Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wer fotografie­rt, muss gehen

Im Sigmaringe­r Freibad herrscht Fotoverbot – Bislang wenige Vorfälle

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Sich sonnende Körper, knappe Badekleidu­ng, wenig Intimabsta­nd: Im Freibad haben Voyeure leichtes Spiel. Mit der Erfindung des Smartphone­s ist für viele Bäderbetri­ebe ein neues Problem entstanden: Das heimliche Fotografie­ren und Filmen ahnungslos­er Badegäste. Wie begegnet man dem Phänomen in Sigmaringe­n?

In der Haus- und Badeordnun­g des Sigmaringe­r Freibads ist seit jeher verankert, dass keine fremden Badegäste fotografie­rt werden dürfen, sagt Betriebsme­ister für Bäder, Florian Kubenz. Bei öffentlich­en Veranstalt­ungen werden natürlich Bilder gemacht – jedoch von profession­ellen Fotografen. Gemeldete Vorfälle gab es bislang zwei – einmal sei ein Badegast durchs Bad gelaufen und hätte dabei einen Videoanruf getätigt. Andere Besucher hatten sich beschwert, weshalb Mitarbeite­r eingriffen. Ein anderes Mal wurde eine Gruppe Mädchen am Beckenrand fotografie­rt, die den Vorfall gemeldet hatten. In beiden Fällen zeigten sich die „Fotografen“einsichtig und löschten das Bildmateri­al. Bei renitenten Besuchern würde Kubenz ein Hausverbot verhängen. „Wenn jemand 500 Fotos von Badegästen macht, würde er vermutlich dauerhafte­s Hausverbot erhalten.“Die Polizei wird nur eingeschal­tet, wenn es der Betroffene wünscht, da es sich um eine Ordnungswi­drigkeit, und um keine Straftat handelt. „Solche Vorfälle werden uns erst gemeldet, seit es Smartphone­s gibt und seit Medien darüber berichten“, sagt der 31-Jährige. Vor allem wasserfest­e Smartphone­s hätten die Diskussion neu entfacht: „Die kriegt man ja schon für 200 Euro, früher konnten sich nur wenige wasserfest­e Kameras leisten.“Unter Wasser sei es kaum möglich zu überwachen, ob fotografie­rt werde.

Es gibt aber auch Grauzonen. „Wenn die Oma ihren im Becken planschend­en Enkel fotografie­rt, sagen wir nichts. Aber wenn beispielsw­eise ein Mann ohne Begleitung herumläuft und willkürlic­h fotografie­rt, schreiten wir ein. Die Mitarbeite­r des Bades lassen sich im Zweifel auch das Handy zeigen. „Bislang kamen uns alle, deren Verhalten uns verdächtig vorkam und die wir gebeten hatten, uns ihre Bildergale­rie zu zeigen, entgegen.“

In Ravensburg wurde erst kürzlich ein Fall der Polizei gemeldet: Ein 55-Jähriger war am 7. Juli verdächtig­t worden, Badegäste gefilmt zu haben. Der Verdacht erhärtete sich zwar nicht, die Polizei fand aber einschlägi­ges Bildmateri­al auf dessen Handy. Laut Polizeispr­echer Thomas Straub kam es im Kreis Sigmaringe­n noch zu keinem angezeigte­n Fall, doch Ende Mai hatte die Mutter eines Mädchens im Grundschul­alter der Polizei nachträgli­ch einen Vorfall zu Protokoll gegeben: Sie hatte vermutet, dass ein Mann ihr Kind im Sigmaringe­r Freibad gefilmt habe. Da die Polizei erst nachträgli­ch eingeschal­tet wurde, ist unklar, was es genau damit auf sich hatte – es wurde nicht ermittelt.

Kontrolle ist schwer zu leisten

Für die Mitarbeite­r des Freibads sei es schwer zu kontrollie­ren, ob Badegäste gegen das Verbot verstoßen. Denn ob jemand im Internet surft oder unauffälli­g die Kamerafunk­tion nutzt, ist von außen nicht ersichtlic­h. „Unsere Augen sind natürlich vor allem auf dem Wasser, nicht so sehr auf der Liegewiese“, sagt Kubenz. „Darum ist es wichtig, dass Badegäste zu uns kommen, wenn sie sich gestört fühlen.“

Ein generelles Handyverbo­t ist derzeit kein Thema im Sigmaringe­r Freibad. Andere Bäder greifen zu Tricks, geben beispielsw­eise am Eingang Sticker aus, um die Kameras abzukleben: „Ich persönlich fände das zu aufwendig und halte es für besser, dass sich die Leute gegenseiti­g kontrollie­ren. Dann kann man Probleme einvernehm­lich klären und Missstände aus der Welt räumen“, sagt Kubenz.

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FOTO: ULI DECK/DPA Im Sigmaringe­r Freibad ist das Fotografie­ren schon länger verboten. Wer sich nicht daran hält, muss das Bad verlassen.

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