung ihrer Taten nach Deutschland eingereist sein sollen. Die Staatsanwaltschaft Mosbach und die Ermittler des LKA werfen den Verdächtigen insgesamt neun vollendete und zehn versuchte Geldautomatenaufbrüche vor.
Nach aufwendigen Ermittlungen gelang es, am 9. Mai dieses Jahres zwei Südosteuropäer im Alter von 40 und 50 Jahren nach frischer Tat in Oberhausen festzunehmen und die gerade erbeuteten knapp 44 000 Euro Bargeld sicherzustellen. Der 40Jährige ist der mutmaßliche Kopf der Gruppierung. Drei weitere mutmaßliche Bandenmitglieder aus Südosteuropa wurden in einer international abgestimmten Aktion am 28. Juni in Straßburg, Brüssel und Kehl festgenommen. Bei zwei Wohnungsdurchsuchungen in Kehl und Brüssel wurden drei Hydraulikspreizer, drei gefälschte Ausweisdokumente (Identitätskarte, Führerschein, Reisepass), mutmaßliche Tatwerkzeuge wie Trennschleifer oder Spaltkeile sowie mehrere Handys sichergestellt.
Alle fünf Festgenommenen befinden sich in Untersuchungshaft. Neben dem sechsten, bereits inhaftierten Tatverdächtigen sind fünf weitere Tatverdächtige auf der Flucht, nach ihnen wird mit einem europäischen Haftbefehl gefahndet. Die Beschuldigten gelten bis zu einer etwaigen Verurteilung durch ein Gericht als unschuldig.