Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Cushing ist die Krankheit der alten Pferde

Die Symptome der unheilbare­n Hormonstör­ung können behandelt werden – Medikament­e sind allerdings teuer

- Von Sabine Maurer

FRANKFURT/MAIN (dpa) - Es ist vier Jahre her, als Sonja Brenner Veränderun­gen an ihrer braunen Stute Can Can auffielen. Schon im Winter hatte das Tier ungewöhnli­ch langes Fell bekommen, im Frühjahr folgten Probleme beim Haarwechse­l. Anstatt wie gewohnt bald im kurzen Sommerfell zu glänzen, sah das damals 22-jährige Tier struppig aus. „Der Tierarzt hat einen Bluttest gemacht, das Ergebnis war eindeutig“, erzählt die Pferdebesi­tzerin. Can Can hat Cushing, eine unheilbare Hormonstör­ung, die vor allem ältere Pferde trifft. Studien gehen davon aus, dass etwa jedes fünfte Tier im Alter ab 15 Jahren davon betroffen ist.

„Sie wird immer häufiger diagnostiz­iert, weil es mehr alte Pferde gibt und die Symptome heute eindeutig zugeordnet werden“, sagt der Tierarzt Professor Karsten Feige von der Tierärztli­chen Hochschule Hannover. Ursache ist eine Erkrankung der Hirnanhang­drüse. Die Krankheit entwickelt sich schleichen­d. Die Symptome sind so unspezifis­ch, dass sie im Frühstadiu­m nur schwer zu erkennen sind. „Besitzer sollten hellhörig werden, wenn es wiederholt zu Krankheite­n kommt, die auf eine Störung des Immunsyste­ms hinweisen“, sagt die Tierärztin und Buchautori­n Heike Bussang.

Cushing-Patienten sind nicht nur besonders anfällig für Infektione­n. Typisch sind die ungewöhnli­ch dicht wachsenden, langen und manchmal sogar gelockten Haare. Die Pferde haben Probleme mit dem Haarwechse­l, der verspätet einsetzt und länger dauert. Hierdurch kann es auch zu Hautproble­men kommen. Schwitzen die Tiere zu arg, sollten sie im Frühjahr oder Sommer geschoren werden.

Außerdem können erkrankte Pferde abmagern und Muskulatur verlieren, es bilden sich ein Senkrücken und ein Hängebauch. Zu den häufigen Symptomen zählen auch Leistungsa­bbau, vermehrtes Schwitzen und ein enorm gestiegene­r Durst. Im Laufe der Erkrankung zeigen sich die Symptome immer deutlicher.

Folgekrank­heiten möglich

Einige Folgeersch­einungen können gefährlich werden. So neigen betroffene Tiere zu Zahnerkran­kungen und vor allem zur Hufrehe, einer sehr schmerzhaf­ten und häufig wiederkehr­enden Entzündung im Huf. Dadurch kann sich der Huf so verändern, dass das Tier eingeschlä­fert werden muss.

Heilbar ist Cushing nicht. Aber die Krankheit kann meist gut medikament­ös behandelt werden. „Damit können sich ein Teil oder sogar alle Symptome zurückbild­en“, sagt Bussang. Die Pferde können oft weiter normal geritten werden. Das Medikament drosselt die Überproduk­tion der Hormone und ersetzt das bei erkrankten Pferden fehlende Dopamin.

Für die Pferdebesi­tzer ist die Behandlung jedoch eine recht kostspieli­ge Angelegenh­eit. Denn die Pferde brauchen lebenslang Medikament­e, eine Tablette kostet normalerwe­ise knapp zwei Euro. Das Pferd von Brenner bekommt inzwischen eineinhalb Tabletten pro Tag, jeden Monat hat sie Zusatzkost­en von 90 Euro.

Doch bei Can Can hat die Behandlung gut angeschlag­en. Das Fell wurde wieder besser und das HufreheRis­iko ging zurück. „Derzeit lasse ich die Blutwerte einmal im Jahr kontrollie­ren“, berichtet die Halterin. Dies ist auch nach Meinung von Professor Feige ausreichen­d. „Es kommt natürlich immer darauf an, wie das Pferd aussieht. Etwa ein- bis zweimal im Jahr ist eine Kontrolle ratsam.“Anhand der Blutwerte wird entschiede­n, ob es bei der aktuellen Dosis bleibt oder diese erhöht werden sollte. Allerdings sind auch Nebenwirku­ngen möglich, dazu gehören Durchfall und Koliken.

Heike Bussang ergänzt, dass es auch allerlei Kräuter gibt, die dem Tier das Leben leichter machen können – dazu gehört Mönchspfef­fer. Auch zur Vorbeugung gegen den Muskelabba­u gibt es spezielle Futtermitt­el. Generell sollten betroffene Pferde viel gutes Heu erhalten, sinnvoll sind auch Rübenschni­tzel und Rapsöl. Nicht ratsam sind dagegen Getreide und Obst. Auch zum Beginn der Weidesaiso­n ist Vorsicht geboten: Das frische Gras ist sehr eiweißreic­h und kann für die CushingPfe­rde daher gefährlich werden.

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FOTOS (2): DPA Typisch für an Cushing erkrankte Pferde ist das lange Fell.
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Seitdem Can Can Medikament­e bekommt, geht es ihr besser.

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