Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Der „Deutsche Kaiser“schließt 2018
Wirte verabschieden sich aus der Gastronomie – Restaurant verpachten wollen sie nicht
PFULLENDORF - Aus Altersgründen schließt das Wirte-Ehepaar Sonja und Paul Woerz zum 1. Juni 2018 die Pfullendorfer Traditions-Gaststätte „Deutscher Kaiser“. Bei einem Pressegespräch am Dienstag teilten der 59-Jährige und seine 53-jährige Ehefrau mit, dass sie eine anschließende Verpachtung des Gebäudes als Gastronomie ausschließen. Ein Verkauf komme für sie nur bei einem „absoluten Top-Angebot“in Frage. Die zehn Mitarbeiter wollen dem WirtePaar bis zum letzten Arbeitstag die Treue halten, Sonja und Paul Woerz wollen sich Stellen außerhalb der Gastronomie suchen.
Paul Woerz’ Großvater hatte das Gebäude am Marktplatz 1919 gekauft. 65 Jahre später sollte sein Enkel den Betrieb übernehmen. Im kommenden Jahr soll die Familientradition allerdings zu Ende gehen. „Ich werde dann 60 und keines unserer Kinder tritt die Nachfolge an“, sagt Paul Woerz. Tochter Christina und Sohn Paul seien mit ihren Jobs beim Landmaschinenkonzern Claas in Bad Saulgau beziehungsweise der Volksbank Pfullendorf zufrieden. „Und das ist auch gut so“, sagt ihr Vater. Doch jemand anderem als seinen eigenen Kindern möchte er den Traditionsbetrieb lieber nicht überlassen. Zu schwer sei es, einen geeigneten Nachfolger zu finden.
Erst einmal wollen Sonja und Paul Woerz in ihrer Wohnung über der Gastronomie bleiben. Sie können sich vorstellen, das Erdgeschoss als Ladenfläche oder für Büroräume zur Verfügung zu stellen. Den Gastronomiebetrieb mit einem angestellten Koch fortzuführen, kommt für das Ehepaar ebenfalls nicht in Frage. „Für einen Betrieb unserer Größenordnung wäre das keine wirtschaftliche Lösung“, sagt Paul Woerz. „Man muss so viel wie möglich selbst machen.“Zudem sei es den Restaurantbesuchern wichtig, dass die Wirtsleute auch präsent sind.
Die zehn Mitarbeiter hätten die Entscheidung verständnisvoll aufgenommen, berichtet das Wirte-Paar. „Beim Personalgespräch am Montagabend haben uns die Leute in den Arm genommen und uns versprochen, dass sie uns bis zum Schluss die Treue halten“, sagt Paul Woerz. Nach der Schließung des „Deutschen Kaisers“werden sich die Mitarbeiter, bei denen es sich überwiegend um Frauen handelt, eine neue Beschäftigung suchen. Sie waren dann zum Teil seit mehr als 20 Jahren für das Ehepaar Woerz im Einsatz. „Besseres Personal kann man sich gar nicht wünschen“, sagt er. Das Team fühle sich an wie eine
Familie.
Sonja und Paul Woerz betonen, dass die Entscheidung zur Schließung nicht aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus gefallen ist. „Wenn es danach ginge, müssten wir noch 20 Jahre weitermachen“, sagt der 59Jährige – und verweist auf treue Gäste, Vereine und Unternehmen. Auch dass im ehemaligen Bahnhofsgebäude eine Hausbrauerei eröffnen wird, sieht er gelassen. Die Pfullendorfer Gastronomen verstünden sich untereinander ohnehin gut. „Man soll eben aufhören, wenn es am schönsten ist“, sagt Paul Woerz. So ganz aufhören wollen der 59-Jährige und seine Frau allerdings nur mit der Gastronomie. Beide möchten eine Stelle in einer anderen Branche antreten. „Um in Rente zu gehen, arbeiten wir viel zu gerne“, sagt Paul Woerz. Mehr verraten will er zurzeit aber noch nicht. Nur so viel: „Ich werde nicht mehr in der Küche stehen.“Neben einer neuen Herausforderung freuen sich Sonja und Paul Woerz vor allem auf mehr Zeit für Familie und Freunde. Unterm Strich sei die Schließung des Restaurants sorgfältig durchdacht und vorbereitet. Die lange Vorlaufzeit von knapp einem Jahr begründet das Ehepaar unter anderem mit der rechtzeitigen Information seiner Mitarbeiter. Den Vereinen, die im „Deutschen Kaiser“seit Jahrzehnten eine Heimat gefunden haben, bleibe nun genug Zeit, sich neu auszurichten. „Außerdem möchten wir keine Reservierungen nach der Schließung stornieren müssen“, sagt Paul Woerz. „Wir wollen einen schönen Abschluss mit unseren Gästen.“Wie dieser genau aussehen soll, wollen sich er und seine Frau Sonja noch überlegen.
„Besseres Personal kann man sich gar nicht wünschen“, sagt Paul Woerz.