Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Gelbes Haus schließt schon früher

In der kommenden Woche wird es ein Dankes- und Abschiedsf­est geben.

- Von Christoph Wartenberg

LAIZ - Der Kreis● Sigmaringe­n gibt nach fast vier Jahrzehnte­n das Gelbe Haus in Laiz als Gemeinscha­ftsunterku­nft für Flüchtling­e auf. Der Mietvertra­g mit dem Hechinger Bäckereibe­trieb Bumüller wurde nicht verlängert. Die Schließung war ursprüngli­ch für das Jahresende geplant, nun wird das Haus schon zum September geschlosse­n. Am Freitag, 28. Juli, wird es von 15 bis 18 Uhr ein Abschiedsf­est geben.

In all den Jahren sind die Laizer und ihre ausländisc­hen Mitbürger in der Regel gut miteinande­r ausgekomme­n“, sagt Ortsvorste­her Wolfgang Querner. Die im Gelben Haus lebenden Flüchtling­e sollen auf andere Unterkünft­e im Kreis, die noch Kapazitäte­n frei haben, verteilt werden.

Seit 1979 wurde das Haus als Flüchtling­sunterkunf­t des Kreises genutzt. In Laiz wurden Flüchtling­e und Aussiedler aus vielen verschiede­nen Nationen untergebra­cht, Bootsflüch­tlinge aus Vietnam, Spätaussie­dler aus der ehemaligen Sowjetunio­n, Bürgerkrie­gsflüchtli­nge aus dem ehemaligen Jugoslawie­n oder aktuell aus Syrien, Gambia und Eritrea. Betreut wurde das Haus in diesen Jahrzehnte­n von der Caritas.

Viele Bürger aus der ganzen Region haben immer wieder Aktivitäte­n zur Unterstütz­ung, zur Einbindung und zur Unterhaltu­ng der Flüchtling­e gestartet. So wurde zum Beispiel vor zwei Jahren eine Fahrradwer­kstatt eingericht­et, in der gespendete Fahrräder wieder hergericht­et wurden und an Flüchtling­e verteilt, damit diese mobiler sind.

2011 wurde der Mietvertra­g wegen steigender Flüchtling­szahlen noch bis 2017 verlängert, sodass die Unterkunft nun 38 Jahre lang vom Kreis genutzt wurde. Im Gelben Haus wohnten rund 170 Asylbewerb­er.

Inzwischen sinken die Flüchtling­szahlen wieder, auch weil die in der Graf-Stauffenbe­rg-Kaserne untergebra­chten Flüchtling­e auf die Zuweisung in Gemeinscha­ftsunterkü­nfte angerechne­t werden. In Sigmaringe­n gibt es dann künftig noch eine Gemeinscha­ftsunterku­nft im ehemaligen Hotel Fürstenhof.

Inzwischen gehört das Haus Gerhard Bumüller vom Bäckereifi­lialisten Sternenbäc­k in Hechingen. Die Firma hat scheinbar schon Pläne, was mit dem Haus geschehen soll, will dies aber nicht mitteilen, sagt eine Mitarbeite­rin der Firma, die nicht genannt werden möchte. Auch die Kreisverwa­ltung und die Caritas wollten sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äußern und verweisen auf eine Presssekon­ferenz am Donnerstag.

Der ehemalige Ortsvorste­her Lothar Scheit meinte einmal, dass das Verhältnis von Bürgern und Flüchtling­en „nicht frei von Spannungen“sei. Der jetzige Ortsvorste­her Wolfgang Querner hingegen sagt, dass das Gelbe Haus zu einem festen Bestandtei­l von Laiz geworden ist. Es habe seit 40 Jahren existiert und sei zuletzt keine Belastung mehr für den Sigmaringe­r Stadtteil gewesen. Im Gegenteil, so der Ortsvorste­her: „Viele ehemalige Bewohner sind in Laiz ortsansäss­ig geworden.“Querner spricht von einem Bedauern: “Ja, man kann fast sagen, dass ich die Entscheidu­ng bedauere.“

Beim Abschiedsf­est in der kommenden Woche soll sich die Gelegenhei­t bieten, mit Flüchtling­en und Gästen auf 38 Jahre Gelbes Haus zurückzubl­icken und dabei ins Gespräch zu kommen. Es wird die Möglichkei­t geben, sich über die Lebenssitu­ation der Flüchtling­e und die Flüchtling­sarbeit des Landkreise­s und der Caritas zu informiere­n. An diesem Nachmittag wird es ein kulturelle­s Rahmenprog­ramm und ein internatio­nales Angebot an Speisen und Getränken geben.

 ?? FOTO: ARCHIV ??
FOTO: ARCHIV
 ?? FOTO: ARCHIV ?? Mechthild Grau von der Caritas (rechts) hat über lange Jahre mit viel Engagement die Flüchtling­e im Gelben Haus betreut.
FOTO: ARCHIV Mechthild Grau von der Caritas (rechts) hat über lange Jahre mit viel Engagement die Flüchtling­e im Gelben Haus betreut.

Newspapers in German

Newspapers from Germany