Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bitter
Die Klagen über den geplanten Austritt der Briten aus der Europäischen Union könnten ja kaum größer sein. Dabei fragen sich Kontinentaleuropäer schon immer, was Linksverkehr, gebackene Bohnen mit Würstchen zum Frühstück und Komasäufer am Ferienpool mit Europa zu tun haben. Überdies bietet der Brexit auch Chancen, das zeigt ein Vorstoß des SPD-Europaabgeordneten Jakob von Weizsäcker, wie die „Welt“berichtet. Dabei geht es um: Marmelade. Beziehungsweise: Konfitüre. Hintergrund ist ein diplomatischer Sieg der Briten aus dem Jahr 1979. Seither dürfen nach der EU-Verordnung 79/693/EWG „über Konfitüren, Gelees, Marmeladen und Maronenkrem für die menschliche Ernährung“nur Brotaufstriche Marmelade genannt werden, die mindestens 20 Prozent Zitrusfruchtanteil enthalten.
Den Erlass konnten die Briten durchsetzen, weil bei ihnen „Marmalade“nur die traditionelle Orangenmarmelade bezeichnet. Was blieb, ist ein bitterer (Orangen-) Geschmack, müssen deshalb in Deutschland verkaufte Brotaufstriche aus eingekochten Früchten mit wenigen Ausnahmen Konfitüre genannt werden. Noch. Denn von Weizsäcker sieht mit dem Brexit eine Chance, dass aus Erdbeer- und Pflaumenkonfitüre künftig wieder Marmelade wird, wie wir es seit Urgroßmutterszeiten kennen. Eine entsprechende Anfrage an die EU ist gestellt. Leider haben die Inselbewohner davon Wind bekommen. Zahlreiche Zeitungen schimpfen nun in derber Wortwahl auf Deutschland, weil es das „EU Marmalade Law“kippen wolle. Sind halt Pflaumen, die Briten. (dg)
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