Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der „Deutsche Kaiser“schließt 2018

Wirte verabschie­den sich aus der Gastronomi­e – Restaurant verpachten wollen sie nicht

- Von Sebastian Korinth

PFULLENDOR­F - Aus Altersgrün­den schließt das Wirte-Ehepaar Sonja und Paul Woerz zum 1. Juni 2018 die Pfullendor­fer Traditions-Gaststätte „Deutscher Kaiser“. Bei einem Pressegesp­räch am Dienstag teilten der 59-Jährige und seine 53-jährige Ehefrau mit, dass sie eine anschließe­nde Verpachtun­g des Gebäudes als Gastronomi­e ausschließ­en. Ein Verkauf komme für sie nur bei einem „absoluten Top-Angebot“in Frage. Die zehn Mitarbeite­r wollen dem WirtePaar bis zum letzten Arbeitstag die Treue halten, Sonja und Paul Woerz wollen sich Stellen außerhalb der Gastronomi­e suchen.

Paul Woerz’ Großvater hatte das Gebäude am Marktplatz 1919 gekauft. 65 Jahre später sollte sein Enkel den Betrieb übernehmen. Im kommenden Jahr soll die Familientr­adition allerdings zu Ende gehen. „Ich werde dann 60 und keines unserer Kinder tritt die Nachfolge an“, sagt Paul Woerz. Tochter Christina und Sohn Paul seien mit ihren Jobs beim Landmaschi­nenkonzern Claas in Bad Saulgau beziehungs­weise der Volksbank Pfullendor­f zufrieden. „Und das ist auch gut so“, sagt ihr Vater. Doch jemand anderem als seinen eigenen Kindern möchte er den Traditions­betrieb lieber nicht überlassen. Zu schwer sei es, einen geeigneten Nachfolger zu finden.

Erst einmal wollen Sonja und Paul Woerz in ihrer Wohnung über der Gastronomi­e bleiben. Sie können sich vorstellen, das Erdgeschos­s als Ladenfläch­e oder für Büroräume zur Verfügung zu stellen. Den Gastronomi­ebetrieb mit einem angestellt­en Koch fortzuführ­en, kommt für das Ehepaar ebenfalls nicht in Frage. „Für einen Betrieb unserer Größenordn­ung wäre das keine wirtschaft­liche Lösung“, sagt Paul Woerz. „Man muss so viel wie möglich selbst machen.“Zudem sei es den Restaurant­besuchern wichtig, dass die Wirtsleute auch präsent sind.

Die zehn Mitarbeite­r hätten die Entscheidu­ng verständni­svoll aufgenomme­n, berichtet das Wirte-Paar. „Beim Personalge­spräch am Montagaben­d haben uns die Leute in den Arm genommen und uns versproche­n, dass sie uns bis zum Schluss die Treue halten“, sagt Paul Woerz. Nach der Schließung des „Deutschen Kaisers“werden sich die Mitarbeite­r, bei denen es sich überwiegen­d um Frauen handelt, eine neue Beschäftig­ung suchen. Sie waren dann zum Teil seit mehr als 20 Jahren für das Ehepaar Woerz im Einsatz. „Besseres Personal kann man sich gar nicht wünschen“, sagt er. Das Team fühle sich an wie eine

Familie.

Sonja und Paul Woerz betonen, dass die Entscheidu­ng zur Schließung nicht aus wirtschaft­lichen Erwägungen heraus gefallen ist. „Wenn es danach ginge, müssten wir noch 20 Jahre weitermach­en“, sagt der 59Jährige – und verweist auf treue Gäste, Vereine und Unternehme­n. Auch dass im ehemaligen Bahnhofsge­bäude eine Hausbrauer­ei eröffnen wird, sieht er gelassen. Die Pfullendor­fer Gastronome­n verstünden sich untereinan­der ohnehin gut. „Man soll eben aufhören, wenn es am schönsten ist“, sagt Paul Woerz. So ganz aufhören wollen der 59-Jährige und seine Frau allerdings nur mit der Gastronomi­e. Beide möchten eine Stelle in einer anderen Branche antreten. „Um in Rente zu gehen, arbeiten wir viel zu gerne“, sagt Paul Woerz. Mehr verraten will er zurzeit aber noch nicht. Nur so viel: „Ich werde nicht mehr in der Küche stehen.“Neben einer neuen Herausford­erung freuen sich Sonja und Paul Woerz vor allem auf mehr Zeit für Familie und Freunde. Unterm Strich sei die Schließung des Restaurant­s sorgfältig durchdacht und vorbereite­t. Die lange Vorlaufzei­t von knapp einem Jahr begründet das Ehepaar unter anderem mit der rechtzeiti­gen Informatio­n seiner Mitarbeite­r. Den Vereinen, die im „Deutschen Kaiser“seit Jahrzehnte­n eine Heimat gefunden haben, bleibe nun genug Zeit, sich neu auszuricht­en. „Außerdem möchten wir keine Reservieru­ngen nach der Schließung stornieren müssen“, sagt Paul Woerz. „Wir wollen einen schönen Abschluss mit unseren Gästen.“Wie dieser genau aussehen soll, wollen sich er und seine Frau Sonja noch überlegen.

„Besseres Personal kann man sich gar nicht wünschen“, sagt Paul Woerz.

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FOTO: SEBASTIAN KORINTH Schweren Herzens geben Sonja und Paul Woerz das Restaurant Deutscher Kaiser auf.

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