Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Verhüllungskünstler ist fleißig am Werk
Der heiße Juni hat die Entwicklung der Gespinstmotte begünstigt – Sie ist ungefährlich
SIGMARINGEN - Sie verwandelt Wildsträucher in gespenstische, mumifizierte Gerippe: Die Gespinstmotte ist heuer auf dem Vormarsch. Das, weiß Alfred Bauernfeind, NabuVorsitzender in Sigmaringen, ist vor allem der Witterung zuzuschreiben: „Dieses Jahr gibt es einen stärkeren Befall“, sagt er. Schuld sei der heiße und trockene Juni gewesen. Obwohl die Gespinstmotte als Schädling betrachtet werden kann: großen Schaden richtet sie nicht an. Am besten, rät Bauernfeind, sei es, man lässt sie einfach in Ruhe.
Was für das ungeschulte Auge wie ein riesiges Geflecht an Spinnweben aussieht, ist das eindrucksvolle Werk kleiner Raupen, die sich derzeit zu kleinen weißen Schmetterlingen mit schwarzen Punkten entwickeln. Vor allem im Juni wickelt die Gespinstmotte bestimmte Bäume mit ihren seidenartigen Fäden ein. So schafft sie einen Schutz vor Fressfeinden wie dem Vogel aber auch Regen. Nach dem Schlüpfen im Juli legt sie ihre Eier in Stammnähe ab, wo die Eier ein Jahr überdauern und im Frühjahr wieder Raupen schlüpfen. Das Problem in den Augen der Gartenbesitzer: Die Raupen fressen den Strauch oder Baum kahl, da sie sich von Blattwerk ernährt.
Motte mag Traubenkirschen
Vorzugsweise wählt die Gespinstmotte die Traubenkirsche. „In Bootshausnähe haben sich Gespinstmotten auf einer solchen niedergelassen“, weiß Bauernfeind. Aber auch Pfaffenhütchen und in seltenen Fällen Apfelbäume gehören zum bevorzugten Lebensraum. Die Blätter der Pflanze wachsen zwar nach, sobald die Motte den Strauch oder Baum wieder verlässt – beim Apfelbaum kann dadurch aber das Wachstum der Äpfel verlangsamt werden, was zu kleineren Früchten führt. „Der Baum benötigt die Nährstoffe für die Blattproduktion“, erklärt Bauernfeind. Der Fruchtansatz oder der Stamm bleibt aber unbeschadet.
Noch sei kein verärgerter Landwirt oder Gartenbesitzer auf ihn zugekommen. Er rät, die Motte in Ruhe zu lassen. „Eine Bekämpfung ist eh kaum möglich und sie tut ja nichts. Aber manch einer ekelt sich vor ihr.“In besonderen Fällen könne man Gift zu einem sehr frühen Stadium spritzen. Doch viel lieber wäre es Bauernfeind, man würde die Gespinstmotte als Verhüllungskünstler sehen: „Sie macht ja nichts anderes als Christo“, sagt der 66-Jährige schmunzelnd.