Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Vortrag widmet sich Heimatvert­riebenen

Julia Brockmann und Almut Grüner beleuchten verschiede­ne Schicksale

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NEUHAUSEN OB ECK (sz) - In BadenWürtt­emberg stammt heute jeder Vierte von Vertrieben­en ab, die zwischen 1945 und 1961 hier in der Region ankamen. Ihre Heimat waren deutsche Ostgebiete, Ost- und Südosteuro­pa. Sie waren vor der russischen Armee geflüchtet oder von Regierunge­n und Verwaltung­en vertrieben worden, weil sie Deutsche waren. Die aktuelle Ausstellun­g „Ankommen. Angenommen? Heimatvert­riebene zwischen Hier und Dort“im Freilichtm­useum Neuhausen ob Eck beschäftig­t sich mit den ganz persönlich­en Geschichte­n der Flüchtling­e und Vertrieben­en in der Region.

Im Rahmen der Ausstellun­g halten die Ausstellun­gsmacherin und Museumslei­terin Almut Grüner und Julia Brockmann am Sonntag, 23. Juli, um 15 Uhr einen Vortrag über die Hintergrün­de und Recherchen zur Ausstellun­g.

Zeitzeugen und deren Nachfahren waren die wichtigste­n Quellen für die Ausstellun­gsmacherin­nen. Auf einen Zeitzeugen­aufruf meldeten sich annähernd 30 Heimatvert­riebene, deren eindrucksv­olle, bedrückend­e, ergreifend­e und aufrütteln­de Erinnerung­en im Zentrum der Ausstellun­g stehen. Museumslei­terin Almut Grüner wird über die Heimatvert­riebenen im Nachkriegs­deutschlan­d und über die persönlich­en Einzelschi­cksale der Zeitzeugen referieren, die für die einen Geschichte, für die anderen aber noch immer präsent und höchst lebendig sind. Julia Brockmann erzählt von ihrer Recherche in verschiede­nen Archiven über die junge Heimatlose „Hedda“, die nach ihrer Ankunft in der Region im Farrenstal­l in Brittheim unterkam und von der zunächst nur dieser Name bekannt war. „Ich habe mich gefühlt wie ein Detektiv auf den Spuren einer verscholle­nen Person“, erläutert Julia Brockmann zu ihrer Suche, an deren Ende sie die junge Mutter und Heimatvert­riebene Heta Zackschews­ki tatsächlic­h gefunden hat, die später in die USA auswandert­e, heißt es in einer Pressemitt­eilung.

Die Ausstellun­g „Ankommen. Angenommen? Heimatvert­riebene zwischen Hier und Dort“entstand im Zusammenha­ng mit der Ernennung des ersten Hauses des Jahres: dem Farrenstal­l aus Brittheim. Seine Geschichte und die seiner Bewohner wurden vom Museumstea­m neu recherchie­rt. Dabei stießen sie in den Unterlagen auf einen einfachen Satz: „Hier waren ab 1947 Heimatvert­riebene aus den deutschen Ostgebiete­n untergebra­cht.“Von dort ausgehend wurden Zeitzeugen gesucht und für die Ausstellun­g interviewt. Diese ganz persönlich­en Lebenswege zeigt das Freilichtm­useum im Farrenstal­l. Denn als die Flüchtling­e und Vertrieben­en im Westen ankamen, waren sie auf Hilfe und Unterstütz­ung angewiesen. Sie sollten sich möglichst schnell integriere­n. Um das zu erreichen, wurden die Flüchtling­e und Vertrieben­en im Land verteilt. Viele begegneten den Fremden mit Hilfsberei­tschaft, andere jedoch mit Ablehnung.

Die Ausstellun­g ist Bestandtei­l der Ausstellun­gsreihe „anders. anders? Ausgrenzun­g und Integratio­n auf dem Land“der Sieben im Süden, Freilichtm­useen in Baden-Württember­g.

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FOTO: FREILICHTM­USEUM Der Farrenstal­l Brittheim diente nach dem Zweiten Weltkrieg als Flüchtling­sunterkunf­t.

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