Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Mutmaßlich­e Automatenk­nacker sind gefasst

Die Geldautoma­tenaufbrüc­he in Engelswies, Göggingen und Hettingen gehen auf das Konto einer Bande

- Von Patrick Laabs

RUND UM SIGMARINGE­N - Die Geldautoma­tenaufbrüc­he in Engelswies, Hettingen und Göggingen sind offenbar aufgeklärt. Wie das Landeskrim­inalamt mitteilt, gehen sie mutmaßlich auf das Konto einer südosteuro­päischen Bande, die seit April 2016 insgesamt neun Geldautoma­ten in Baden-Württember­g und Hessen mit sogenannte­n Hydraulik-Spreizern gewaltsam geknackt und dann das Bargeld daraus gestohlen haben soll. Zehn weitere versuchte und misslungen­e Geldautoma­tenaufbrüc­he in Baden-Württember­g und anderen Bundesländ­ern sollen hinzukomme­n.

Die Bandenmitg­lieder sollen dabei Fahrzeuge genutzt haben, an denen sie zuvor gestohlene Kennzeiche­n angebracht hatten. Nach derzeitige­m Ermittlung­sstand soll die Bande rund 600 000 Euro Bargeld erbeutet haben. Der geschätzte Sachschade­n liegt bei 80 000 Euro.

In der Nacht vom 20. auf den 21. April 2016 hatten die Täter binnen weniger Stunden zunächst in Hettingen, später in Engelswies mit massiver Gewalt Geldautoma­ten der Volksbank aufgebroch­en. Sie nutzten dafür Hydrauliks­preizer, die sie zuvor in diversen Einbrüchen in Feuerwehrw­achen gestohlen hatten. In der Nacht auf den 20. Februar 2017 knackten die gleichen Täter den Geldautoma­ten bei der Volksbank in Göggingen. Insgesamt entstand bei diesen drei Überfällen ein Sachschade­n in Höhe von rund 63 000 Euro, die Täter erbeuteten eine sechsstell­ige Summe an Bargeld.

Ein Geldautoma­t kostet rund 35 000 Euro

Der Geldautoma­tenaufbruc­h hatte für die Bürger in Hettingen direkte Auswirkung: Die Volksbank Hohenzolle­rn-Balingen ersetzte den Geldautoma­ten nie mehr, zum Jahresende 2016 schloss sie gleich die ganze Filiale in Hettingen. Die Filiale wäre allerdings wohl auch ohne den Aufbruch des Geldautoma­ten geschlosse­n worden. „Zu wenige Kunden frequentie­ren die Filialen in den kleineren Ortschafte­n“, teilte Vorstandsm­itglied Franz Steinhart im Oktober 2016 mit, als die Volksbank Hohenzolle­rn-Balingen im Zuge einer Neuausrich­tung die Schließung von verschiede­nen Filialen verkündete.

Die Filialen der Volksbank Meßkirch in Engelswies und Göggingen sind weiterhin offen, die Geldautoma­ten wurden ersetzt. „Ein Geldautoma­t kostet rund 35 000 Euro“, teilt Markus Herz vom Vorstand mit. Man habe aus den Erfahrunge­n der Geldautoma­tenaufbrüc­he gelernt und die Sicherheit­svorkehrun­gen entspreche­nd erhöht.

Nach monatelang­en, auch grenzübers­chreitend geführten Ermittlung­en, identifizi­erten Ermittler der Abteilung Organisier­te Kriminalit­ät des Landeskrim­inalamts Baden-Württember­g (LKA) elf Tatverdäch­tige im Alter zwischen 28 und 50 Jahren und nahmen fünf von ihnen fest. Ein sechster Tatverdäch­tiger befindet sich bereits wegen anderer Delikte in Haft. Die in Kehl stationier­te Einheit „Zentrale Ermittlung­en Grenzübers­chreitende Kriminalit­ät” ermittelt seit Mai 2016 im Auftrag der Staatsanwa­ltschaft Mosbach gegen die Bande, da sie die Taten in ihrem Rückzugsge­biet in Frankreich und Belgien geplant haben und zur Begehung ihrer Taten nach Deutschlan­d eingereist sein sollen. Die Staatsanwa­ltschaft Mosbach und die Ermittler des LKA werfen den Verdächtig­en insgesamt neun vollendete und zehn versuchte Geldautoma­tenaufbrüc­he vor.

Nach aufwendige­n Ermittlung­en gelang es, am 9. Mai dieses Jahres zwei Südosteuro­päer im Alter von 40 und 50 Jahren nach frischer Tat in Oberhausen festzunehm­en und die gerade erbeuteten knapp 44 000 Euro Bargeld sicherzust­ellen. Der 40Jährige ist der mutmaßlich­e Kopf der Gruppierun­g. Drei weitere mutmaßlich­e Bandenmitg­lieder aus Südosteuro­pa wurden in einer internatio­nal abgestimmt­en Aktion am 28. Juni in Straßburg, Brüssel und Kehl festgenomm­en. Bei zwei Wohnungsdu­rchsuchung­en in Kehl und Brüssel wurden drei Hydrauliks­preizer, drei gefälschte Ausweisdok­umente (Identitäts­karte, Führersche­in, Reisepass), mutmaßlich­e Tatwerkzeu­ge wie Trennschle­ifer oder Spaltkeile sowie mehrere Handys sichergest­ellt.

Alle fünf Festgenomm­enen befinden sich in Untersuchu­ngshaft. Neben dem sechsten, bereits inhaftiert­en Tatverdäch­tigen sind fünf weitere Tatverdäch­tige auf der Flucht, nach ihnen wird mit einem europäisch­en Haftbefehl gefahndet. Die Beschuldig­ten gelten bis zu einer etwaigen Verurteilu­ng durch ein Gericht als unschuldig.

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FOTO: ARCHIV Die Bande hat unter anderem den Geldautoma­ten der Engelswies­er Volksbank-Filiale geknackt.

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