Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Instabilität ist wieder Alltag
Die Brasilianer lieben Lichtgestalten, die sie wie Heilige verehren. Ob die Legenden im realen Leben wirklich so selbstlos unterwegs waren, wird häufig erst nach dem Ende ihrer aktiven Zeit hinterfragt.
Als Lula Präsident war, wurde er für Stabilität, Wachstum und eine spürbare Verringerung der Armut gefeiert, auch wenn so mancher die Stirn runzelte darüber, dass ein Sohn Lulas – von Beruf Tierpfleger in einem staatlichen Zoo – plötzlich über Millionenreichtum verfügte. „Er ist eben ein Phänomen“, watschte der damalige Staatschef kritische Fragesteller ab.
Jetzt droht Lula selbst die Gefängniszelle und Brasilien taumelt in die nächste Krise. Weite Teile der politischen und wirtschaftlichen Elite sind bestechlich oder bestechen. Die Frustration vor allem im Mittelstand ist groß. Trotz der Proteste von Millionen von Brasilianern halten sich vor allem die Partei- und Gewerkschaftsbosse an der Macht, gleichgültig ob links oder rechts. Jetzt hat es Lula erwischt. Es bedarf keiner magischen Glaskugel zu prognostizieren, dass auch der aktuelle Präsident Michel Temer wegen Korruption stürzen wird. Politische Instabilität gehört wieder zum Alltag.
Es ist tragisch: Brasilien war dabei, ein wichtiger Faktor der Weltpolitik zu werden. Nun nähert sich das Riesenland wieder dem Status einer Bananenrepublik an.