Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Wir sind zwei ganz normale Brüder“
Rani Khedira ist der Neuzugang mit dem prominentesten Namen beim FC Augsburg – Sami als ständiger Berater
mmerhin neunmal spielte Rani Khedira einst für die erste Mannschaft des VfB Stuttgart. Das und die optische Ähnlichkeit zu seinem Bruder Sami weckten schon damals hohe Erwartungen. Nun ist er zurück im Süden. Als Teil des Augsburger Riesenkaders reiste er diese Woche zur Saisonvorbereitung nach Mals (Südtirol). Im Gespräch mit Felix Alex sprach der 23-jährige Mittelfeldspieler über neue Ziele, seinen Bruder und den VfB Stuttgart.
Herr Khedira, von Stuttgart über Leipzig nach Augsburg: Für Sie ist es eine Art Rückkehr in den Süden. Hat auch die Region bei Ihrer Vereinswahl eine Rolle gespielt?
Es war nicht so, dass ich gesagt habe, ,ich möchte wieder so nah wie möglich an die Heimat‘. Ich habe einfach geschaut, wo es die beste Perspektive gibt und wo ich auf viele Spiele kommen kann, und da hat der FC Augsburg ein gutes Gesamtpaket geboten.
War auch die Rückkehr zum VfB Stuttgart ein Thema?
In Gedanken spielt vieles eine Rolle, aber du musst das Gesamtpaket sehen. Die Gespräche mit den Verantwortlichen des FCA liefen sehr gut.
Zuletzt spielten Sie drei Jahre bei RB Leipzig, kamen aber in der Bundesliga nur noch selten zum Einsatz – woran lag es?
Das hatte mehrere Gründe: Wir hatten eine unheimliche Qualität, Naby Keita wurde zum besten Mittelfeldspieler Deutschlands gewählt, und die Spieler, die gespielt haben, haben es sehr gut gemacht. So musste ich mich, leider Gottes, mit dem Status Ergänzungsspieler begnügen.
Wie bewerten Sie Ihre drei Jahre in Leipzig?
Letztendlich positiv. Ich bin mit 19 Jahren nach Leipzig gewechselt, als Junge, der bis dahin nur bei Mama gewohnt hat, der nur bei einem Verein gespielt hat, dort alle Abläufe kannte. Dann bin ich – in Anführungszeichen – in die große Welt, musste mich neu zurechtfinden, neue Menschen und einen neuen Verein kennenlernen, eine komplette neue Fußballstrategie und Taktik – das war ein guter Reifeprozess für mich.
Was trauen Sie Ihren Ex-Kollegen in der Champions League zu?
Ich glaube, dass sie eine sehr gute Rolle spielen können, weil sie ein bisschen unter dem Radar laufen. Die Qualität ist unglaublich, sie sind sehr eingespielt, in den letzten zwei, drei Jahren hat sich die Mannschaft kaum verändert, die Abläufe sind klar, und ich glaube, das Pressing in der Art und Weise kennt man in Europa auch noch nicht so gut. Ich glaube schon, dass sie eine Überraschung werden können.
Beim Namen Khedira denkt man zwangsläufig an Ihren Bruder, wie sehr nervt es, immer wieder darauf angesprochen zu werden?
Nerven wäre das falsche Wort, aber wenn immer wieder dieselben Fragen kommen, denke ich schon: ,das habe ich doch bereits x-mal beantwortet‘. Aber klar ist es interessant und normal, dass man auch über den großen Bruder spricht, weil er einfach auch vieles erlebt und erreicht hat.
Wie eng ist die Bindung zu Sami?
Wir waren jetzt auch mal zusammen im Urlaub, haben ein sehr enges Verhältnis und stehen im ständigen Kontakt. Allgemein ist das Verhältnis bei unserer Familie zwischen allen sehr eng und freundschaftlich und vertrauensvoll. Man kann es sich vorstellen, wie in jeder anderen stinknormalen Familie.
Nur dass eben die Aufmerksamkeit immens ist ...
Aber das macht uns ja nicht zu ande- ren Menschen, wir benehmen uns ja nicht anders.
Worin unterscheiden sich denn die Khedira-Brüder?
Das können eher andere Menschen beurteilen, aber ich denke, wir sind da ähnlich gestrickt, haben gleiche Charakterzüge. Wir haben die gleichen Tugenden: mit großem Respekt, Höflichkeit und Disziplin an den Tag gehen – so wie unsere Eltern uns eben erzogen haben. So sind wir – ganz normale Brüder.
Ihr Bruder hat Ihnen vor wenigen Monaten noch geraten, in Leipzig zu bleiben. Was sagt er zum FCA?
Er sagt auch, dass es der richtige Schritt für mich ist. Ich bin jetzt 23. Das ist ein Alter, in dem ich unbedingt spielen muss, und die Gegebenheit war in Leipzig einfach nicht da, deshalb war das nun der logische Schritt.
Überregional macht der FCA derzeit mit seinem Riesen-Kader Schlagzeilen. 41 Spieler sind im Trainingslager dabei. Kennen Sie denn überhaupt schon alle Ihre neuen Teamkollegen?
Ja, nach und nach kenne ich sie schon, aber wir sind direkt ins Trainingslager gereist, und das macht die Integration natürlich einfacher. Wir trainieren gerade sehr viel die Taktik und Grundordnung – dass jeder weiß, wie er das Mannschaftsgefüge zusammenhält. Die Umstellung zu Leipzig ist natürlich immens, aber ich versuche viel zuzuhören und in jeder Trainingseinheit etwas mitzunehmen, aber jetzt habe ich ja auch sechs Wochen Zeit, um die DNA des Vereins kennenzulernen.
Nicht nur für Sie ist diese Saison vieles neu, auch der VfB Stuttgart ist wieder zurück in der Bundesliga. Wo steht Ihr Ex-Club am 34. Spieltag?
Ich weiß nicht, was das Ziel des VfB ist, aber ich traue ihnen Einiges zu, weil sie nach dem Abstieg vieles richtig gemacht haben. Ich wünsche ihnen zwar alles Gute, aber am Ende des Tages wünsche ich uns, dass wir vor dem VfB stehen werden.