Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die letzte Reise führt von Australien nach Ostrach
Erwin Wilhelm wird in seiner Heimatgemeinde bestattet – Großes soziales Engagement
OSTRACH (ur) - „Wer die Heimat liebt, kehrt gerne heim“– so lautet ein altes Sprichwort. Bewegend trifft es auf den Ostracher Erwin Wilhelm zu, der nach seinem Tod im fernen Australien nunmehr in sein Heimatdorf zurückgekehrt ist. Dort wird er, seinem Lebenswunsch entsprechend, am Freitag auf dem Heimatfriedhof inmitten seiner ehemaligen Freunde, Altersgenossen und Schulkameraden die ewige Ruhe finden.
Zeitlebens war Erwin Wilhelm auf der ganzen Welt unterwegs, aber er war für seine Unternehmungen gerüstet. Das Fundament schuf er sich durch eine abgeschlossene handwerkliche Lehre mit Meisterprüfung als Schreiner. Damit ging er mit Leidenschaft und Engagement hinaus in die Welt, um seinem Maßstab entsprechend Existenzen zu gründen und Menschen in unterentwickelten Ländern ein lebenswertes Dasein zu schaffen. Das soziale Engagement, das ihn bereits seit der Jugendzeit am Herzen lag, war schließlich einer der Motoren, die ihn dazu bewegten, Mitmenschen als Bruder zu sehen – ohne dabei auf Nationalität oder Herkunft zu achten. Dafür hat ihm im Jahre 1988 Bundespräsident Richard von Weizsäcker das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Bereits drei Jahre zuvor hatte ihn der Generalgouverneur von Papua-Neuguinea mit der Staatsmedaille geehrt.
Nach der Lehre in die Welt
Das Leben von Erwin Wilhelm war ereignisreich. Mit zwei Geschwistern, Eduard und Frieda, wuchs er im Hause der Eltern Emil und Berta Wilhelm auf. Den Lebensunterhalt der Familie verdiente der Vater sich im Sägewerk Meschenmoser. Mit Holz beschäftigte sich Erwin Wilhelm bereits als Schüler. Es war kein Wunder, dass er nach Ende der Schulzeit bei Meister Halm in die Schreinerlehre ging und sein handwerkliches Können und Wissen in der Technikerschule in Stockach erweiterte. Erwin Wilhelm blickte bereits damals über den Tellerrand hinaus: Ihn packte das Reisefieber. Mit seinem Motorrad ging es in Richtung Australien, wo er zwei Jahre als Schreiner arbeitete.
Bei einer abenteuerlichen Fahrt quer durch Asien lernte er die Welt kennen. Doch nicht genug. Mit klaren Zielen lockte es ihn in das Hochland von Neuguinea, wo er Schulen für eine Mission baute. Schließlich erfüllte sich sein großer Traum, einen eigenen Betrieb für Qualitätsmöbel zu erstellen. Bis zu 220 Einheimische waren dort beschäftigt. Zahlreichen Einheimischen verhalf Erwin Wilhelm zum Beruf des Schreiners. Seine Spezialitäten waren Haus- und Büromöbel aus Rosenholz. Schließlich wurde der Ostracher „Pionier der Holzindustrie“im ganzen Land und darüber hinaus bekannt, auch dank der Unterstützung seiner Frau Inge.
Dort und in seiner Heimatgemeinde bleibt die Erinnerung an Erwin Wilhelm als tüchtiger Handwerker, Optimist, unternehmungsfreudiger und heimattreuer Mensch. Um ihn trauern seine Ehefrau Inge, geborene Wetzel, und die Töchter Christine, Birgit und Gabriele mit ihren Familien.
Erwin Wilhelm ist im Alter von 84 Jahren bereits am 14. Januar während eines Inlandfluges von Melbourne nach Perth in Australien verstorben. Seine Asche findet am heutigen Freitag um 15 Uhr auf dem Heimatfriedhof Ostrach ihre irdische Ruhestätte.
Ernst Wilhelm erhält vom Generalgouverneur die Staatsmedaille von Papua-Neuguinea.