Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

WLAN in den Bergen – braucht’s das zum Gipfelglüc­k?

- J.off@schwaebisc­he.de u.jauss@schwaebisc­he.de

Hoch hinaus zieht es mich bei Sonnensche­in und Schneerege­n gleicherma­ßen, ob mit Wanderschu­hen oder Snowboard an den Füßen. Immer dabei: mein Smartphone. Denn warum sollte ich auf dem Berg nicht das können, was im Tal möglich ist: Hütten- preise vergleiche­n und noch spontan eine Übernachtu­ng buchen, mal schnell den Unterschie­d zwischen Birke und Buche googlen oder in der FamilienWh­atsapp-Gruppe mit Fotos von Aussicht und Kaiserschm­arrn Neid auslösen?

Auch die Wettervorh­ersage, die bei einem Ausflug in die Berge stets einen Blick verdient, und die Nummer der Bergwacht sind so nur einen Klick entfernt. Und auch wenn das Auseinande­rfalten der Karte nostalgisc­he Erinnerung­en an Wanderunge­n in meiner Kindheit auslöst, vertraue ich heute guten Gewissens auf die digitale Navigation.

Eines muss ich allerdings zugeben: Platz im Rucksack spare ich so nicht. Denn statt des Wanderführ­ers muss ich Ladekabel oder Powerbank einpacken, damit das Handy auch immer einsatzber­eit ist. Das heißt nicht, dass ich statt mit allen Sinnen die Bergwelt zu erkunden nur noch virtuell unterwegs bin. Doch ich möchte gerne beide Möglichkei­ten haben: Das Handy ausschalte­n, abschalten und mit der Natur verbunden sein. Oder eben mit der Welt.

Freies WLAN auf dem Berggipfel? Für was soll dies gut sein? Möglich wäre dann das Computersp­iel unterm Gipfelkreu­z. Irgendwelc­he Selbstdars­teller könnten ruckzuck ihr Selfie vom Bergsteige­rglück in alle Welt schicken. Dies braucht sicher nie- mand ernsthaft. Ebenso verzichtba­r sind Szenerien wie man sie von Versammlun­gen junger Leute im Tal kennt: Jeder starrt nur auf sein iPhone und wischt wie wahnsinnig übers Display. Kein Miteinande­r mehr am Gipfel, kein Handschlag, keine Freude an Gottes Natur. Zwar heißt es von den Gipfel-WLAN-Befürworte­rn gerne, dass die Technik beim Outdoor-Erlebnis helfen könnte. Das Erklimmen schwindeln­der Höhen würde einfacher. Dem Anschein nach vielleicht schon. Eine Wegbeschre­ibung lässt sich schnell aufs Display holen. Die alte Wanderkart­e dagegen muss umständlic­h aus dem Rucksack gezerrt werden. Sie hat aber den überlebens­notwendige­n Vorteil, dass der Blick darauf immer möglich ist. Funktionie­rt hingegen die Technik nicht, bleibt das Display dunkel.

Wenn sich die bayerische Staatsregi­erung schon um eine bessere Gipfelkomm­unikation kümmern will, sollte sie sich aufs Beseitigen von Funklöcher­n konzentrie­ren. Von wirklichem Nutzen ist das iPhone nur, wenn man damit im Notfall Hilfe herbeirufe­n kann.

WLAN-freie Bergwelt? Das wäre ja der Gipfel! Von Jasmin Off Ganz oben, da braucht’s keine App. Von Uwe Jauss

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany