Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Biogas könnte bald verflüssigt werden
Erdgas Südwest plant den Bau einer Biohybrid-Anlage beim Energiepark Hahnennest
HAHNENNEST - Das Unternehmen Erdgas Südwest will im Ostracher Teilort Hahnennest eine BiohybridAnlage bauen. In dieser Anlage soll das Biogas des Energieparks Hahnennest aufbereitet und verflüssigt werden. Das flüssige Gas kann als Kraftstoff genutzt oder in der chemischen Industrie weiterverarbeitet werden. Es kann aber auch als Energiespeicher dienen.
Für den Bau der Anlage investiert Erdgas Südwest zwischen zehn und 13 Millionen Euro. Die Anlage soll bis zu zehn Tonnen Bio-Flüssiggas pro Tag produzieren können. Damit könnten Angaben des Unternehmens zufolge 2500 Durchschnittshaushalte ein Jahr lang mit Biomethan versorgt werden. Die Anlage soll auf einer Fläche von 3500 Quadratmetern entstehen und bis zu 13 Meter hoch werden. Bevor der Bauantrag gestellt werden kann, muss die Gemeinde Ostrach den Bebauungsplan ändern. Wenn alles nach Plan läuft, könnte schon nächstes Jahr mit dem Bau begonnen werden.
„Das wäre die erste BiohybridAnlage in dieser Form in Deutschland“, sagt Susanne Freitag, Pressesprecherin bei Erdgas Südwest. Solche Anlagen gibt es recht selten: Ein ähnliches Modell gibt es ihren Angaben zufolge nur in der norwegischen Hauptstadt Oslo. Das Biogas wird dort auf Minus 162 Grad Celsius heruntergekühlt. Bei diesem Prozess verliert es deutlich an Masse, sodass große Mengen der Flüssigkeit auf verhältnismäßig kleinem Raum gelagert werden können.
„Im Bio-Flüssiggas sehen wir großes Potenzial“, sagt sie. Damit könnten beispielsweise Gebiete mit Gas versorgt werden, die nicht an ein Leitungsnetz angeschlossen sind. Mit Tanklastwagen könnte das Flüssiggas etwa direkt zu Großkunden aus der Industrie transportiert werden. „Ein Nebeneffekt ist, dass die Energie, die zur Verflüssigung des Biogases eingesetzt wurde, wieder freigesetzt wird, sobald die Flüssigkeit zurück zu Gas umgewandelt wird“, erläutert Susanne Freitag.
Energie kann gespeichert werden
Aus diesem Grund könne Bio-Flüssiggas auch als Energiespeicher genutzt werden. Denn die Flüssigkeit könne bei Bedarf jederzeit wieder zu Gas umgewandelt werden. „Damit können Engpässe in der Energieversorgung ausgeglichen werden“, sagt Susanne Freitag. Das sei vor allem mit Blick auf die Energiewende interessant. „Die Produktion von Biogas lässt sich besser steuern als Sonne oder Wind“, sagt sie. „Deswegen suchen wir nach Lösungen, um diesen Vorteil noch besser nutzen zu können.“
Darüber hinaus könne das BioFlüssiggas als Kraftstoff für Fahrzeuge mit Gasantrieb genutzt werden. „Das bietet sich vor allem in Städten an, in denen die Feinstaub-Belastung hoch ist“, sagt sie. Es könne Städte wie Stuttgart oder Berlin entlasten, wenn dort die öffentlichen Verkehrsmittel auf Gasantrieb umgestellt werden. Genauso könnten Schiffe mit dem Flüssiggas angetrieben werden. Ein weiterer Absatzmarkt sei dann noch die chemische Industrie, die das Gas zu anderen Stoffen weiterverarbeiten kann. Beispielsweise müssten dann Kunststoffe nicht mehr zwangsläufig auf Mineralölbasis hergestellt werden.
Hahnennest ist für Erdgas Südwest aus zwei Gründen ein attraktiver Standort für die geplante Biohybrid-Anlage. Zum einen befindet sich dort die Biogasanlage des Energieparks, zum anderen verläuft dort eine Erdgasleitung. Die Anlage – darauf deutet die Bezeichnung „hybrid“hin – könnte an dieser Stelle sowohl mit Biogas als auch mit Erdgas gespeist werden. „Unser erstes Ziel ist aber, regionale Energie verwertbar zu machen“, sagt Susanne Freitag. Deshalb solle dort später schwerpunktmäßig Biogas verarbeitet werden. Für den Energiepark Hahnennest wäre die geplante Anlage ein zusätzliches Standbein. „In Zukunft wollen wir einen Teil unseres Rohgases, das wir aus Apfeltrester und der Energiepflanze DonauSilphie gewinnen, in die BiohybridAnlage einleiten“, sagt Thomas Metzler, der geschäftsführende Gesellschafter des Energieparks. Die Vermarktung des Gases übernimmt die Erdgas Südwest. Dies könne zukunftsweisend sein, wenn die Förderung von Biogas nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) endet.
Die Dorfgemeinschaft Kalkreute organisiert heute, Dienstag, um 19 Uhr eine Informationsveranstaltung zu der geplanten BiohybridAnlage. Dort soll es vor allem um Bedenken hinsichtlich zusätzlicher Lärmbelästigungen gehen.