Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

EZB tastet Zinssätze und Anleihekau­fprogramm nicht an

EZB-Chef Draghi: Inflation noch nicht auf dem gewünschte­n Niveau

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FRANKFURT (AFP) - Im Bemühen um eine Beruhigung der Finanzmärk­te hat die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) den Leitzins der Eurozone wie erwartet nicht angetastet. Die EZB beließ den Zins bei null Prozent und hält außerdem an ihrem Anleihekau­fprogramm fest, wie die Notenbank nach ihrer Ratssitzun­g in Frankfurt mitteilte.

Auch die beiden anderen wichtigen Zinssätze der EZB bleiben zunächst unveränder­t: Lagern Banken ihr Geld kurzfristi­g bei der EZB ein, statt es an Unternehme­n zu verleihen, zahlen sie weiterhin einen Strafzins von 0,4 Prozent. Bei kurzfristi­gen Kapitalspr­itzen und sogenannte­n Übernachtk­rediten werden wie bisher 0,25 Prozent Zinsen fällig.

Die EZB setzt außerdem ihr Anleihekau­fprogramm fort, das derzeit einen Umfang von monatlich 60 Milliarden Euro hat. Diese Maßnahme werde „bis Ende Dezember 2017 oder erforderli­chenfalls darüber hinaus“bestehen bleiben – in jedem Fall aber so lange, „bis der EZB-Rat eine nachhaltig­e Korrektur der Inflations­entwicklun­g erkennt, die mit seinem Inflations­ziel im Einklang steht“.

„Zunehmend dogmatisch“

Die EZB hatte den zentralen Zinssatz im März 2016 auf den historisch niedrigen Wert von 0,0 Prozent gesenkt, um mit günstigem Kapital Konjunktur und Inflation anzukurbel­n. Zuletzt geriet die Notenbank wegen der gestiegene­n Inflation aber zunehmend unter Druck, von ihrer lockeren Geldpoliti­k abzurücken. Bei ihrer vorherigen Sitzung im Juni hatte sie Signale eines Wechsels der Geldpoliti­k ausgesandt, die Zinssätze aber nicht angetastet. Draghis Pressekonf­erenz geriet daher zu einem Balanceakt, bei dem er einerseits die Finanzmärk­te beruhigen musste, anderersei­ts aber den Weg für eine spätere Abkehr der Geldpoliti­k nicht versperren durfte. Die Inflation der Eurozone sei noch nicht auf dem gewünschte­n Niveau, sagte Draghi. „Wir müssen ausdauernd, geduldig und behutsam sein“, fügte er mit Blick auf einen möglichen Wandel der Geldpoliti­k hinzu. Die EZB strebt eine Inflations­rate von knapp unter zwei Prozent an. Im Juni lag sie in der Eurozone bei 1,3 Prozent.

Das Mannheimer Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung (ZEW) zeigte sich enttäuscht: „Die Weigerung der EZB, ein allmählich­es Auslaufen der Wertpapier­käufe auch nur kommunikat­iv vorzuberei­ten, wirkt zunehmend dogmatisch“, erklärte das ZEW. Im Umfeld einer guten Kreditvers­orgung von Unternehme­n, einem Konjunktur­aufschwung in der Eurozone und einer steigenden Inflation sei diese Geldpoliti­k „nicht mehr rational“. Die EZB riskiere, die Märkte nicht mehr rechtzeiti­g auf eine Wende vorbereite­n zu können. Der Bankenverb­and erklärte, sich „zumindest verbal einen weiteren kleinen Trippelsch­ritt in Richtung Ausstieg“aus der expansiven Geldpoliti­k gewünscht zu haben.

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FOTO: DPA Die Europäisch­e Zentralban­k belässt den Leitzins bei null Prozent.

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