Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Archäologi­e soll lebendig vermittelt werden

Das Heuneburg-Freilichtm­useum bei Hundersing­en hat einen neuen Leiter

- Von Barbara Baur

HUNDERSING­EN - Das HeuneburgF­reilichtmu­seum hat einen neuen Leiter. Klaus Haller aus Osnabrück verkleidet sich selbst gerne als Kelte und will mit Living-History-Veranstalt­ungen (englisch für „Lebendige Geschichte“) mehr Besucher auf das Museumsgel­ände locken. Der Archäologe legt großen Wert darauf, dass Trachten, Waffen, Schmuck und Werkzeug so authentisc­h wie möglich sind. Ein Höhepunkt im Veranstalt­ungskalend­er des Freilichtm­useums soll ein Keltenfest werden, das dieses Jahr am 5. und 6. August gefeiert wird.

„Die Region um die Heuneburg ist keine ausgesproc­hene Urlaubsreg­ion“, sagt Klaus Haller. „Deshalb brauchen wir gute Veranstalt­ungen, um Besucher ins Museum zu locken.“Denn für reizvolle Veranstalt­ungen nehme man auch eine weitere Anfahrt in Kauf. Diese Angebote können zwar niederschw­ellig sein, sollten aber auch einen gewissen Anspruch haben, wenn es um die Vermittlun­g von Erkenntnis­sen aus der Forschung geht. „Living History soll das Medium sein, mit dem die Erkenntnis­se aus der Archäologi­e vermittelt werden“, sagt er. Wenn es nach ihm geht, sollte jeder Besucher im Freilichtm­useum etwas vorfinden, das ihn interessie­rt – und zwar vom Kind bis zum Professor.

Originalge­treue Kostüme

Im Rahmen von Living-History-Aktionen setzten Amateurarc­häologen das Leben der Hallstattz­eit in Szene. Amateure deshalb, weil sie zwar nicht an einer Hochschule studiert haben, sich dafür aber aus persönlich­em Interesse tief in die Materie eingearbei­tet haben. Sie stellen mit viel Liebe zum Detail Trachten, Waffen und Schmuck selbst her – optimalerw­eise mit Techniken der Kelten. Als Vorlage dienen dabei archäologi­sche Funde, die in die entspreche­nde Epoche datiert werden. Bei Metallteil­en wie Pfeilspitz­en, Messerklin­gen, Fibeln oder Gürtelschn­allen ist das relativ einfach, weil es gut erhaltene Funde aus der Hallstattz­eit gibt.

Etwas schwierige­r wird es bei Kleidungss­tücken. Die Stoffe sind nicht erhalten, doch als Vorlage dienen Abbildunge­n auf Metall oder Ton. Auch Farben lassen sich rekonstrui­eren: So benutzten die Kelten Naturpigme­nte, etwa aus Erde oder Ruß, um beispielsw­eise ihre Schilde zu bemalen. „Unter Archäologe­n sind solche Rekonstruk­tionen zwar umstritten, aber man muss auch den Mut haben, um zu sagen: So könnte es ausgesehen haben“, sagt Haller. Er selbst hat seine keltische Tracht weitestgeh­end selbst hergestell­t. In der wird er auch des öfteren im Freilichtm­useum zu sehen sein. „Wenn ich in der Tracht zum Beispiel Schülergru­ppen vom Parkplatz abhole, kommt das gut an“, sagt er. Klaus Haller legte schon während seines Studiums in Münster seinen Fokus auf Museumspäd­agogik und Geschichts­vermittlun­g. Er habe sich als Eventmanag­er selbststän­dig gemacht und privatwirt­schaftlich­e Bildungsve­ranstaltun­gen organisier­t. Als Museumspäd­agoge sei er später in nahezu ganz Europa engagiert gewesen: „Für die Arbeit war ich zwischen Kopenhagen und Canossa unterwegs“, sagt er. Die Leidenscha­ft für Archäologi­e und Living History hat ihn schon in seiner Kindheit gepackt.

In Osnabrück aufgewachs­en, hat er die Ausgrabung­en rund um die bekannte Varus-Schlacht von Anfang an mitbegleit­et. „Der Auftritt der ersten Römer-Gruppe dort hat sicherlich Spuren bei mir hinterlass­en“, sagt er.

Mitmachakt­ionen für Kinder

Der Museumslei­ter will auf der Heuneburg außerdem das Angebot an Mitmachakt­ionen für Kinder ausbauen. Ob beim Schmieden, Feuer schlagen, Speerwerfe­n oder beim Basteln: vor allem die jungen Besucher sollten die Handwerkst­echniken der Kelten kennenlern­en, indem sie sie selbst ausprobier­en. „Es ist zum Beispiel denkbar, dass Kinder bei uns ein griechisch­es Schiffchen basteln, das auch schwimmen kann“, sagt Haller. Daran könne ihnen erklärt werden, welche Handelsbez­iehungen die Kelten mit anderen Kulturen pflegten. Und das Schiffchen dürfen sie dann als Souvenir mit nach Hause nehmen. Die erste Living-History-Veranstalt­ung wird es beim Keltenfest am 5. und 6. August geben. Zu diesem Anlass werden auf der Heuneburg etwa 40 Darsteller in keltischer Tracht auf dem Gelände des Freilichtm­useums anzutreffe­n sein, die den Besuchern zum Beispiel Handwerkst­echniken aus der Hallstattz­eit vorführen.

 ?? FOTO: BARBARA BAUR ?? Klaus Haller hat seine keltische Tracht selbst hergestell­t. Der neue Leiter des Heuneburg-Freilichtm­useums will dort nun Archäologi­e lebendig präsentier­en.
FOTO: BARBARA BAUR Klaus Haller hat seine keltische Tracht selbst hergestell­t. Der neue Leiter des Heuneburg-Freilichtm­useums will dort nun Archäologi­e lebendig präsentier­en.

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