Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Wer fotografiert, muss gehen
Im Sigmaringer Freibad herrscht Fotoverbot – Bislang wenige Vorfälle
SIGMARINGEN - Sich sonnende Körper, knappe Badekleidung, wenig Intimabstand: Im Freibad haben Voyeure leichtes Spiel. Mit der Erfindung des Smartphones ist für viele Bäderbetriebe ein neues Problem entstanden: Das heimliche Fotografieren und Filmen ahnungsloser Badegäste. Wie begegnet man dem Phänomen in Sigmaringen?
In der Haus- und Badeordnung des Sigmaringer Freibads ist seit jeher verankert, dass keine fremden Badegäste fotografiert werden dürfen, sagt Betriebsmeister für Bäder, Florian Kubenz. Bei öffentlichen Veranstaltungen werden natürlich Bilder gemacht – jedoch von professionellen Fotografen. Gemeldete Vorfälle gab es bislang zwei – einmal sei ein Badegast durchs Bad gelaufen und hätte dabei einen Videoanruf getätigt. Andere Besucher hatten sich beschwert, weshalb Mitarbeiter eingriffen. Ein anderes Mal wurde eine Gruppe Mädchen am Beckenrand fotografiert, die den Vorfall gemeldet hatten. In beiden Fällen zeigten sich die „Fotografen“einsichtig und löschten das Bildmaterial. Bei renitenten Besuchern würde Kubenz ein Hausverbot verhängen. „Wenn jemand 500 Fotos von Badegästen macht, würde er vermutlich dauerhaftes Hausverbot erhalten.“Die Polizei wird nur eingeschaltet, wenn es der Betroffene wünscht, da es sich um eine Ordnungswidrigkeit, und um keine Straftat handelt. „Solche Vorfälle werden uns erst gemeldet, seit es Smartphones gibt und seit Medien darüber berichten“, sagt der 31-Jährige. Vor allem wasserfeste Smartphones hätten die Diskussion neu entfacht: „Die kriegt man ja schon für 200 Euro, früher konnten sich nur wenige wasserfeste Kameras leisten.“Unter Wasser sei es kaum möglich zu überwachen, ob fotografiert werde.
Es gibt aber auch Grauzonen. „Wenn die Oma ihren im Becken planschenden Enkel fotografiert, sagen wir nichts. Aber wenn beispielsweise ein Mann ohne Begleitung herumläuft und willkürlich fotografiert, schreiten wir ein. Die Mitarbeiter des Bades lassen sich im Zweifel auch das Handy zeigen. „Bislang kamen uns alle, deren Verhalten uns verdächtig vorkam und die wir gebeten hatten, uns ihre Bildergalerie zu zeigen, entgegen.“
In Ravensburg wurde erst kürzlich ein Fall der Polizei gemeldet: Ein 55-Jähriger war am 7. Juli verdächtigt worden, Badegäste gefilmt zu haben. Der Verdacht erhärtete sich zwar nicht, die Polizei fand aber einschlägiges Bildmaterial auf dessen Handy. Laut Polizeisprecher Thomas Straub kam es im Kreis Sigmaringen noch zu keinem angezeigten Fall, doch Ende Mai hatte die Mutter eines Mädchens im Grundschulalter der Polizei nachträglich einen Vorfall zu Protokoll gegeben: Sie hatte vermutet, dass ein Mann ihr Kind im Sigmaringer Freibad gefilmt habe. Da die Polizei erst nachträglich eingeschaltet wurde, ist unklar, was es genau damit auf sich hatte – es wurde nicht ermittelt.
Kontrolle ist schwer zu leisten
Für die Mitarbeiter des Freibads sei es schwer zu kontrollieren, ob Badegäste gegen das Verbot verstoßen. Denn ob jemand im Internet surft oder unauffällig die Kamerafunktion nutzt, ist von außen nicht ersichtlich. „Unsere Augen sind natürlich vor allem auf dem Wasser, nicht so sehr auf der Liegewiese“, sagt Kubenz. „Darum ist es wichtig, dass Badegäste zu uns kommen, wenn sie sich gestört fühlen.“
Ein generelles Handyverbot ist derzeit kein Thema im Sigmaringer Freibad. Andere Bäder greifen zu Tricks, geben beispielsweise am Eingang Sticker aus, um die Kameras abzukleben: „Ich persönlich fände das zu aufwendig und halte es für besser, dass sich die Leute gegenseitig kontrollieren. Dann kann man Probleme einvernehmlich klären und Missstände aus der Welt räumen“, sagt Kubenz.